Sehr geehrte Ratsuchenden,
1.
Wenn der Wärmewert bei Ihnen nachweislich nicht richtig ermittelt wurde, sind Sie grundsätzlich nicht verpflichtet, die Heizkostenabrechnung zu akzeptieren. Denn wenn Ihr anteiliger Verbrauch aufgrund des Ablesefehlers nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann, stellt dies einen "anderen zwingenden Grund" im Sinne des <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/heizkostenv/__§ 9a.html" target="_blank">307</a> Abs. 1 Satz 1 der <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/heizkostenv/index.html" target="_blank">Heizkostenverordnung</a> dar, der Sie zu einer Anpassungsberechnung berechtigt (BGH, Urteil vom 16.11.2005 - Az. VIII ZR 373/04
).
In der Tat ist dann der Verbrauch gemäß der oben genannten Vorschrift anhand der Vergleichswerte aus den Vorjahren zu ermitteln. Soweit dies nicht möglich ist, weil die hierfür erforderlichen Daten nicht zur Verfügung stehen, kann der anteilige Verbrauch ausnahmsweise im Wege der Gradtagszahlmethode ermittelt werden, also: Ermittlung des Wärmeverbrauchs durch Errechnung der Differenz zwischen der Raumtemperatur von 20 Grad und der jeweiligen Außentemperatur im Laufe eines Jahres (BGH a.a.O.)
2.
Die Erfolgsaussichten einer Klage hängen immer von vielen Faktoren ab. Insbesondere empfiehlt sich eine anwaltliche Vertretung, um Rechtsnachteile auch im Hinblick auf prozessrechtliche Besonderheiten zu vermeiden.
Auf der Basis der von Ihnen übermittelten Informationen sehe ich allerdings eine deutliche Tendenz zu Ihren Gunsten.
Für Sie spricht z.B. der Umstand, dass die frühere Ablesefirma schriftlich bestätigt, dass der angebliche Verbrauch nicht stimmen kann, ebenso die nachweislich extreme - anders wohl kaum erklärbare - scheinbare Abweichung vom Verbrauch der Vorjahre.
Ferner haben Sie das Ergebnis der Ablesung nicht bestätigt und somit die Schuld keinesfalls bereits anerkannt.
Zusätzlich können und sollten Sie sich auch auf die bereits bestehende Vereinbarung mit der Hausverwaltung über eine korrigierte Abrechnung berufen, auch wenn diese nur mündlich getroffen wurde.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen hilfreichen ersten Überblick zu Ihrer rechtlichen Lage an die Hand geben. Bei Bedarf stehe ich gleichwohl für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Zunächst einmal vielen Dank für Ihre Rechtsauskunft! Sie hat unser rechtsempfinden gestärkt.
Bereits Ende letzter Woche haben wir unseren Hausveralter nochmals aufgefordert uns eine korrigierte Abrechnung zukommen zu lassen. Ferner haben wir auch auf diesen § 9a Abs. 1 Satz 1 der Heizkostenverordnung hingewiesen. Leider haben wir weiterhin nichts mehr von ihm gehört, wir denken, dass er diesen Beschluß von der Hausgemeinschaft, gegen uns zu Klagen aufrecht erhalten wird. (Der Hausverwalter hat auf Grund unserer
Forderungen in der Zwischenzeit persönliche Differenzen mit uns.)
Nun unsere Frage:
Wann sollen wir anwaltlichen Beistand einholen? Sofort oder sollen wir warten bis die Klage uns zugeht?
Wie ist der Ablauf? Kommt erst ein Mahnbescheid? Und was müssen wir beachten?
(Leider haben wir mit Gericht / Klage etc. keine Erfahrung). ....und es belastet uns (Familie mit 2 kleinen Kinder) ungemein. Ich habe schon gesundheitliche Schwierigkeiten.
Sehr geehrte Ratsuchenden,
wenn die Rechtsangelegenheit Sie und Ihre Familie so sehr belastet, spricht es dafür, sie möglichst bald an einen Anwalt abzugeben, der die unmittelbare Konfrontation für Sie abfängt, die Entscheidungen trifft und Sie einfach nur über den Verlauf informiert.
Sie müssen natürlich schon bedenken, dass dann für den außergerichtlichen Teil zusätzliche Anwaltsgebühren anfallen, die Ihnen nicht ohne Weiteres zu erstatten sind, auch wenn Sie zu Unrecht in Anspruch genommen werden. Anders im gerichtlichen Verfahren, dort muss die unterliegende Partei die Anwalts- und Gerichtsosten bezahlen.
Andererseits ist es auch von Vorteil, wenn der Anwalt bereits vor dem hier zu erwartenden Rechtsstreit eingeschaltet wird. Wenn er seine Vertretung bei der Gegenseite unter Vollmachtsvorlage anzeigt, und die Zustellung von Schriftsätzen und Anträgen ausschließlich an seine Adresse verlangt, bedeutet dies nämlich auch einen Zeitgewinn.
Denn sowohl im Mahnverfahren als auch im streitigen Verfahren sind Fristen zu beachten - in der Regel nur zwei Wochen nach Zustellung - um zu reagieren.
Nachdem der Streitwert € 750 nicht übersteigt, kann die Hausverwaltung nicht sofort Klage einreichen, sondern müsste zunächst ein Schlichtungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des hier anwendbaren Schlichtungsgesetzes in Baden-Württemberg durchführen, oder aber - was wahrscheinlicher ist - vorher einen Mahnbescheid beantragen. Da Sie den Anspruch der Sache nach zurückweisen wollen, müssen Sie dann gegen den erlassenen Mahnbescheid Widerspruch einlegen, mit der Folge, dass die Hausverwaltung die vermeintlichen Ansprüche der Eigentümergemeinschaft in einem Schriftsatz an das Gericht geltend machen muss, der einer Klageschrift entspricht. Damit wird das streitige Verfahren eröffnet.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Korrektur zum ersten Absatz:
Es handelt sich um <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/heizkostenv/__9a.html" target="_blank">§ 9a</a> Abs. 1 Satz 1 der <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/heizkostenv/index.html" target="_blank">Heizkostenverordnung</a>.