Bedarfsgemeinschaft/Eheähnliche Gemeinschaft bei Hartz4

14. Januar 2007 12:30 |
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Sozialrecht


Hallo,

meine Freundin ist seit ca. 18 Monaten Arbeitslos und seit 1Jahr Arbeitslosengeld 2(Hartz4) Bezieherin.Wir haben uns vor ca 6 Monaten kennengelernt.Da wir ca. 40km voneinander weg wohnen, sehen wir uns meistens nur am Wochenende.Jetzt haben wir uns eine gemeinsame Wohnung hier bei mir im Ort gesucht und haben vor in 2 Monaten zusammen zu ziehen.Wir beide stehen im Mietvertrag.Da ich in einer Beschäftigung stehe und ca 1900€ brutto verdiene,habe ich Angst das meine Freundin dann kein Geld (345€) mehr vom Amt bekommt,weil ich für Sie Finanziel einstehen muß.Wobei ich sagen muß,das wir getrennte Konten haben,und jeder seine Kosten selbst trägt.Auch die Lebensmittelkosten.Ich habe schon oft gelesen das man erst nach 1 Jahr des zusammenlebens als Bedarfsgemeinschaft angesehen wird. Ausserdem gibt es hier von Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam ein Urteil dazu (Az.:L5B 1362/05 AS ER).

Meine Fragen:
1.Ab wann zählt ein Paar als Bedarfsgemeinschaft, reicht eine gemeinsame Wohnung aus?

2.Muß ich nach so einer kurzen Beziehungsdauer mit getrennten Konten für meine Freundin Finanziel einstehen?

3.Was können wir tun, bzw wie müssen wir uns Verhalten, damit meine Feundin wenigstens die 345€ bekommt um ihre eigenen Kosten zu decken und sich an den Lebensunterhaltkosten ein wenig zu beteiligen?

4.Hat man die Möglichkeit, sich auf das Urteil (siehe oben) zu berufen?

Vielen Dank im Vorraus.

Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Herr Fragesteller,

Ihre Anfragen beantworte ich wie folgt:

Ein Paar wird durch den Einzug in eine gemeinsame Wohnung regelmäßig noch keine Bedarfsgemeinschaft(Ausnahmefall:gemeinsame Kinder oder eventuell auch Schwangerschaft bei Einzug ).

Eine Bedarfsgemeinschaft setzt voraus,dass die Partner einer Beziehung nicht nur in einer Haushalts-und Wirtschaftsgemeinschaft leben,sondern darüberhinaus sich ihre Beziehung derart verfestigt hat,dass Sie füreinander in Krisenzeiten u.ä.einstehen wollen.

Eine derartige Verantwortung füreinander,die über eine reine Liebesbeziehung hinausgeht,nimmt das von Ihnen zitierte Urteil unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bendesverfassungsgesetzes erst dann im Regelfall(d.h.z.B:keine Schwangerschaft/keine Kinder) an,wenn die Partner einer Beziehung geraume Zeit"unter einem Dach" leben.
Diesen Begriff der "geraumen Zeit" setzt das LSG Berlin-Brandenburg mit der Dauer eines Jahres an.
Leben Partner(ohne Kind und ohne Schwangerscahft) demnach ein Jahr zusammen,kann dann aus dieser Zeitdauer (erst) geschlossen werden,dass sie über die reine Liebesbeziehung hinaus gegenseitig wirtschaftliche und persönliche Verantwortung füreinander übernehmen wollen(=Bedarfsgemeinschaft)

Von dieser Rechtsprechung (=LSG und Bundesverfassungsgericht)ausgehend,darf Ihr Einkommen derzeit nicht für die Bedarfberechnung Ihrer Freundin mit herangezogen werden,sondern erst(Ausnahmen s.o.) ein Jahr,nachdem Sie zusammengezogen sind.
Sollte sich das Amt hier streitig stellen,sollte Ihre Freundin für diesen Fall auf die von Ihnen zitierte gerichtliche Entscheidung Bezug nehmen.Da sich dieses vorerwähnte Urteil wiederum auf vom Bundesverfassungsgesetz ausgearbeitete Grundsätze bezieht,gehe ich davon aus,dass auch andere LSG ähnlich entscheiden würden,mithin das schlüssige Urteil aus Berlin-Brandenburg inhaltlich auch überregional verstanden und ausgewertet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dorothee Mertens

Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 14. Januar 2007 | 18:07

Vielen Dank für Ihre schnelle und gut erklärte Antwort.
Noch eine Frage: Gut, die 345 € würde meine Freundin bekommen, wie sieht es denn mit der Hälfte der Miete aus ( stehen beide im Mietvertrag) würde mir diese auch zusätzlich zustehen?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. Januar 2007 | 21:05

Sehr geehrter Herr Fragesteller,
Ihre Freundin kann im Rahmen von HatzIV zusätzlich zum Grundbedarf(=345,--€)Wohnkosten beantragen.Wie hoch diese sein werden ,hängt insbesondere davon ab,ob Qualität und Zuschnitt Ihrer zukünftigen Wohnung zu den geringen Einkünften im Rahmen von Hartz.IV passen. Nur ein Wohnkostenanteil insoweit wird gezahlt.



Mit freundlichen Grüßen

Dorothee Mertens

Rechtsanwältin

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