Erbengemeinschaft und Vollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten

| 3. Mai 2017 07:03 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Manuela Fritsch

Ich habe mit zwei Geschwistern zusammen einige Immobilien geerbt. Wir sind zu gleichen Teilen eingesetzt. Per gültigem notariell aufgesetztem Testament und einer amtsgerichtlichen Protokollierung der Testamentseröffnung.
Zugleich hat die Nachlasserin etwa ein Jahr vor Ihrem Tod eine General-Vollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten hinterlassen.
Bevollmächtigte sind alle drei Geschwister in gemeinschaftlicher Vertretung.

Meine Frage zu zwei Sätzen in dieser Vollmacht:
1)
"Die Vollmacht bleibt auch gültig, wenn ich geschäftsunfähig werden sollte. Sie soll durch meinen Tod nicht erlöschen."
2)
"Sollte sie (die Geschwister) keine gemeinschaftliche Willensbildung herbeiführen Können, bestimmt der Älteste "....(Name)". Sollte dieser nicht mehr handeln können der Zweitälteste."

Frage:
Könnten diese Sätze begründen, dass der Älteste im Falle der nicht möglichen einvernehmlichen Entscheidung über die weitere Verwendung / Verwertung des Erbes, eine Entscheidung treffen kann - gegen die einem anderen Geschwister dann nur noch der Weg der Erbauseinandersetzung bliebe?
Oder begründet dieses auch nachtodlich nicht erloschene Vollmacht keinerlei Rechte, was das Erbe angeht?

Sehr geehrter Mandant,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte:

Grundsätzlich gilt eine transmortale Vollmacht, also eine solche, die zu Lebzeiten bereits begründet wurde und über den Tod hinaus Gültigkeit haben soll, in dem Umfang, in dem Sie eingeräumt worden ist.
Sollte die Nachlasserin also eine Generalvollmacht für alle Vermögensbelange eingeräumt haben, so gilt diese grundsätzlich auch weiter in diesem vollen Umfang.

Zu beachten ist allerdings, dass der Gesetzgeber einer Kollision von Generalvollmacht und Interessen des/der Erben einen Riegel vorgeschoben hat: Es ist den Erben daher möglich, die Vollmacht zu widerrufen, wenn durch deren Gebrauch das Erbe gefährdet oder dessen Erhalt vereitelt werden könnte. Ein "Entzug" des Erbes durch einen der Bevollmächtigten ist damit ausgeschlossen.

Was die Meinungsbildung angeht, so verstehen Sie die Vollmacht jedoch korrekt: Dem ältesten Geschwisterteil soll hier im Konfliktfall das "letzte Wort" zukommen, was auch so gehandhabt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 3. Mai 2017 | 09:12

Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Bedeutet das, dass der Älteste in diesem Fall entscheiden könnte, dass mehrere Immobilien im Paket an einen Käufer verkauft werden sollen, statt an einzelne Käufer. (Hintergrund ist die 3-Objekte-Regel, die Steuern auf den Veräußerungserlös ab mehr als 3 Immobilien-Transaktionen in 5 Jahren fällig werden läßt).

Könnten Sie mir zu Ihrer Stellungnahme auch §§ / Verweise benennen?.
Ein "Entzug" des Erbes ist übrigens nicht beabsichtigt. Was könnte aber als Gefährdung bzw. Vereitelung des Erhalts des Erbes gesehen werden? Wo ist da sozusagen der kritische Punkt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. Mai 2017 | 09:46

Sehr geehrter Mandant,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Um Missverständnisse zu vermeiden, konkretisiere ich meine Aussage gerne wie folgt:

Ein Widerruf der Vollmacht ist jederzeit möglich, es muss dazu kein besonderer Fall eintreten oder bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Ich hatte erher versucht, typische Beispiels und Fallgruppen zu benennen, bei denen dies regelmäßig ansteht.

Dass eine Vollmacht im Regelfall über den Tod hinausgeht, widerrufbar ist und dies zu den Belangen der Nachlassverwaltung durch die Erben gehört, ergibt sich aus den §§ 168 Satz 1 , 672 Satz 1 , 675 , 2038 BGB .
Bitte beachten Sie jedoch, dass es juristisch umstritten ist, ob der Widerruf von allen Erben gemeinschaftlich ausgeübt werden muss oder ob es ausreicht, wenn nur einer widerruft. Im Zweifelsfall wird eine gemeinsame Lösung also die einzig sichere Variante darstellen. Sofern also keine Einigkeit über den Verkauf der Immobilien erzielt werden können sollte, stünde die Erbauseinandersetzung an. Hier wären die Belange der Erben eindeutig inhaltlich betroffen, so dass ein Bevollmächtigter nicht mehr "über deren Köpfe hinweg" handeln kann.

Ich wünsche Ihnen eine rasche und friedliche Klärung der Angelegenheit.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 5. Mai 2017 | 07:05

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Soweit ok. Aber erst auf Nachfrage Verweis Paragraphen und ausführlichere Antwort. Die erste Antwort wirkte ein wenig wie "auf die Schnelle" gegeben. Aber mit der Zweitantwort war mir dann geholfen. Deshalb leider nicht in allen Punkten die volle Punktzahl. Nehmen Sie es bitte nicht übel ;)

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Stellungnahme vom Anwalt:

Sehr geehrter Mandant,

keine Sorge, ich nehme Ihnen gar nichts übel. Bitte beachten Sie allerdings, dass es für mich nicht erkennbar war, dass Sie Verweise in das Gesetz wünschen. Ich gebe diese immer gerne. Es gibt aber nicht wenige Mandanten, die das - unaufgefordert - nicht wünschen und ausdrücklich um verständliche Sätze ohne "Fachchinesisch" bitten.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin