Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Ein Bewerbungsfoto genießt zumindest nach § 72 UrhG
als Lichtbild urheberrechtlichen Schutz. Ein Veröffentlichen im Internet stellt regelmäßig ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG
dar. Es ist daher entscheidend, ob Sie vom Fotografen die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte erworben haben.
Schriftlich wurde nach Ihren Angaben bezüglich der Nutzungsrechte nichts festgehalten. Wurde auch mündlich keine Vereinbarung zum Umfang der Nutzung getroffen, dürfte hier die sogenannte Zweckübertragungslehre ( § 31 Abs. 5 UrhG
) Anwendung finden, die folgendes besagt: Nur das an Rechten wird übertragen, was im Zweifel notwendig ist. Alles andere bleibt beim Urheber.
Dementsprechend hat das LG Köln (Urteil vom 20.12.2006 - Az. 28 O 468/06
) in einem vergleichbaren Fall wie folgt entschieden: Fertigt ein Fotostudio auf Bestellung eines Kunden Portraitfotos an, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Kunde mit Bezahlung der Fotos auch gleichzeitig die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung erlangt hat.
In vorgenannten Fall hatte der Kunde sogar eine CD-Rom mit dem Foto in digitaler Fassung erhalten, dennoch hielt das Gericht dies für nicht ausreichend, um eine Nutzungserlaubnis für die Veröffentlichung zu werblichen Zwecke anzunehmen.
Der Fotograf könnte daher möglicherweise Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzung gegen Sie haben. Andererseits können Sie hier entgegenhalten, dass die Plattform „XING" ja grundsätzlich auch der Bewerbung dient und die Fotos zudem (meines Wissens nach) nur für registrierte Mitglieder sichtbar sind. Sie könnten daher argumentieren, dass die Veröffentlichung noch vom vertraglichen Nutzungszweck „Bewerbungsbilder" umfasst ist. Im Streitfall wäre dann im Endeffekt die Ansicht der Richter entscheidend, wobei u.a. auch eine Rolle spielen wird, was Sie für das Foto bezahlt haben. Es besteht also für beide Seiten ein gewisses Prozessrisiko.
Wollen Sie das Foto auch zukünftig nicht öffentlich nutzen und die verlangte Lizenzgebühr (die natürlich verhandelbar ist) nicht zahlen, dürfte es sich aber anbieten, eine modifizierte Unterlassungserklärung (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) abzugeben, um das Risiko einer kostenpflichtigen Abmahnung bzw. einer einstweiligen Verfügung durch ein Gericht zu umgehen. Wenn Sie Hilfe zum weiteren Vorgehen benötigen, können Sie sich gerne direkt an mich wenden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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