Teilzeitkraft: Ermittlung Urlaubsgeld, Entgeldfortzahlung, Ausschlussfristen B

9. Juli 2015 12:22 |
Preis: 48€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Generelle Themen


Beantwortet von

Rechtsanwalt Stefan Steininger

Folgender Sachverhalt.

Die AN ist bei dem AG als Teilzeitkraft angelstellt. Der Vertrag ist für ein Jahr befristet (27.03. – 27.03 Folgejahr)
Die wöchentliche Arbeitszeit wurde mit 15 Stunden vereinbart, es wurde weiter vereinbart, dass die AN sich bereit erklärt wöchentlich bis zu 20 Stunden zu arbeiten, also 5 Überstunden leistet.

Der jährliche Urlaubsanspruch beträgt 24 Tage.

Die tatsächliche regelmäßig geleistete Arbeitszeit beträgt von Beginn an 95 – 100 Stunden monatlich.

Die Gehaltsabrechnung wurde im Jahre 2014 so aufgestellt: jeweils 64.5 ‚Normalstunden‘, die restlichen Stunden als Überstunden; in 2015 wurden alle Stunden als ‚Normalstunden‘ abgerechnet.

Im Arbeitsvertrag ist noch eine Ausschlussfrist vereinbart, aus welcher hervorgeht, dass unerfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach 3 Monaten verfallen.
Der genaue Wortlaut ist:

„Alle wechselseitigen Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis müssen binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Partei geltend gemacht werden. Anderenfalls sind sie verwirkt

Weist die andere Partei den Anspruch zurück, oder erklärt sich nicht innerhalb von vier Wochen nach Geltendmachung des Anspruches, verfällt dieser, wenn nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

Das Arbeitsverhältnis wird nach einem Jahr am 27.03. mit einem neuen, befristeten Teilzeitarbeitsvertrag verlängert, die Bedingungen sind unverändert. Es wird hierzu noch folgender Zusatz vereinbart: „Das Arbeitsverhältnis wird über den 27.03.15 hinaus verlängert und endet spätestens mit Ablauf des 27.03.2016…"

Nunmehr ist folgender Fall eingetreten:

Die AN kündigt das Arbeitsverhältnis zum 27.06.15 endend, die Kündigung wird während eines 13 tägigen Urlaubes im Mai ausgesprochen, hiernach ist die AN Krankgeschrieben.

1. Der AG vergütet der AN im Mai nur den anteiligen Urlaubstage aus dem
Anspruchszeitraum 27.03 – 27.06; also 6 Tage. Die restlichen Urlaubstage werden als
auf der Gehaltsabrechnung als unbezahlter Urlaub angeführt

2. Wie sich bei genauerer Betrachtung herausstellte, hat der AG bei Krankheit und Urlaub
die Lohnfortzahlung nur auf Basis der vertraglichen Arbeitszeit abgerechnet, also
lediglich 3 Stunden pro Tag.

Fragen:

Zu 1:

Müsste der Urlaubsanspruch für den neuen Vertrag bereits vom 1. Tag an 24 Tage betragen, denn die Wartezeit auf Anwartschaft nach BurlG sollte bereits durch die Laufzeit des ersten Teilzeitvertrages erfüllt sein; vor allem auch, da die Vereinbarung getroffen wurde: Das Arbeitsverhältnis wird über den 27.03.15 hinaus verlängert und endet spätestens mit Ablauf des 27.03.2016.

Kann dieses als ein gleitender Übergang ausgelegt werden, ohne dass eine tatsächliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden hat, die Gehaltsabrechnung wurde auch für den Zeitraum 01.03 – 31.03 erstellt, also nicht Periodengetrennt nach Arbeitsvertagsablauf.

Zu 2:

Das BUrlG regelt anhand der 13 Wochen Regel den tatsächlichen Anspruch, nur ist die Frage, ob ausgewiesene und als Überstunden vergütete Arbeitszeit hierzu für die Berechnung mit herangezogen werden dürfen.

Gleiche Frage stellt sich bei der Zahlung bei Krankheitstagen nach EfzG.
Zusätzlich stellt sich bei der Entgeltfortzahlung bei Krankheit noch die Frage, welcher Zeitraum für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit herangezogen wird; vor allem, ob überhaupt ein anderer Wert als die monatlichen 95 – 100 Stunden pro Monat in Betracht kommen können, denn es wurde ja niemals weniger gearbeitet.

Ist die Ausschlussklausel gültig? Da diese Klausel "ALLE wechselseitigen Ansprüche ohne Einschränkungen" beinhaltet, steht diese im Konflikt mit BGB §202 und §309 Abs.7, weshalb Sie ungültig sein müsste. Die Frage ist, ob hier der Blue-Pencil-Test Anwendung finden würde ?


Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

1. Die Überstunden sind ebenfalls zu vergüten es sei denn, der Arbeitgeber kann darlegen und beweisen, dass ausgerechnet in dieser Zeit entgegen der sonst üblichen Praxis gerade keine Überstunden angefallen sind. (vergl. LAG Thüringen vom 16.12.2010; AZ 6 Sa 78/10 )

Im Übrigen ist das Arbeitsverhältnis hier wohl als einheitlich zu sehen, die Wartezeit ist abgelaufen.

2. Die Klausel

"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag und solche, die mit dem Arbeitsvertrag in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb eines Monats nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

ist wirksam! (BAG 10 AZR 152/07 )

Insoweit ist eine Geltungserhaltende Reduktion gar nicht Thema.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 12. Juli 2015 | 11:58

Sehr geehrter Herr RA,

vielen Dank für die Antwort, ich hätte gerne noch die Frage nach der Entgeltfortzahlung beantwortet; die Passage habe ich hier nochmal reinkopiert:

Gleiche Frage stellt sich bei der Zahlung bei Krankheitstagen nach EfzG.

Zusätzlich stellt sich bei der Entgeltfortzahlung bei Krankheit noch die Frage, welcher Zeitraum für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit herangezogen wird; vor allem, ob überhaupt ein anderer Wert als die monatlichen 95 – 100 Stunden pro Monat in Betracht kommen können, denn es wurde ja niemals weniger gearbeitet.

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Juli 2015 | 09:49

Wie bereits gesagt, das entstehen der Überstunden wird vermutet, so dass hier die Überstunden im Bezugszeitraum mit berechnet werden müssen, also auf Basis der 95-100 Stunden.

Mangels anderer Erkenntnisse über die Eigenart der Branche (vergl. BAG, Urteil v. 29.9.1971, 3 AZR 163/71) wird man den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen (also 3 Monate), wovon auch § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ausgeht, als sachgerechten Bezugszeitraum zur Entgeltfortzahlung zu Grunde legen dürfen.

FRAGESTELLER 5. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER