Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In Ihrem Fall sind zwei gesetzliche Regelungskreise getrennt zu betrachten: Der zivilrechtliche und der geldwäscherechtliche Part.
Zivilrechtlich kommt es (nur) auf die Erteilung der Vollmacht und den dieser zugrunde liegenden Auftrag an. Im Zweifel kann der Vertragspartner darauf bestehen, die Vollmacht inhaltlich zu prüfen, insbesondere die Unterschrift des Vollmachtsgebers zu verifizieren. Hierzu ist ein vorläufiger Ausweis auch dann ein probates Mittel, wenn er abgelaufen ist. Zivilrechtlich ist die Bank 2 somit verpflichtet, die Vollmacht anzuerkennen.
Geldwäscherechtlich hat die Bank nach § 10 GwG
bei Vornahme von Buchungen die Identität des Vertragspartners festzustellen. Hier sind die Vertragspartner Sie und Ihre Schwester, da Sie nach § 1922 BGB
an die Stelle des Erblassers getreten sind. Die Identifizierung wiederum hat nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG
anhand eines _gültigen_ Lichtbildausweises zu erfolgen. Diese Prüfung kann Bank 2 nicht vornehmen, so dass an sich die Vornahme der Buchung (= Auszahlung) verweigert werden kann.
Allerdings dürfte hier die Ausnahmevorschrift des § 14 GwG
anwendbar sein. Hiernach kann dann, wenn ein geringeres potentielles Risiko einer Geldwäsche in Betracht kommt, die Identitätsprüfung auch anhand anderer, geeigneter Unterlagen geprüft werden. Hierzu dürften auch abgelaufene amtliche Lichtbildausweise zählen. Nachdem Ihre Schwester (wohl) innerhalb der EU unbekannt verzogen ist, halte ich hier ein solches geringeres Risiko i.S.d. § 14 i.V.m. Anlage 1 GwG für gegeben.
Ich empfehle daher, zunächst die Bank 2 zur Begründung ihrer Verweigerungshaltung aufzufordern. Sollte die Bank 2 diese Haltung wie vorstehend begründen, wäre sie auf § 14 GwG
hinzuweisen; dabei sollte darauf hingewiesen werden, dass die Bank 2 sich bei einer fortgesetzten Missachtung der Vollmacht schadensersatzpflichtig machen kann.
Sollte sich die Bank weiter weigern, rege ich an, ein entsprechendes Streitschlichtungsverfahren durchzuführen. Dieses dürfte einen gegenüber der Ermittlung des Aufenthalts Ihrer Schwester einfacherer und kostengünstigerer Weg sein. Sollte der Schlichter wider Erwarten für die Bank 2 entscheiden, wäre das weitere Vorgehen ggf. mit einem anwaltlichen Berater abzustimmen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist
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