Fragen wegen Geschäftsführerangelegenheit

13. November 2012 15:54 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ivo Glemser

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin selbständige Bilanzbuchhalterin. Über einen Mandanten kam ein neuer potentieller Mandant auf mich zu, ob ich die Buchführung seiner Firma übernehmen könnte. Wir wurden uns schnell einig und vereinbarten einen Preis in Höhe von Euro 500.- monatlich. Noch bevor ich mit meiner Arbeit angefangen habe wurde ich gefragt ob ich den Geschäftsführerposten übernehmen würde. Ich sagte zu und begann meine Arbeit. Alle Eintragungen über den Notar wurden vorgenommen usw. Das war am 10. September. Gestern habe ich meine Tätigkeit als Geschäftsführer und mit der Buchhführung niedergelegt. Es ist einfach so, dass ich keinerlei Befugnisse hatte, also meinen Job als GF gar nicht ausüben konnte. Ausserdem bin ich immer noch nicht angemeldet, habe keinen Arbeitsvertrag als GF bekommen und bisher auch keinen Lohn. Der Unternehmer nagelt mich nun drauf fest, dass die Rechnung für die Buchführung auch gleichzeitig mit derTätigkeit als GF abgegolten ist. Meines Erachtens ist das nicht richtig. Hinzu kommt dass die Firma, es handelt sich um ein Transportunternehmen, keine gültige Genehmigung besitzt und diese innerhalb sechs Monaten nachreichen muss. Ich sollte diese Fachkundeprüfung bei der IHK machen, bin dafür in die Schule gegangen. Der Unternehmer hat das bezahlt und will nun das Geld von mir zurück. Ist das richtig? Meine Konkreten Fragen lauten: Was kann ich machen damit ich ordentlich als GF abgerechnet werde? Es kann ja wohl nicht sein, dass die Rechnung für die Buchführung auch als Entlohnung für die Tätigkeit als GF gilt. Zweite Frage: Kann der Unternehmer die für mich bezahlten Fortbildungskosten von mir zurück verlangen? Es wurde hierzu nichts vereinbart. Ich sollte diese Fortbildung ja für ihn machen, ich selber kann das nicht verwenden da ich nicht plane mich im Transportwesen selbständig zu machen. Vielen Dank für die Auskunft.

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gern nachfolgend beantworte.

Zu Ihrer ersten Frage:

Nach Ihren Schilderungen kam zwischen Ihnen und der Gesellschaft erst eine Vereinbarung über die Tätigkeit als (selbstständige) Buchhalterin zustande. Anschließend kam es zu einer Vereinbarung, nach der Sie zusätzlich die Tätigkeit der Geschäftsführerin übernahmen.

Dann ist die zunächst die Frage, ob mit der Übernahme der Tätigkeit als Geschäftsführerin ein neuer Vertrag neben dem bestehenden zustande kam oder ob der bereits bestehende Vertrag insoweit abgeändert wurde.

Ich gehe davon aus, dass der erste Vertrag schriftlich abgeschlossen und alles weitere nur mündlich besprochen wurde. Anderenfalls korrigieren Sie mich bitte.

In diesem Fall ließe sich durchaus argumentieren, dass der zuerst abgeschlossene Vertrag unverändert weiter bestehen sollte und über die Tätigkeit als Geschäftsführerin ein neuer, zusätzlicher Vertrag nur mündlich abgeschlossen wurde. Hierfür würden Sie allerdings in einem gedachten Prozess die Beweislast tragen. Ein Indiz wäre zumindest, dass Sie die Geschäftsführertätigkeit tatsächlich ausgeführt haben.

Falls man annähme, der erste Vertrag sei mündlich abgeändert worden, so liegt nahe, dass hiermit konkludent auch die Vergütungsvereinbarung (hinsichtlich der Höhe) aufgehoben wurde. Auch hierfür wären Sie allerdings beweisbelastet.

Dies sind die beiden für Sie günstigen Fälle.

Der ungünstigere Fall, den ein Gericht annehmen könnte, wäre, dass von der ersten Vereinbarung auch die Tätigkeit als Geschäftsführerin abgegolten sein sollte - wie jetzt von der Gesellschaft behauptet. Dies halte ich persönlich für abwegig, weil bei Vertragsschluss die nachfolgenden Umstände ja noch gar nicht bekannt waren. Wie ein Gericht dies im Streitfall beurteilt, kann ich Ihnen nicht mit letzter Sicherheit vorhersagen.

Über die Höhe des Geschäftsführergehalts wurde wohl keine Vereinbarung getroffen worden. Nimmt man zu Ihren Gunsten an, dass eine Vergütungspflicht neben der ersten Vereinbarung besteht, dann greift bezüglich der Frage, ob diese Tätigkeit vergütungspflichtig ist, die Vermutung des § 612 I BGB , und hinsichtlich der Höhe § 612 II BGB (gegebenenfalls jeweils i.V.m. § 675 BGB ). Im Zweifel wäre also die übliche Vergütung als von der Geselschaft geschuldet anzusehen. Welche Vergütung üblich ist, müsste anhand des Umfangs und der Art Ihrer Tätigkeit genauer ermittelt werden.

Diese Vergütung können Sie von der Gesellschaft für die Zeit, in der Sie die Tätigkeit ausgeführt haben, verlangen. Dies betrifft nach Ihren Schilderungen wohl den Zeitraum von 2 Monaten.

Ich empfehle Ihnen, mit der Durchsetzung dieser Ansprüche einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der den Sachverhalt genau mit Ihnen aufklärt und auch die Höhe der üblichen Vergütung ermittelt.

Zu Ihrer zweiten Frage:

Ein Rückzahlung von Fortbildungskosten, die die Gesellschaft trug, kann von Ihnen nur verlangt werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung besteht. Selbst wenn eine solche Vereinbarung besteht, werden an diese gewisse rechtliche Anforderungen gestellt. Ohne eine solche Rückzahlungsvereinbarung müssen Sie die Fortbildungskosten nicht zurück zahlen.

Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.

Bitte beachten Sie, dass meine Antwort nur eine erste Einschätzung darstellt. Dies kann eine persönliche Beratung regelmäßig nicht ersetzen.

Gern dürfen Sie sich zur Durchsetzung Ihrer voraussichtlich bestehenden Ansprüche und zur Abwehr der von der Gesellschaft geltend gemachten Rückforderungszahlung an unsere Kanzlei unter den angegebenen Kontaktdaten wenden.

Mit freundlichen Grüßen

- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 13. November 2012 | 18:18

Es wurde kein Vertrag schriftlich geschlossen. Weder für die Buchführung noch für die Gesellschaftertätigkeit. Einziger Beweis für die Ausführung der Tätigkeit ist die Eintragung im HR, der Ausweis als GF auf den Geschäftsbriefen und das Auftreten beim FA oder sonstigen Geschäftspartnern als GF. Würde das als Beweis ausreichen? Und nachdem kein Gehalt vereinbart wurde, nimmt man dann ein "typisches, gerechtfertigtes" Geschäftsführergehalt an? Und das heisst ja auch im Schlimmstenfall dass die 500.- Euro Vergütung angerechnet werden? 500.- Euro Gehalt für einen GF ist ja wohl blanker Hohn. Ist es denn nicht so, dass ein GF immer Angestellter der Firma sein muss?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. November 2012 | 21:46

Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Auch wenn keine schriftliche Vereinbarung existiert, sehe ich ich Ihre Chancen gut, dass Ihnen ein Anspruch auf eine angemessene (=übliche) Vergütung für Ihre Tätgikeit als Geschäftsführerin zusteht, tendenziell sogar eher besser als wenn zuvor schon eine schriftliche Vereinbarung existiert hätte.

Die Beweismittel für Ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin sollten ausreichen.

Zudem würden im schlimmsten Fall die 500,- € angerechnet werden, ja.

Ein Geschäftsführer kann sowohl Angestellter als auch Vertragspartner eines Dienstvertrags oder Organ der Gesellschaft (=Gesellschafter) sein. Hier kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an.

Ich hoffe, Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt

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