Zwang zum Grundstückskauf?

24. Oktober 2007 20:59 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Maik Elster

Wir haben vor 12 Jahren ein Grundstück gekauft und mittlerweile mit einem Wohngebäude (noch nicht bezogen) bebaut. Das Grundstück ist nur mit einer Seite an einer öffentlichen Straße gelegen. Der damalige Verkäufer hat sich nun an uns gewendet und will nun ein ca. 0,50 m breites Grundstück entlang unseres Grundstücks an uns verkaufen. Dieses befindet sich zwischen unserem Grundstück und der Straße. Lt. Grundbuch gehört ihm tatsächlich dieser allegemein zugängliche unbefestigte Streifen neben der Straße. Er ist der Meinung, das wir dieses Grundstück nun noch kaufen müssen um überhaupt einen Zugang zu unserem Grundstück zu haben.
Sind wir tatsächlich gezwungen dieses Grundstück zu besitzen um ungehindert auf unser Grundstück zu gelangen?

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

unter Bezugnahme auf Ihre Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Frage nunmehr zusammenfassend wie folgt beantworten:

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Sie nicht gezwungen werden können, das betreffende Grundstück zu erwerben, um auf Ihr Grundstück zu gelangen.

Vorbehaltlich der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten könnte Ihnen ein Notwegerecht gemäß § 917 BGB zustehen. Ein solches ist gegeben, wenn einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. In diesem Fall kann der Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks von dem Eigentümer des Verbindungsgrundstücks verlangen, die Nutzung desselben zu dulden.

Ihrer Darstellung zu Folge drüften in Ihrem Fall die notwendigen Voraussetzungen gegeben sein, welche da sind:

- eine fehlende Verbindung zu einem öffentlichen Weg
- die ordnungsgemäße Benutzung des verbindungslosen Grundstücks
- Notwendigkeit der Benutzung des Verbindungsgrundstücks.

Ich muss Sie jedoch darauf hinweisen, dass insbesondere die Art und das Ausmaß der Benutzung notwendig sein müssen. So ist insbesondere die Zufahrt mittels Kraftfahrzeuges auf ein Wohngrundstück nicht in jedem Fall notwendig und kann speziell dann entfallen, wenn in der Nähe auf der Straße Parkmöglichkeiten vorhanden sind.

Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort einen rechtlichen Überblick verschafft zu haben und stehen Ihnen gern, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, weiterführend zur Verfügung.

Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort lediglich um eine erste Einschätzung der rechtlichen Situation handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung und Beratung durch einen Rechtsanwalt unter keinen Umständen ersetzen. Die Beantwortung der Frage basiert allein auf Ihren Angaben und kann durch Hinzufügen oder Weglassen entscheidungserheblicher Informationen gänzlich anders ausfallen.

Mit freundlichen Grüßen

Maik Elster
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 25. Oktober 2007 | 20:28

Im Grundbucheintrag des Grundstückes zwischen der öffentlichen Straße und unserem Grundstück ist die Nutzungsart mit "Straße" gekennzeichnet. Ist der Eigentümer trotzdem berechtigt diesen Streifen mit Pollern oder anderen festen Hindernissen so zu versehen, dass ein Parken (von allen Anwohnern genutzt, da die Straße nicht breit genug ist) oder auch eine Nutzung der Zufahrt zu der bereits im Bau befindlichen Garage nicht mehr möglich ist?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 26. Oktober 2007 | 14:58

Sehr geehrte/r Fragesteller/in

auf Grundlage Ihrer Angaben und vorbehaltlich der konkreten Grundstückssituation möchte ich Ihre Nachfrage nunmehr wie folgt beantworten:

Ob der Eigentümer des Grundstücks die von Ihnen dargestellten Rechte hat, hängt davon ab, ob das Grundstück eine im Wege der Widmung öffentliche Straße im Sinne des Straßenrechts ist (§ 2 Abs. 1 FStrG ) oder ob es sich um eine tatsächlich öffentliche Straße handelt.

Die Benutzung tatsächlich öffentlicher Straßen unterliegt dem Straßenverkehrsrecht, auch mit Wirkung gegenüber dem Grundstückseigentümer. Die Einordnung einer Straße als tatsächlich öffentliche Straße setzt voraus, dass der Verkehrsgrund vom Eigentümer in widerruflicher Weise der Allgemeinheit zur Benutzung überlassen worden ist. Die tatsächlich öffentliche Straße steht außerhalb des öffentlichen Straßenrechts. Der Benutzer, in diesem Falle Sie, kann keine Rechte aus wegerechtlichen Gemeingebrauchsgewährleistungen ableiten. D.h. der Eigentümer des Grundstücks ist nicht gehindert, über Benutzerkreis, Benutzungszwecke, Verkehrsfunktion und damit über die von Ihnen beschriebenen Maßnahmen zu bestimmen. Dies gilt natürlich nur, soweit Ihnen dadurch nicht das unter Umständen bestehende Notwegerecht beschränkt wird. Ich erlaube mir, insofern auf die bereits getätigten Ausführungen zu verweisen.

Die Widmung der Straße als öffentlich-rechtliche Verkehrsanlage drängt hingegen privatrechtliche Eigentümer- und Besitzerbefugnisse zurück. Die Straße steht damit zwar im bürgerlich-rechtlichen Eigentum einer "Privatpperson" nach § 903 BGB . Soweit jedoch der öffentliche (durch die Widmung näher bestimmte) Zweck der Straße reicht, werden die bürgerlich-rechtlichen Befugnisse an diesem Eigentum (§§ 903 i.V.m. 985 , 1004 BGB ) durch die öffentlich-rechtliche (hoheitliche) Sachherrschaft überlagert. Der Eigentümer der Straße wäre in diesem Fall also nicht berechtigt, die Ihrerseits geschilderten Maßnahmen durchzuführen.

Ob eine Widmung des Grundstücks als öffentlich-rechtliche Straße vorliegt, können Sie bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde erfragen.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Maik Elster
Rechtsanwalt

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