Leistungspflicht von hiesigen Institutionen bei Arbeitsunfall im EU-Ausland

| 27. August 2007 16:45 |
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Sozialrecht


Beantwortet von


18:29

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bei der nachfolgd. Geschichte geht es um meinen jungeren Bruder (ist 37 Jahre alt), er ist Koch vom Beruf und hat am 31.05.2007 auf Zypern (in Latchi/Naehe von Paphos) bei einem schweren Unfall auf dem Weg zur Arbeit (unverschuldet) sein linkes Bein verloren (oberh. des Knies).

Der Unfallverursacher konnte zwar "dingfest " gemacht werden und er ist auch versichert, allerdings hat der Anwalt, den ich vor Ort beauftragt habe, schon erwaehnt, dass nicht vor 2 Jahren mit Zahlung seitens der gegnerische Versicherungen gerechnet werden kann. Dies ist mir auch von anderen Juristen auf Zypern bestaetigt worden.

Zu der menschliche Tragoedie kommt nun die finanzielle hinzu, mein Bruder ist voellig mittellos und hat keinerlei Versicherungen, die jetzt seine Situation verbessern koennten.
Die Sozialversicherung in Zypern zahlt ihn nun Krankengeld, die lokalen Gesetze entsprechend, von nur 48 zypr. Pfund / Woche (entspricht ca. 82 Euro), da mein Bruder erst seit 2 Monate regulaer auf Zypern gearbeitet hat (zypriotisches Unternehmen/Hotel).
Ausser die o.g 82 Euro/Woche sind lt. offiziellen Stellen auf Zypern keine weiteren Zahlungen zu erwarten, eben wegen der Kürze der Zeit für die er dort beschäftigt war.

Mein Bruder ist nun seit Ende Juni wieder hier in D (bei meiner Schwester) und wir alle haben nun damit zu kaempfen, dass er hier voellig "ignoriert" wird, obwohl er, bevor er nach Zypern ging, ja hier beschaeftigt und versichert war (u.A. in einem Restaurant in Nord-Deutschland).

Meine Schwester hat bereits bei mehrere Aemter vorgesprochen, aber angeblich ist weder die Krankenkasse (z.B. fuer Krankengeld, er ist mittlerweile wieder bei der AOK freiwillig versichert, wir zahlen die Beiträge dafür), noch die Berufsgenossenschaft, Arbeitsanmt oder Rentenversicherungstraeger (z.B. fuer e. Arbeitslosengeld oder Rente) zustaendig. Es scheint so zu sein, dass die 2 Monate auf Zypern ihn nicht nur das Bein gekostet haben, sondern auch die ganzen Rechte, die er vorher hatte.

Ich kann das nicht so einfach glauben, ist es wircklich so, dass er hier (KK,BG,RV, AA) keine finanzielle Unterstuetzung für seinen Lebensunterhalt (Bis vielleicht auf Sozialhilfe) erwarten kann?

Koennen Sie mir handfeste Hinweise/Tips geben wie ich mein Bruder mit Hilfe der o.g. Aemter zu einen lebenswuerdigen Leben verhelfen kann bis er sich erholt- und mit e. Prothese wieder sein Leben selbst meistern kann?
Wer und in welche Form ueberhaupt ist Ihrer Meinung nach Leistungspflichtig?
PS: wir sind keine deutsche Staatsbürger sondern EU-Ausländer
(Italien) und leben seit 30 Jahre in D.


Mit freundlichen Gruessen

27. August 2007 | 18:03

Antwort

von


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78462 Konstanz
Tel: 07531-9450300
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung summarisch gerne wie folgt beantworte:

Da sich der Arbeitsunfall im Ausland (bei ausländischem Arbeitgeber beschäftigt) ereignet hat, ist die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) nicht eintrittpflichtig. Gleiches gilt für die gesetzliche Krankenversicherung, sofern keine (freiwillige) Versicherung zum Zeitpunkt des Unfalls existiert hat. Leistungen der Arbeitsagentur können ggf. in Anspruch genommen werden, wenn Ihr Bruder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Die gesetzliche Rentenversicherung könnte eintrittspflichtig sein, wenn die Bezugsvoraussetzungen erfüllt sind, was hier aber nicht im Detail geprüft werden kann (– wurden freiwillig Beiträge bezahlt?). Aufgrund des Unfalls in Zypern werden sich die deutschen Sozialversicherungsträger für leistungsfrei erklären und auf die Sozialsysteme dieses Landes verweisen. Ebenso wird man von dort einwenden, dass etwa eine private Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung hätten abgeschlossen werden sollen.

Es sollte versucht werden, von der Haftpflichtversicherung des Gegners einen Schmerzensgeldvorschuss zu erlangen; parallel empfiehlt es sich, Sozialhilfe zu beantragen.

Ich rate Ihnen zudem dringend, einen auf das Sozialrecht spezialisierten Rechtsanwalt vor Ort mit der Prüfung sämtlicher Unterlagen (v.a. wegen des möglichen Rentenanspruchs) zu beauftragen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 28. August 2007 | 01:28

m. Bruder hat ja jahrelang in der gesetzl. Rentenversicherung hier in Deutschland eingezahlt (bis 2 Monate vor dem Unfall), unter welche Voraussetzungen genau wäre die RV eintrittspflichtig?.

MFG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 28. August 2007 | 18:29

Ein Anspruch auf Erwerbsminderungs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente könnte bestehen, wenn mindestens 5 Jahre Beiträge einbezahlt wurden (§ 50 SGB VI ) und ein medizinischer Gutachter die weiteren Voraussetzungen des § 43 SGB VI bescheinigt. Sofern noch nicht geschehen, sollte umgehend ein entsprechender Antrag gestellt werden. Hierbei sollten Sie sich unbedingt anwaltlich vertreten lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt

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