Abtretung ans Finanzamt, trotzdem Kontopfändung

5. März 2012 19:16 |
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Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung


Beantwortet von

Rechtsanwalt Hans-Georg Schiessl

Ich bin selbständig und schulde dem Finanzamt aus Umsatzsteuer und Einkommensteuer ca. 8.000,00 € plus etwa 3.500,00 € Kosten.
Ich habe dem Finanzamt bereits vor einigen Monaten aus freien Stücken zwei Auftraggeber benannt, von denen das Finanzamt durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss monatlich zwischen 600 und 700 € einzieht. Hierdurch habe ich sicherlich meinen Willen zur Regulierung bedingungslos dokumentiert.
Dennoch pfändet das Finanzamt nun auch noch mein Konto (Pfändungsschutz-Konto). Hierdurch ist jetzt die Weiterführung des Geschäftes in Frage gestellt, da mir noch nicht einmal der Betrag zur Deckung der laufenden geschäftlichen Kosten bleibt. (Der Beschluss des Amtsgerichts zur Heraufsetzung des nicht pfändbaren Betrages steht noch aus, da dieser erhöhte Betrag erst noch vom Finanzamt genehmigt werden muss. Zur Zeit steht mir nur der Betrag von 1.028,89 € zur Verfügung.)

1. Darf das Finanzamt auch mein Konto pfänden, wo ich doch bereits freiwillig Provisionen abgetreten habe? Das Pfändungsschutzkonto nützt mir in diesem Fall ja nicht viel, da die Provisionen bereits vorher abgeschöpft werden und mein Konto gar nicht erst erreichen.
2. Gibt es hierzu klare Richtlinien, die das Finanzamt einzuhalten hat und wo kann ich diese finden (z. B. welcher Paragraph oder welches Gericht hat unter welchem AZ hierzu entschieden)?
3. Falls die Pfändungen nur an einer Stelle (z. B. Konto) rechtens sind, wie und mit welcher Frist kann ich die Pfändungen beim Auftraggeber aufheben lassen?

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In der Sache nehme ich Stellung wie folgt:

Zu Ihrer ersten Frage:

Die Pfändung einer Geldforderung des Finanzamts richtet sich nach § 309 AO (Abgabenordnung). Soweit das Finanzamt eine Pfändungsverfügung gegen Sie erlassen hat, kann es die Pfändung gegen Sie betreiben. Die Pfändung kann auch dann erfolgen, wenn Sie dem Finanzamt freiwillige Angaben gemacht haben.

Eine Ausnahme kann nur dann angenommen werden, wenn Sie mit dem Finanzamt eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen haben oder Ihnen auf Ihren Antrag hin die Steuerforderung gestundet wurde.

Ansonsten darf das Finanzamt leider pfänden.

Zu Ihrer zweiten Frage:

Ja, das Finanzamt muss bei der Pfändung Vorschriften beachten. Dies ist zum einen der bereits genannte § 309 AO und zum anderen Abschnitt 41 der VollstrA vom 13.03.1980.

Die Bedeutung der Norm liegt darin, dass sie spezielle Bestimmungen für die Pfändung einer Geldforderung enthält.

Für eine solche Pfändung ist (wie von mir bereits unter Frage 1 angesprochen) eine schriftliche Pfändungsverfügung erforderlich, deren genauer Inhalt in § 309 Abs. 2 S. 2 AO geregelt ist.
Darüber hinaus ist für die Wirksamkeit nach § 119 Abs. 3 AO erforderlich, dass die pfändende Behörde erkennbar ist und eine Unterschrift eines zuständigen Beamten erfolgt. (Hingegen ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Pfändungsverfügung eigenhändig von einem Vollstreckungsbeamten unterschrieben wird.)

Der BFH hat hierzu entschieden, dass es zulässig ist, wenn alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aufgrund des Geschäftsverhältnisses gepfändet werden (BFH Urteil vom 20.12.1983).

Das Finanzamt kann daher zugleich in mehrere Bankverbindungen und auch bei mehreren Gläubigern pfänden.


Zu Ihrer dritten Frage:

Wie unter der zweiten Frage angesprochen, so ist die Mehrfachpfändung des Finanzamts leider rechtmäßig.

Die Pfändungsverfügung des Finanzamts ist ein Verwaltungsakt.

Deswegen ist gegen die Pfändungsverfügung der Einspruch nach § 347 AO eröffnet.

Diese Möglichkeit gilt sowohl für Sie als den Vollstreckungsschuldner, als auch für den Drittschuldner, also Ihre Auftraggeber. Einstweiliger Rechtsschutz kommt in Betracht durch Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO bzw. § 69 FGO oder einen Antrag nach § 258 AO .

Ich bedaure Ihnen keine angenehmere Mitteilung machen zu können.

Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen einen ersten Überblick verschafft zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Georg Schiessl
Rechtsanwalt
 

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