Sehr geehrte Fragestellerin,
leider geben Sie nicht an, welches Bundesland bzw. welche Kommune die Sondernutzung erlaubt hat. Deshalb hier Grundsätzliches ohne direkten Bezug zu einem Landesgesetz bzw. einer Kommune.
Ihre Frage:
Kommune erteilt Sondernutzung für eine Außengastronomie unmittelbar vor einem Haus, das nicht dem Betreiber der Außengastronomie gehört. Ist dies zulässig?
Antwort: Grundsätzlich ja, und zwar nach Maßgabe eines Gesetzes, beispielhaft etwa § 18 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG) und zusätzlich: Die Gemeinden können Sondernutzungssatzung erlassen auch für Ortsdurchfahrten einer Bundes-, Landes-/Staats- oder Kreisstraße. Diese Ermächtigung ermächtigt jedoch nicht zu Grundrechtseingriffen, die wesentlich von dem insoweit grundsätzlich unbedenklichen System der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen abweichen.
Ihre Frage: Gelten Grenzabstände?
Antwort:
Grundsätzlich nein, da es ja um öffentliches Straßennutzungsrecht geht, nicht um privatrechtliches Eigentum. Zu den (engen) Voraussetzungen, unter denen einem Straßenanlieger ein Abwehrrecht gegen die einem Nachbarn erteilte Genehmigung der Nutzung des öffentlichen Straßenraumes zustehen kann (hier: Genehmigung von Außengastronomie für einen von zwei benachbarten Imbissbetrieben), vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2007 – 11 B 1138/07
, den ich Ihnen gerne im Volltext zusende.
Ihre Frage:
Hat man ein Recht darauf vor dem eigenen Haus zu Be- und Entladen bzw. zu parken - geht durch die Außengastronomie ja nicht?
Grundsätzlich ja, sofern die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs inkl. Zugang zu Ihrem Grunstück beeinträchtigt ist. Dazu etwa das BVerwG mit Urteil vom 29.04.1977 IV C 15.75
mit den folgenden Leitsätzen:
1." Der Anlieger kann einen Eingriff in das durch GG Art 14 Abs 1
geschützte Anliegerrecht - hier: durch eine (rechtswidrige) bau- oder straßen-rechtliche Genehmigung fremder Straßennutzungen - abwehren.
2. Der Umfang des eigentumsrechtlich geschützten Anliegergebrauchs reicht jeweils nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert; dabei ist u.a auch abzustellen auf die das jeweils betroffene Grundstück prägende Situation seiner Umgebung." (Zitatende)
Ansonsten ist das eine Frage des Allgemeingebrauchs, der gerade im Gegensatz zur Sondernutzung steht. Straßenbezogene Gesichtspunkte können die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis rechtfertigen, v. a. die Berücksichtigung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs, die Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenraums oder unzumutbarer Immissionen für Nachbarn.
Ihre Frage:
Dürfen Sonnenschirme, die zur Außengastronomie gehören unmittelbar vor einem Haus aufgebaut werden?
Antwort: Ja, im Rahmen eine wirksamen Sondernutzungserlaubnis nach Maßgabe der erteilten Auflagen.
Was kann man gegen die Vergabe der Sondernutzung unternehmen? Eigene beantragen?
Antwort: Die Sondernutzungserlaubnis ist zwar grundsätzlich kein Verwaltungsakt mit Drittwirkung und damit für einen Konkurrenten nicht anfechtbar. VGH München Urt. v. 23. 7. 2009 – 8 B 08.3282
Drittwiderspruchsbefugt sind aber Anlieger gemäß des durch Art 14 Abs. 1 GG
geschützten Anliegerrechts, BVerwG Urt. v. 29. 4. 1977 – IV C 15.75
– BVerwGE 54, 1
=NJW 1977, 1789
.
(Qu.: Sauthoff Johlen/Oerder, MAH Verwaltungsrecht 3. Auflage 2012, § 21)
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Zu meiner Frage: "Was kann man gegen die Vergabe der Sondernutzung unternehmen?" haben Sie geschrieben, dass man als Anlieger Drittwiderspruchsbefugt ist, aber leider nicht an wen man den Widerspruch richtet. Geht der Widerspruch an die Straßenbaubehörde der Verbandsgemeinde (will ich nicht nennen) oder ist das eine Behörde des Kreises (will ich auch nicht nennen) oder sogar des Bundeslandes?
Gerne zu Ihrer Nachfrage,
Es kommt darauf an: Wenn Sie Mitbewerber sind, also auch Außengastronomie betreiben, gilt: : Für die Anfechtung einer zugleich mit der marktrechtlichen Auswahlentscheidung erteilten Straßen(verkehrs-)rechtlichen Erlaubnis fehlt Ihnen die Klagebefugnis, wenn die Gewährung von Primärrechtsschutz gegen einen Mitbewerber ausgeschlossen ist. OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 30. 11. 2010 – OVG 1 S 107.10
– NVwZ-RR 2011, 293
.
Drittwiderspruchsbefugt sind aber Anlieger gemäß des durch Art 14 Abs. 1 GG
geschützten Anliegerrechts und Inhaber anderer Sondernutzungserlaubnisse.
Als Anlieger: Drittwiderspruchsbefugt sind Anlieger gemäß des durch Art 14 Abs. 1 GG
geschützten Anliegerrechts und Inhaber anderer Sondernutzungserlaubnisse oder straßenrechtlicher Gestattungen zur Nutzung der Straße, in die durch eine (rechtswidrige) straßenrechtliche Genehmigung fremder Straßennutzungen eingriffen wird, nicht aber der Straßeneigentümer.
Adressat ist die Gemeinde bzw. die Verbandsgemeinde, welche die Sondernutzungsbefugnis durch Bescheid an den Inhaber der Sondernutzungserlaubnis erteilt hat.
Im Wege einer formlosen Anfrage an den Bürgermeister (m./w.) der Gemeinde können Sie erfragen, wer unter welchem Az. wem wann eine Sondernutzungsbefugnis in der Straße xy unter Hausnummer 123 erteilt hat. Das sog. berechtigte Interesse machen Sie bitte als Anlieger der Straße glaubhaft.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe mit besten Wünschen,
Ihr
W. Burgmer
- Rechtsanwalt
Für Ihr Land Rheinland-Pfalz gilt § 41 Landesstraßengesetz v. 1. August 1977 (LStrG)
"(1) Der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Sie entscheidet darüber im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast.
(2) Die Erlaubnis wird nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden. Die Erlaubnis soll nicht erteilt werden, wenn Kinder, Personen mit Kleinkindern oder behinderte oder alte Menschen durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt würden."
... Absatz 3 gekürzt
(4) Der Erlaubnisnehmer hat die in Ausübung der Sondernutzung herzustellenden Anlagen so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den gesetzlichen Vorschriften, den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen. Arbeiten an der Straße bedürfen der Zustimmung der Straßenbaubehörde.
Ich hatte Ihre Landesbezeichnung "Rheinland-Pfalz" in der Überschrift übersehen. Deshalb hier nachträglich noch ein Beispiel für eine Kommunale Ortssatzung einer Gemeinde (Ingelheim a.Rh.) in Rh.-Pf. zur Sondernutzung
mit zwei interessanten Ausnahmeregelungen unter § 3 Absatz 5 und 6!
§ 3
Antrag, Erlaubnis
(1) Die Sondernutzungserlaubnis ist rechtzeitig bei der Stadtverwaltung mit Angaben über Ort, Art, Dauer und Umfang
der beabsichtigten Sondernutzung zu beantragen. Die Stadtverwaltung kann für die Beurteilung der Sondernutzung ergänzende
Angaben verlangen, z. B. Erläuterungen durch Zeichnungen, textliche Beschreibungen und dgl.
(2) Die Erlaubnis für Sondernutzungen wird nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt. Für die Erlaubnis können Bedingungen
und Auflagen festgesetzt werden (§ 41 Abs. 2 LStrG).
(3) ...(gekürzt) Die Stadtverwaltung
kann auch auf Kosten des Erlaubnisnehmers die Anlagen entfernen und den benutzten Straßenteil in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzen. Die Stadtverwaltung kann auch auf Kosten des Erlaubnisnehmers die Anlagen entfernenund den benutzten Straßenteil in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzen. Die Stadtverwaltung kann angemesseneVorschüsse oder Sicherheiten verlangen (§ 41 Abs. 3 LStrG).
(4) Der Erlaubnisnehmer hat die in Ausübung der Sondernutzung erstellten Anlagen so zu errichten und zu unterhalten,dass sie den gesetzlichen Vorschriften, den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen (§ 41 Abs. 4 LStrG).
(5) Ist durch die Ausübung der Sondernutzung eine Belästigung von Anliegern zu erwarten, so hat der Antragsteller auf
Aufforderung der Stadtverwaltung die schriftliche Einwilligung der Anlieger vorzulegen.
(6) Die Übertragung einer Sondernutzungserlaubnis auf Dritte ist nur mit Zustimmung der Stadtverwaltung zulässig.
(7) Im übrigen gelten für die Ausübung der Sondernutzung die Vorschriften des Landesstraßengesetzes Rheinland-Pfalz.