Mietrecht Wohnraum

| 20. Februar 2018 14:54 |
Preis: 60€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von





Sachverhalt und Frage
Wohnraum Miete Forderung 5.000
Während der gesamten Mietzeit wurde jeder Mangel, der sich gezeigt hatte, unmittelbar nach Bekanntwerden dem Vermieter/Kläger gegenüber angezeigt. Etwa nach vier Monaten nach Einzug schälte sich der Verdacht heraus, dass ein Elementarschaden bei Abschluss des Mietvertrages (Jan. 2015) durch den Vermieter verschwiegen worden sein könnte. Jedoch wurde – um das sehr gute Verhältnis zum Vermieter nicht schwer zu beeinträchtigen – keine sofortige Mietminderung angekündigt oder gar vorgenommen bzw. wurde auch nicht unter Vorbehalt bezahlt (das hätte den Vermieter zur Kündigung veranlasst!). Außerdem rechnete ich damit, dass der Vermieter die wesentlichen Mängel endlich beseitigen können würde. Das Verhältnis verschlechterte sich erst, als ich den Nachmietern einige vorhandene Mängel genannt hatte. ______In diesem letzten Monat der Mietzeit (Juni 2017) wurde gegenüber dem Vermieter wegen den zahllosen, angezeigten Mängeln der Mietsache, die Aufrechnung erklärt und wurden Schadensersatzansprüche angekündigt und wurden aus diesem Grund die letzten drei Monatsmieten zurückgehalten.

Frage:
Soll ein Prozess riskiert, soll ich mich gegen die Restmietzahlungsforderung wehren? Durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen???
Können in dem Verfahren sämtliche Mängel der Mietsache, die jeweils unmittelbar per e-mail an den Vermieter angezeigt worden waren (allerdings die Mietminderungsabsicht aus guten Gründen nicht geäussert bzw. Mietminderungen n i c h t vorgenommen wurden),
von Beginn ihrer Anzeige an monetär zusammengezogen und insgesamt damit gegen die Restmietforderung als Schadensersatz aufgerechnet werden? Wie hoch ist das Prozessrisiko für mich?



Habe das recherchiert:
Auch wenn die Mietzahlungen trotz erfolgter Mängelanzeigen weiterhin vorgenommen worden, ließ dieses jedoch das Mietminderungsrecht nicht entfallen so BGH 16.7.2003 – VIII ZR 274/02 .

An der für den Ausschluss des Minderungsrechts erforderlichen
Ursächlichkeit fehlt es insbesondere dann, wenn der Vermieter die
Mängel bereits kannte oder kennen musste, wozu keine grobe
Fahrlässigkeit erforderlich ist (BGH 13.11.2001 – XII ZR 142/99 ) oder
wenn der Mangel dauerhaft unbehebbar ist.

Der BGH lässt bei vorbehaltlosen Mietzahlungen in Kenntnis des
Mangels der Mietsache das Minderungsrecht des Mieters keineswegs
entfallen (BGH, Urteil vom 16. 07. 2003 – VIII ZR 274/02 ).
Quelle: https://openjur.de/u/198545.html

gez.

20. Februar 2018 | 16:48

Antwort

von


(2495)
Karolinenstr. 8
33609 Bielefeld
Tel: 0521/178960
Web: https://www.reinhard-otto.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Guten Tag,

ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:

Die beiden ersten von Ihnen genannten Entscheidungen beschäftigen sich mit einer inzwischen durch die Mietrechtsreform überholten Rechtslage und sind daher nur ganz bedingt verwendbar.

Richtig ist, dass das Mietminderungsrecht auch bei vorbehaltloser Zahlung der ungeminderten Miete in Kenntnis des Mangels nicht erlischt, allerdings steht einer rückwirkenden Geltendmachung, sei es im Wege der Forderung oder auch der Aufrechnung, § 814 BGB entgegen, der besagt, dass " das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach."

Dieser Fall ist hier gegeben, denn Sie wussten um die Mangelhaftigkeit und den daraus resultierenden Minderungsanspruch. Wenn Sie gleichwohl voll bezahlen, können Sie das zuviel Bezahlte nicht zurückverlangen.

Der BGH hat dies auch in der von Ihnen selber angeführten Entscheidung VII ZR 274/02 klar festgehalten:

"Daraus folgt, daß der Mieter von dem in § 536c Abs. 2 Satz 2 BGB umschriebenen Zeitpunkt an zur Minderung berechtigt ist, solange der Mangel nicht beseitigt ist. Zahlt er dennoch zunächst über einen längeren Zeitraum und ohne jeden Vorbehalt die Miete ungekürzt weiter, kann er zwar -soweit ihm, wie im Regelfall beim heutigen Kenntnisstand der beteiligten Kreise anzunehmen, sein Recht zur Herabsetzung der Miete bekannt ist -die "Überzahlung" nicht zurückfordern (§ 814 BGB ). Der Gesetzestext schließt es aber nicht aus, daß er für die Zukunft immer noch mindern kann, ohne durch sein bisheriges Verhalten daran gehindert zu sein."

Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, also Juni 2017.
Für die Zukunft hätten Sie noch ein Minderungsrecht gehabt, was aber durch die Beendigung des Mietverhältnisses obsolet geworden ist.

Da Sie aber keinen Erstattungsanspruch für in der Vergangenheit überzahlte Miete haben, besteht auch keine gegen die Mietforderung aufrechenbare Gegenforderung Ihrerseits, so dass die von Ihnen beabsichtigte Prozessführung keine Aussicht auf Erfolg haben wird.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 22. Februar 2018 | 10:12

Danke.



Nachtragsfrage:

1) Es war übersehen worden, dass drei Monate vor Mietende mit der Kürzung der Monatsmieten begonnen worden war, daher sich die Klage des Vermieters hierauf auch stützt. Erklärt wurde Mietkürzung dazu nichts gegenüber dem Vermieter. Es könnte jedoch sein, dass dem Vermieter einmal gesagt worden war, dass wegen den finanziellen Engpässen und wegen der Gefahr, dass man aus diesem Grunde nicht rechtzeitig räumen kann, die Mieten gestreckt werden müssten. Als der Vermieter feststellte, dass nur noch Teilbeträge überwiesen wurden, forderte er schriftlich vollständige Zahlung ein.

Frage:
Lässt sich diese ab April 2017 erfolgte Mietkürzung als Mietminderung auslegen? Die Mietminderungsanspruch bestand da noch zu diesem Zeitraum April, Mai, Juni 2017.
Musste eine explizite Minderungserklärung erfolgen?
Die Miete wurde immerhin teilweise zurückbehalten, als der Minderungsanspruch noch bestand.


2) In meiner ersten Sachverhaltsmitteilung war das Folgende durch Sie unbeantwortet geblieben:
> . . . In diesem letzten Monat der Mietzeit (Juni 2017) wurde gegenüber dem Vermieter wegen den zahllosen, angezeigten Mängeln der Mietsache, die AUFRECHNUNG ERKLÄRT und wurde die GELTENDMACHUNG VON SCHADENSERSATZANSPRÜCHE ANGEZEIGT . . . < Es wurde nur noch am 30.6.2017 ein Teilbetrag der Miete bezahlt. Danach wurden keinerlei Zahlungen mehr geleistet.

Frage:
Kann nun nach erfolgter Beendigung des Mietverhältnisses (beendigt am 30.06.2017) wegen des Verschweigens von wesentlichen Mängeln vor und bei Vertragsabschluss in 01.2015 durch den Vermieter mit hierdurch entstandenen Schadensersatzansprüchen gegen die Restmietforderung aufgerechnet werden?
Die während der Mietphase schriftlich angezeigten Mängel stellten sich nachträglich als teils arglistig verschwiegen heraus.


_____________________________________________


3) Rechtslage Nachträgliche Mietminderung im Falle ständig erfolgter Mietmängelanzeige jedoch bei vorbehaltlos erfolgter Mietzahlungen:
Sie antworteten, der BGH habe dies auch in der von Ihnen selber angeführten Entscheidung VII ZR 274/02 klar festgehalten. Es würde ein rückwirkender Mietminderungsanspruch daher nicht bestehen.

Der Berliner Mieterverein kommt eben bei dieser Sach- und Rechtslage zu einer anderen Schlußziehung. Wer die Mängel stets sofort anzeigt, dann aber monatelang weiter die volle Miete zahlt – das in der Hoffnung, der Mangel werde abgestellt, riskiert sein Mietminderungsrecht nicht, wenn sein Vertrauen auf baldige Mängelbeseitigung nach außen zu Tage tritt. Anderenfalls würde gerade derjenige Mieter benachteiligt, der es zunächst einmal im Guten versucht, indem er auf die Mängelbeseitigung des Vermieters vertraut und nicht sofort die Miete kürzt. So der BGH v. 16.7.2003 – VIII ZR 274/02 (Rn. 32 III. Zif. 3.): Die Minderung ist nur noch unter den Voraussetzungen des ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzichts oder des § 242 BGB , insbesondere der Verwirkung, ausgeschlossen, vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 536b Rn.8.
Ein stillschweigender Verzicht auf Mietminderung kann überdiese bei dieser Vielzahl von als schwerwiegend geltenden Mängeln, die teilweise arglistig verschwiegen, nicht angenommen werden. Die Rechtslage im konkreten Fall ist insofern auch für einen Nichtausschluss des Mietminderungsrechtes sprechend, als während der Mietlaufzeit eine Vielzahl von schwerwiegenden Mängeln aufgetreten waren und diese auch stets nach Bekanntwerden dem Vermieter gegenüber schriftlich angezeigt wurden und weil der Verdacht arglistiger Täuschung vor wie im Zeitpunkt der Vertragsabschlusses vorliegt.
Eine andere BGH-E. v.13.11.2001 – XII ZR 142/99 :
An der für den Ausschluss des Minderungsrechts erforderlichen Ursächlichkeit fehlt es zudem insbesondere dann, wenn der Vermieter die Mängel bereits kannte oder kennen musste, wozu keine grobe Fahrlässigkeit erforderlich ist (BGH 13.11.2001 – XII ZR 142/99 )
Der BGH lässt bei vorbehaltlosen Mietzahlungen in Kenntnis des
Mangels der Mietsache das Minderungsrecht des Mieters keineswegs entfallen (BGH, Urteil vom 16. 07. 2003 – VIII ZR 274/02 ).
Quelle: https://openjur.de/u/198545.html

Dieses Ergebnis, dass durch vorbehaltlose Mietzahlung das Recht auf Minderung nicht erloschen ist, wird auch der konkreten Interessenlage gerecht insofern als der Mieter es mit einem Vertragspartner zu tun hatte, welcher Mängel offensichtlich verschwieg oder zu verschweigen bzw. ihre Beseitigung dem Mieter aufzuerlegen suchte oder die Gefahr der vorzeitigen Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter bestand. Zudem durfte der Mieter darauf setzen, dass der Vermieter die Mängel doch noch beseitigt.

Dass der Vermieter arglistig, zeigte sich u.a. sechs Wochen vor Beendigung der Mietlaufzeit 06/2017. Bei der zweiten Hausbesichtigung befragten die Nachmieter den Noch-Mieter nach seiner Kenntnis bezüglich vorhandener weiterer Mängel im Haus, zumal sich im Haus Risse an Wänden, Decken, Böden für die Nachmieter offensichtlich erkennbar zeigten. Daraufhin wurden seitens des Mieters weitere Mängel mitgeteilt. Der Vermieter erfuhr hiervon und forderte vom Mieter die Beseitigung derjenigen Mängel, die dem Vermieter seitens des Mieters längst schriftlich angezeigt worden waren.
Der Vermieter versuchte also die bestehenden Mängel auch dem Nachmieter gegenüber zu verschweigen. Damit handelte er erneut arglistig.

Somit steht dem Mietzins-Rückforderungsanspruch des Mieters im Zuge nachträglicher Mietminderung § 814 BGB nicht im Wege.

Am Ende der Mietzeit (Juni 2017) wurde gegenüber dem Vermieter auf Grund der Vielzahl angezeigter Mängel, auch wegen des Verschweigens von wesentlichen Mängeln (u.a. Elementarschaden Heizungstechnik, Sanitäranlagen, Schimmel etc.) vor und bei Vertragsabschluss (01/2015) durch den Vermieter im Übergabeprotokoll die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt.



Erbitte um Nach-Beantwortung auf Grund einer etwas umfangreicheren Sachverhaltsdarstellung.
MfG

__________________________________









Erbitte um Nach-Beantwortung auf Grund einer etwas umfangreicheren Sachverhaltsdarstellung.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. Februar 2018 | 10:32

Guten Tag,

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Nachfragefunktion nicht dazu dient, alternative Sachverhalte zu klären oder rechtliche Erörterungen durchzuführen. Sie dient lediglich dazu, Verständnisfragen zu der erteilten Beratung zu beantworten.

Wenn Sie ab April 2017 die Miete nicht mehr vollständig gezahlt haben, ist das faktisch eine Mietminderung. Eine gesonderte Erklärung über die Mietminderung ist nicht erforderlich.

Es wurde auch nicht übersehen, dass Sie in dem letzten Monat der Mietzeit gegenüber dem Vermieter die Aufrechnung erklärt und ich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angezeigt haben. Neben eine Aufrechnungserklärung muss auch noch eine zu Aufrechnung stehende Forderung bestehen. Soweit Sie in der Vergangenheit die Miete vollständig gezahlt haben, und darauf zielte Ihrer Fragestellung ab, können Sie keine Aufrechnung wirksam vornehmen, weil keine Rückforderungsanspruch besteht.
Dass gegen laufende und zukünftige Mietzahlungsansprüche aufgerechnet werden kann, ist dargelegt.

Die abweichende Ansicht des Berliner Mietvereins ist mir bekannt; ich teile diese Ansicht jedoch nicht, sondern orientiere mich an der Rechtsprechung des BGH.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 22. Februar 2018 | 15:04

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Bewertung kann nur, wer sich auf diesem Rechtsgebiet gut auskennt. Dennoch wurde eine vorsichtige Bewertung abgegeben. Aus grundsätzlich laienhafter Sicht. 123Rat ist gut. Auch technisch.

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Reinhard Otto »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 22. Februar 2018
3,6/5,0

Bewertung kann nur, wer sich auf diesem Rechtsgebiet gut auskennt. Dennoch wurde eine vorsichtige Bewertung abgegeben. Aus grundsätzlich laienhafter Sicht. 123Rat ist gut. Auch technisch.


ANTWORT VON

(2495)

Karolinenstr. 8
33609 Bielefeld
Tel: 0521/178960
Web: https://www.reinhard-otto.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht, Familienrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, Baurecht