Verwaltungsrecht/öffentl. Baurecht in NRW: Ablehnung eines Verlängerungsantrages

9. November 2019 12:01 |
Preis: 50,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

§ 71 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW 2018 enthält eine gesetzliche Rücknahmefiktion für unvollständige Bauanträge. Für die Nachforderung notwendiger Unterlagen etc. hat die Bauaufsichtsbehörde eine angemessene Frist zu setzen.

Wir führen derzeit eine Nutzungsänderung eines Gebäudes durch und haben einen entsprechenen Antrag über einen Architekten stellen lassen. Uns war klar, dass wir ein Brandschutzkonzept vorlegen müssen, hatten allerdings das Problem, dass es sehr lang gedauert hat einen dafür geeigneten Sachverständigen zu finden welcher es dann auch noch relativ schnell erstellen kann. Wir haben also angegeben Brandschutzkonzept wird nachgereicht und haben dieses explizit in Worten auch noch beantragt. Nach zwei Monaten als alle zu beteiligenden Behörden schon zugestimmt haben wird uns vom Bauamt eine Riesenliste zugesandt was wir noch alles und nun binnen vier Wochen "bringen" sollen. Nun auf einmal fordert man Gebäudeschnitte und etliche Zeichnungen und Pläne. Das war für den Architekten nicht zu schaffen und so haben wir auf sein Anraten eine ausreichende Verlängerung der Einreichefrist beantragt um zwei Monate um auch sicher zu sein, dass es dann auch ordentlich fertig ist.
Dieser Antrag wurde abgelehnt und uns mitgeteilt der Antrag gelte als zurückgezogen weil die neue Bauordnung NRW nun ein schnelles Bearbeiten vorschriebe und das ja so nun nicht erfüllt werden könne.
Wir halten eine solche Begründung für willkürlich, denn wo liegt das Problem den Antrag an welchem man zwei Monate nichts auszusetzen hatte ud auch andere behörden beteiligte als sei alles o.k. dann einfach beiseite zu legen und weiter zu bearbeiten wenn die angeforderten Unterlagen da sind, zumal genau das beantragt wurde.
Wie sollte man hier vorgehen und ist es sinnvoll die Verlängerung einzuklagen, denn das Verhalten
des Bauamtes halten wir für unmöglich und willkürlich.

9. November 2019 | 14:02

Antwort

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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ausgangspunkt der Fragestellung ist § 71 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Landesbauordnung 2018 (BauO NRW 2018). Dieser lautet:

Ist der Bauantrag unvollständig oder weist er sonstige erhebliche Mängel auf, fordert die Bauaufsichtsbehörde unter Nennung der Gründe die Bauherrschaft zur Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist auf. Werden die Mängel innerhalb der Frist nicht behoben, gilt der Antrag als zurückgenommen.

Nach den Handlungsempfehlungen des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage der Dienstbesprechungen mit den Bauaufsichtsbehörden im Oktober/November 2018 trägt die Vorschrift dem Grundgedanken der verstärkten Eigenverantwortung der Bauherrschaft Rechnung, denn die Bauaufsichtsbehörde soll sich nicht mit der Prüfung mangelhafter Bauanträge beschäftigen müssen und soll daher mit der Neuregelung von Arbeit entlastet werden.

Ein Bauantrag ist grundsätzlich vollständig, wenn er einschließlich der Bauvorlagen den formellen Anforderungen des § 70 Abs. 2 BauO NRW 2018 in Verbindung mit der BauPrüfVO entspricht. Er ist dann unvollständig, wenn er selbst die an ihn zu stellenden formellen und inhaltlichen Vorgaben nicht beachtet oder die mit ihm einzureichenden Bauvorlagen hinsichtlich Umfang und Anzahl nicht die Vorgaben der BauPrüfVO einhalten. Daneben können auch sonstige erhebliche Mängel dazu führen, dass die Bauaufsichtsbehörde Nachforderungen erhebt. Es sind dabei alle erheblichen Mängel konkret zu benennen, denn nur so wird der Bauherr in die Lage versetzt, die Berechtigung der Forderung zu prüfen und die Mängel zu beheben.

Die Rücknahmefiktion nach Ablauf der Frist gilt kraft Gesetzes – darauf sollte bereits in der Aufforderung zur Mängelbeseitigung bzw. Vervollständigung hingewiesen werden.

Die Frage ist, ob eine Frist von 4 Wochen in Ihrem Fall als eine angemessene anzusehen ist. Dazu sagen die Handlungsempfehlungen:

Die dem Antragsteller zu setzende angemessene Frist ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Bauherrschaft alle erforderlichen Unterlagen bereits zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem er einen Bauantrag stellt, damit sein Baugenehmigungsverfahren zügig abgeschlossen werden kann. Zum anderen ist zu berücksichtigen, welche Mängel vorliegen bzw. welche Unterlagen fehlen und ob die Frist auskömmlich zur Behebung der Mängel bzw. zur Vervollständigung des Bauantrags ist.

Bei der Nachforderung handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt (Gädtke/Wenzel, BauO NRW, 13. Auflage 2019, § 71, Rz. 68). Dagegen können Sie sich wehren, indem Sie fristgerecht Widerspruch einlegen mit dem Argument, dass die gesetzte Frist nicht angemessen ist. Sollte die Baraufsichtsbehörde weiter untätig bleiben, ist an eine Untätigkeitsklage zu denken mit dem Ziel, dass die Bauaufsichtsbehörde über den ihr vorgelegten Bauantrag entscheidet.

Dass die Bauaufsichtsbehörde sich selbst unnötig Zeit gelassen hat, würde an der Rechtfertigung einer Nachforderung nichts ändern – vorausgesetzt, die Frist zur Beibringung der nachgeforderten Unterlagen selbst ist angemessen.

Sollte die sogenannte Rücknahmefiktion zu Recht eingetreten sein, so bliebe es Ihnen nur noch zu prüfen, ob Ihr Entwurfsverfasser seine vertraglichen Pflichten verletzt hat. Für den unnützen Aufwand könnten dann Schadensersatzansprüche geltend gemacht und eventuell das Honorar gemindert werden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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