werbliche 'Nutzung' Bewerbungsbilder bei XING

5. Juli 2012 21:20 |
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Medienrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei einem Fotograf habe ich Bewerbungsbilder erstellen lassen. Über Nutzungsrechte wurde ich nicht informiert. Er wurde nur die Bilder im Studio gemacht, ich habe nichts unterschrieben. Es hingen auch keine AGBs im Studio aus.

Für die pdf-Erstellung meines Lebenslaufs für elektronische Bewerbungen habe ich ein Papierbild eingescannt. Dies habe ich auch für wenige Tage bei XING testweise hochgeladen.

Jetzt schickt mir der Fotograf eine Rechnung von 260€ zum Kauf der Veröffentlichungsrechte zu werblichen Zwecken zusammen mit zwei Screenshots im Abstand von 4 Minuten von meiner XING Seite.

Ich habe sofort das Bild von der XING Seite genommen.

Welche tatsächlichen Ansprüche hat der Fotograf?


6. Juli 2012 | 08:26

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Ein Bewerbungsfoto genießt zumindest nach § 72 UrhG als Lichtbild urheberrechtlichen Schutz. Ein Veröffentlichen im Internet stellt regelmäßig ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG dar. Es ist daher entscheidend, ob Sie vom Fotografen die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte erworben haben.

Schriftlich wurde nach Ihren Angaben bezüglich der Nutzungsrechte nichts festgehalten. Wurde auch mündlich keine Vereinbarung zum Umfang der Nutzung getroffen, dürfte hier die sogenannte Zweckübertragungslehre ( § 31 Abs. 5 UrhG ) Anwendung finden, die folgendes besagt: Nur das an Rechten wird übertragen, was im Zweifel notwendig ist. Alles andere bleibt beim Urheber.

Dementsprechend hat das LG Köln (Urteil vom 20.12.2006 - Az. 28 O 468/06 ) in einem vergleichbaren Fall wie folgt entschieden: Fertigt ein Fotostudio auf Bestellung eines Kunden Portraitfotos an, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Kunde mit Bezahlung der Fotos auch gleichzeitig die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung erlangt hat.
In vorgenannten Fall hatte der Kunde sogar eine CD-Rom mit dem Foto in digitaler Fassung erhalten, dennoch hielt das Gericht dies für nicht ausreichend, um eine Nutzungserlaubnis für die Veröffentlichung zu werblichen Zwecke anzunehmen.

Der Fotograf könnte daher möglicherweise Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzung gegen Sie haben. Andererseits können Sie hier entgegenhalten, dass die Plattform „XING" ja grundsätzlich auch der Bewerbung dient und die Fotos zudem (meines Wissens nach) nur für registrierte Mitglieder sichtbar sind. Sie könnten daher argumentieren, dass die Veröffentlichung noch vom vertraglichen Nutzungszweck „Bewerbungsbilder" umfasst ist. Im Streitfall wäre dann im Endeffekt die Ansicht der Richter entscheidend, wobei u.a. auch eine Rolle spielen wird, was Sie für das Foto bezahlt haben. Es besteht also für beide Seiten ein gewisses Prozessrisiko.
Wollen Sie das Foto auch zukünftig nicht öffentlich nutzen und die verlangte Lizenzgebühr (die natürlich verhandelbar ist) nicht zahlen, dürfte es sich aber anbieten, eine modifizierte Unterlassungserklärung (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) abzugeben, um das Risiko einer kostenpflichtigen Abmahnung bzw. einer einstweiligen Verfügung durch ein Gericht zu umgehen. Wenn Sie Hilfe zum weiteren Vorgehen benötigen, können Sie sich gerne direkt an mich wenden.


Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

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