Starre Frist - ja oder nein? Und Abgeltungsklausel im MV

4. November 2011 10:53 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


18:31

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Mietvertrag lief vom 01.09.2010 bis 30.10.2011. Also knapp über ein Jahr. Die Wohnung wurde teilweise in hellen Pastellfarben gestrichen ( vanilla-gelb / apricot )

Bei der Vorabnahme teilte man mir mit, dass ich verpflichtet wäre, die ganze Wohnung weiß zu streichen, was ich aufgrund der neuen BGH-Rechtsprechung verweigerte.

In meinem Mietvertrag wurden folgende Klauseln vereinbart:

-Der Mieter hat die Schönheitsreparaturen fachgerecht auszuführen...

-Die Schönheitsreparaturen sind regelmäßig nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:...alle 5, 8 und 10 Jahre.. ( starre Frist ! )

Lässt der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der Fristen zu oder erfordert er eine Verkürzung, so ist das Wohnungsunternehmen berechtigt, nach billigem Ermessen die Fristen zu verlängern oder zu verkürzen..

Nun die Frage: Genügt dieser Nachsatz, um die Starre Fristenregelung aufzuweichen oder nicht? Die Fristen wären nach meiner kurzen Mietdauer doch noch gar nicht angefallen?

Folgende Abgeltungsklausel steht auch noch im MV:

Sind Schönheitsreparaturen noch nicht fällig,
..hat der Mieter einen Kostenanteil zu tragen...Zur Berechnung werden die Kosten einer umfassenden und fachgerechten Schönheitsreparatur zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses ermittelt. Der Anteil entspricht dem Verhältnis zwischen den vollen Fristen und den seit der Ausführung vergangenen Zeiträumen..

Hätte ich nun die Wohnung streichen müssen, oder sind die Formulierungen ungültig und es hätte gereicht, die Wohnung besenrein zu übergeben? Ist das Wohnungsunternehmen nun berechtigt, meine Kaution für Schönheitsreparaturen zu verwenden?
Zur Schlußrenovierung steht nichts im Mietvertrag.

Vielen Dank für eine Antwort ( bitte mit Urteilen/ Paragraphen, damit ich dem Wohnungsunternehmen fundiert zurückschreiben kann.. Danke !!!

4. November 2011 | 11:42

Antwort

von


(1245)
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Sehr geehrte(r) Fragesteller(in)

die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:

Aufgrund der Formulierung „regelmäßig" kann man keine starren Fristen annehmen. Weiterhin behält sich der Vermieter zugunsten des Mieters vor, die Fristen auch zu verlängern.

Allerdings kann man Sie nicht verpflichten, die Wohnung weiß zu streichen.

Die Formulierung innerhalb einer Schönheitsreparaturenklausel nach der das „Streichen […] innerhalb der Mieträume in neutralen Farbtönen" zu erfolgen hat, verpflichtet den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl, schränkt die Gestaltungsfreiheit seines persönlichen Lebensbereichs ein und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, BGH, Urteil vom 18. Februar 2009, Az: VIII ZR 166/08 ).

Schon die die Fristen sehen aber Zeitabstände von 5, 8 und 10 Jahren vor.

Sie haben lediglich 1 Jahr in der Wohnung gewohnt und mussten daher nicht renovieren. Insbesondere musste die dezenten Farben nicht überstrichen werden.

Dem Vermieter obliegt die Nachweispflicht, dass die Wohnung ansonsten nach dem einen Jahr schon derart von Ihnen abgewohnt war, dass sie renovierungsbedürftig war.


Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Sie können sich gern im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir in Verbindung setzen.


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

Rückfrage vom Fragesteller 5. November 2011 | 16:27

Vielen Dank, Ihrer Meinung nach hätte ich also nicht renovieren müssen. Bitte prüfen Sie noch, ob die oben genannte Formulierung der Abgeltungsklausel gültig ist.Demnach müsste ich dann nämlich ca ein Fünftel der Kosten für einen kompletten Wohnungsanstrich zahlen.
Muss der Vermieter mir dann die Rechnung für den Maler nachweisen? Oder mir auch die Möglichkeit geben, ein günstigeres Angebot einzuholen? Oder darf er einfach streichen lassen und mit meiner Kaution verrechnen?

Ich sehe den Mieter hier in sofern benachteiligt, dass der Vermieter laut Vertragsklausel das Recht hat, die Fristen nach billigem Ermessen zu verkürzen. Gebrauchsspuren sind vorhanden, wir haben 2 kleine Kinder. Kann ich insofern auf die Abgeltungsklausel pochen; sprich nur den Zeitanteil der fälligen Fristen bezahlen zu müssen? Oder kann der Vermieter nach seinem Ermessen mir die Ganze Rechnung aufbrummen?

Eine letzte Sache noch:
Ich bin davon ausgegangen, dass ich nicht hätte streichen müssen. Ich habe dann auf Wunsch der Nachmieter doch 2 Räume wieder weiß gestrichen.
Allerdings erscheint das dem Wohnungsunternehmen nicht Profimäßig genug. ( Leichte Pinselspuren an der Decke).. Wie verhält es sich nun? Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen mich mit den Kosten für einen Komplettanstrich belasten möchte ( zumindest zeitanteilig)..Kann ich dann die von mir selbst geweißten Räume wieder abziehen? Schließlich heißt "fachgerecht" streichen doch: mittlerer Art und Güte?

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dort noch gestrichen wird, da der Nachmieter direkt die Schlüssel bekommen hat. Habe ich ein Recht darauf, die Rechnung zu sehen? Oder kann der Vermieter auch fiktiv Kosten ansetzen, obwohl nicht mehr gestrichen wurde??

Danke für Ihre Mühe!!!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. November 2011 | 18:31

Sehr geehrter Fragesteller,

gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:

In Ihrem Fall liegt eine sogenannte Quotenabgeltungsklausel vor, die im Ergebnis unwirksam ist.

Daher muss auch keine entsprechend prozentuale Abgeltung erfolgen.

Das, was Sie gestrichen haben, kann nicht zurückgefordert werden. Sie müssen aber keine weiteren Arbeiten vornehmen und auch keine Kosten mehr tragen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Steffan Schwerin
Rechtsanwalt

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