Briefgeheimnis und Beweisverwendungsverbot

| 8. November 2019 15:22 |
Preis: 100,00 € |

Strafrecht


Beantwortet von


16:47

Zusammenfassung

Welche rechtlichen Möglichkeiten hat ein Briefträger, wenn er vermutet, dass in Postsendungen illegale Betäubungsmittel verschickt werden?

Briefe mit verdächtigem Inhalt dürfen nur durch einen richterlichen Beschluss geöffnet werden. Eine eigenmächtige Öffnung durch Polizeibeamte wäre als Beweismittel nicht verwertbar. Bei Verdacht muss die Post die Sendung an die Ermittlungsbehörden weitergeben, die dann weitere Ermittlungen aufnehmen und ein Ermittlungsverfahren einleiten können. Anders als in den USA können in Deutschland auch Beweise verwertet werden, die aus späteren Ermittlungsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen stammen, auch wenn der ursprüngliche Anfangsverdacht durch eine unzulässige Brieföffnung entstanden ist.

Hallo zusammen.

Folgendes Szenario:

Person A bestellt auf seine eigene Privatadresse im Internet wiederholt Betäubungsmittel. Es sind Inlandssendungen, Einschreiben Einwurf. Person B ist in diesem Fall der Briefträger. Person B schöpft nach einer gewissen Zeit Verdacht, weil immer wieder die selben Umschläge eintrudeln und auch der Empfänger bereits an der Haustür steht und es nicht abwarten kann das der Umschlag eingeworfen wird.

Nach einer gewissen Zeit ist Person B sich sicher: in dem Umschlag sind entweder Betäubungsmittel, oder andere unerlaubte Gegenstände.

Welche Möglichkeiten hat Person B, um gesetzeskonform mit Hilfe der Polizei (nicht auf eigene faust!!) die illegalen Betäubungsmittelbestellungen von Person A auffliegen zu lassen ? Meine Frage (und somit hätte ich gerne auch die Antworten in diese Richtung gehend) bezieht sich konkret auf das geltende Briefgeheimnis und das Schlagwort 'Beweisvewertungsverbot'.

Nehmen wir folgendes Szenario an:

Briefträger entschließt sich die polizei zu informieren. Am Umschlag selbst sind keine Auffälligkeiten, wie beispielsweise Geruch, vernehmbar. es ist ein normaler Luftpolsterumschlag. Wenn die Beamten auf dem Revier den Umschlag öffnen, darf das hinterher überhaupt als Beweismittel vor Gericht gegen Person A verwendet werden, weil ja nur Richter den Brief öffnen dürfen. fand hier dann bereits schon eine verletzung des Briefgeheimnisses statt und besteht somit auch ein Beweisverwertungsbot?
Wie sieht es aus, wenn der Richter alles anordnet ? Unter welchen Umständen darf er das bei Inlandssendungen ?

Gibt es überhaupt ein Beweismittelverwertungsverbot in Kombination mit Verletzung des Briefgeheimnisses?

darf in so einem Fall der Polizeibeamte sich als Briefträger verkleiden, und falls ja, welchen Sinn genau hat das, und welche juristischen Ziele werden mit dieser Maßnahme verfolgt ? Wie realistisch ist der Einsatz einer solchen Maßnahme, und wäre dieser legal, wenn der Brief auf dem Revier von Beamten geöffnet wurde, ohne Rücksprache mit dem Richter? Darf diese Maßnahme anschließend als Beweismittel verwendet werden?

Im Grunde genommen war's das erstmal.
Ich habe den Einsatz bewusst etwas höher gestellt, da meine Frage sich nicht ergoogeln lässt und es auch irgendwie juristisches Neuland zu seinen scheint, zumindest was die Darstellung des Szenarios angeht. Bitte nur antworten, wenn man sich wirklich sicher ist, die Frage beantworten zu können, am besten wenn man schon Erfahrungen in dem Bereich hatte.
Wenn die Antwort gefällt, wird ggf. auch die Anspruchnahme des jeweiligen Anwalts überlegt.

Gruß

8. November 2019 | 16:26

Antwort

von


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53125 Bonn
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Daniel-Saeger-__l108235.html
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Sehr geehrter Fragesteller,

1) Nein, dies wäre unmittelbar nicht verwertbar. Der Brief darf nur durch richterlichen Beschluss geöffnet werden. Aber z.B. bei Hausdurchsuchungen gewonnene Beweise dürften verwertet werden ( in Deutschland gilt nicht die "fruit of the poisonous tree doctrine" ).

2) Ja, siehe oben.

3) Es wäre denkbar, um die Annahme des Briefes zu beweisen. Meines Erachtens kann man daraus aber nicht viel ableiten, außer die Umschläge des Versenders wären stets gleich gestaltet. Dann könnte man dem Abnehmer den Vorsatz sich in den Besitz der konkreten Drogen zu bringen eher nachweisen. Sicher ist dies aber nur bei umfangreichen Bestellungen noch verhältnismäßig - siehe § 110 a StPO .

Mit freundlichen Grüßen
RA Saeger


Rückfrage vom Fragesteller 8. November 2019 | 16:33

2) unter welchen Bedingungen darf der Richter die Öffnung des Briefes veranlassen bzw selber vornehmen, wenn gar kein Anfangsverdacht gegeben ist, wie im Beispiel erwähnt, kein Geruch oder dergleichen vorhanden ist.

Leider wurde ich aus der Antwort nicht ganz schlau, unter welchen Bedingungen die Bestellungen von Person A auffliegen könnten wenn der Briefträger einen Verdacht schöpft. Wann darf der Richter den Brief öffnen , wann nicht ? Speziell durch die höher Setzung des Einsatzes hab ich mir eigentlich eine detaillierte Antwort erhofft wie da seitens der Justiz vorgangen wird wenn dem Briefträger etwas auffällt als ein "ja, siehe oben".
Gerne würde ich auch eine gute Bewertung da lassen wenn diese Frage abschließend geklärt wird.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. November 2019 | 16:47

Sehr geehrter Fragensteller,

§ 99 StPO :

"1Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten Postsendungen und Telegramme, die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken. 2Ebenso ist eine Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen zulässig, bei denen aus vorliegenden Tatsachen zu schließen ist, daß sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind und daß ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung hat."

Wenn der Brief nach Marihuana riecht, Drogenhunde anschlagen. Wenn der Versender bekanntermaßen Drogen versendet. Wenn die Datensätze des Käufers online sichergestellt wurden bei Fahndungen.

Der regelmäßige Empfang von Briefen dürfte in der Regel nicht ausreichend sein. Der Empfang von Briefen ist erst einmal nichts, was den Verdacht der Strafbarkeit begründet und auch nichts, was Durchsuchungen rechtfertigt. Siehe aber 1). In der Praxis wird der Brief so oder so erst einmal geöffnet werden. Wenn dann Drogen gefunden werden ( auch bei rechtswidriger Öffnung ohne Verdacht ), gibt es eine Hausdurchsuchung. Wenn diese erfolgreich ist, hat man Pech, denn das Beweisverwertungsverbot infiziert in der Regel nicht die Durchsuchung.

Instruktiv ist der Fall

OLG Koblenz (1. Strafsenat), Beschluss vom 12.06.2017 - 1 OLG 4 Ss 173/15

.

MfG RA Saeger

Ergänzung vom Anwalt 8. November 2019 | 16:59

Oft läuft es auch so, dass die Polizei dem Postler Straffreiheit zusagt. Dann öffnet es einfach der und man kann es auch so verwerten. Denn eine "nicht staatliche Stelle" hat den Brief geöffnet.

Erst wenn man die "Provokation" der Verletzung des Briefgeheimnisses nachweisen könnte, wäre dann der Brief selbst nicht verwertbar.

Aber wiederum bliebe die Durchsuchung etc..

MfG RA Saeger

Bewertung des Fragestellers 8. November 2019 | 16:57

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Antwort ist relativ kurz, auf Nachfrage wurde aber doch noch alles verständlich und gut erklärt. Danke dafür und auch für die bennenung eines konkreten Falls in der Vergangenheit. Gruß

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