Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Die Kündigung (Austritt) eines Gesellschafters ist gesetzlich nicht geregelt. Sie ist aber zulässig, sofern dafür ein wichtiger Grund vorliegt. Das gilt auch, wenn die Satzung (Gesellschaftsvertrag) dazu keine Regelung enthält. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund darf in der Satzung auch nicht unzumutbar eingeschränkt werden.
Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist das Ergebnis einer Gesamtabwägung zwischen dem Individualinteresse des kündigenden Gesellschafters und dem Interesse der übrigen Gesellschafter. Im einzelnen Fall sind die aus der besonderen Gesellschaftsart, aus dem Gesellschaftszweck, der Stellung und den persönlichen Beziehungen der Gesellschafter sich ergebenden Umstände und alle sonstigen Begleitumstände zu würdigen. Ein wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn dem kündigenden Gesellschafter nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Gesellschaft – gegebenenfalls bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin – nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund kann z.B. dann vorliegen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern nachhaltig gestört ist oder die gemeinschaftliche Verfolgung des Gesellschaftszwecks aus anderen Gründen nicht mehr möglich erscheint. Dies könnte bei Ihnen nach Ihrer Schilderung durchaus der Fall sein, ohne Kenntnis aller Details kann dies aber natürlich nicht abschließend beurteilt werden.
Kündigt ein Gesellschafter aus wichtigem Grund, verläuft sein Austritt in zwei Schritten:
Zuerst erklärt der Gesellschafter seine Kündigung und damit einseitig seinen Austritt gegenüber der GmbH. Dies kann fristlos geschehen, wenn Ihnen weiteres Abwarten aufgrund der Vorfälle nicht zugemutet werden kann. Bezüglich der Formalien sollten Sie sich an das halten, was bezüglich der ordentlichen Kündigung vereinbart wurde.
Anschließend wird aufgrund der Kündigung der Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters gegen eine Abfindung entweder von der Gesellschaft eingezogen (vernichtet) oder an eine von der Gesellschaft bestimmte Person abgetreten.
Enthält die Satzung keine Regelung über die Kündigung eines Gesellschafters, verliert der Kündigende seine Gesellschafterstellung (und damit Stimm- und Gewinnbezugsrecht) daher nicht bereits dann, wenn die Kündigung wirksam wird. Vielmehr muss die Gesellschaft für den Verlust der Gesellschafterstellung und damit das Ausscheiden des Gesellschafters den dinglichen Vollzug herbeiführen, also für die Einziehung oder Abtretung des betreffenden Gesellschaftsanteils sorgen. Die Mitgliedschaft für den kündigenden GmbH-Gesellschafter endet also nicht schon mit dem Zugang seiner Kündigungserklärung oder mit ihrem Wirksamwerden zum Kündigungstermin. Der Gesellschafter ist vielmehr erst dann aus der GmbH ausgeschieden, wenn er seinen Anteil dinglich wirksam – also notariell (§ 15 Abs. 3 GmbHG
) – abgetreten hat oder wenn dieser von den übrigen Gesellschaftern wirksam eingezogen (§ 34 GmbHG
) wurde. Erfolgen Einziehung oder Abtretung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach der Kündigung, kann der austrittswillige Gesellschafter auf Auflösung der GmbH klagen. Es kann aber auch in der Satzung geregelt werden, dass der kündigende GmbH-Gesellschafter seinen Geschäftsanteil – wie bei einer OHG oder einer KG – automatisch zum Termin des Wirksamwerdens seiner Kündigung verliert (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.2003 – II ZR 326/01
).
Ist der „wichtige Grund" für die Kündigung von den anderen Gesellschaftern zu vertreten, etwa durch deren Verhalten, ist der kündigende Gesellschafter vor finanziellen Einbußen zu schützen. Daher kann der ausscheidende Gesellschafter eine Abfindung zum vollen wirtschaftlichen Wert seines Geschäftsanteils beanspruchen, sofern aus der Satzung nichts anderes hervorgeht. Liegt dagegen der „wichtige Grund" beim kündigenden Gesellschafter, muss er ggf. Einbußen hinnehmen. Durch die Satzung dürfen diese Abfindungsgrundsätze nicht so eingeschränkt werden, dass die Freiheit zum Austritt in erheblicher Weise beeinträchtigt wird.
In der Satzung können die meisten dieser Punkte aber auch abweichend geregelt sein. Bitte beachten Sie auch die den ausscheidenden Gesellschafter treffende Steuerlast gemäß § 17 EStG
, die regelmäßig unabhängig von der Auszahlung der Abfindung mit dem Wirksamwerden des Austritts einsetzt. Schon aus diesen Gründen kann ich Ihnen nur anraten, vor der Kündigung einen auf Gesellschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwalt vor Ort mit der ordnungsgemäßen Kündigung zu beauftragen. Dieser kann dann unter Durchsicht aller Unterlagen auch überprüfen, ob es evt. andere, für Sie günstigere Gestaltungsalternativen gibt.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
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Rechtsanwalt Jan Wilking
Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe nur eine Frage zur erwähnten Steuerlast. Wenn die Abfindung für die Anteile unter dem ursprünglichen Kaufwert bzw. Stammkapitalwert der Anteile liegt, muss ich wahrscheinlich mit keiner Steuerbelastung rechnen weil kein Gewinn vorliegt, richtig? In meinem Fall handelt es sich um Beträge unter 5000€. Vielen Dank
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
§ 17 EStG
betrifft den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, also nur den Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen