Bafög-Amt: Anerkennung von Einmalzahlungen als faktische Unterhaltsleistung

| 13. Oktober 2011 08:34 |
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Sozialrecht


Beantwortet von

Hintergrund
Ich wurde in 2008 ( nach rd. 25 Ehejahren ) geschieden; Alter von meiner Ex und mir seinerzeit rd. 57 Jahre.

In dem Scheidungsverfahren wurde von meiner Ex laufender Unterhalt gefordert. Auf Anregung des vorsitzenden Richters wurde in dem Verfahren die Auseinandersetzung ( teilweise strittige laufende Forderungen, aber insb. zum nachehelichen Unterhalt bis zur Rente meiner Ex ) mit einer pauschalen Abgeltung von TEU 70 abgeschlossen und auch so durchgeführt. Eine genaue Aufteilung im Urteil gibt es nicht, da es ja Sinn der Einigung war pauschal eine Lösung zu finden ( Schwerpunkt war aber der nacheheliche Unterhalt ). Dieser Betrag entspricht – umgelegt auf einen Restzeitraum bis ca. zum 65ten Lebensjahr meiner Ex( Rentenbeginn ) - einer monatlichen Zahlung von rd. Euro 800.

Unser ( inzwischen volljähriger ) Sohn geht, nach einigen kleinen Umwegen, wieder zur Schule. Um seinen Unterhalt zu finanzieren hat er einen Bafög-Antrag gestellt, der aber abgelehnt wurde. Das Amt weist die Unterhaltspflicht komplett mir zu, da es den Unterhaltstransfer in Form der o.g. Einmalzahlung nicht anerkennt ( Argument des Amtes telefonisch eingeholt: dies war eine freiwillige Leistung ). Dem Amt hatte ich die entsprechenden Passagen aus dem Scheidungsurteil mit dem o.a. Ausgleichsbetrag anlässlich des Bafög-Antrages zur Verfügung gestellt; es hat die Unterhaltverpflichtung auf Basis aktueller Einkommensteuerbescheide – aber ohne Berücksichtigung des geschilderten Transfers, der ja in den aktuellen Einkommensteuerbescheiden keinen Nachhall findet - berechnet.

Bei einer Diskussion über die Aufteilung der Unterhaltsverpflichtung unter Berücksichtigung der tatsächlich geflossenen Zahlungen geht meine Ex auf Tauchstation und verweigert die Anerkennung des oben kurz geschilderten faktischen Unterhaltstransfers. Motto: das Amt hat entschieden, das gilt.

Mein zentrale Frage:
Wie ist meine Rechtsposition bzw. welche Chance habe ich, dass der faktisch vorgenommene Unterhaltstransfer auch als solcher Anerkennung findet bei der Berechnung bzw. Aufteilung von Unterhaltpflichten unserem Sohn gegenüber?
Was kann ich sinnvollerweise unternehmen?

13. Oktober 2011 | 10:10

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

gern beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes wie folgt:


In Ihrem Fall müssen zwei Problempunkte unterschieden werden.

Zum einen die Berechnung Ihres Unterhaltsanteiles bzgl. Der Unterhaltspflicht gegenüber Ihrem Sohn – auf der anderen Seite die Unterhaltspflicht der Mutter Ihres Sohnes, die sich wegen des anscheinend nicht angerechneten Unterhaltsanteiles wegen Ehegattenunterhalt verringert.

Der Unterhaltsanspruch Ihres Sohnes gegenüber Ihnen berechnet sich aus Ihrem bereinigten Nettoeinkommen.
Dies ergibt sich aus Ihrem Nettoeinkommen abzüglich berücksichtigungswürdiger Schulden, berufsbedingter Aufwendungen, Vorsorgeaufwendungen und vorrangiger Unterhaltspflichten.

Bei der nachehelichen Unterhaltszahlung an Ihre Frau im Rahmen des Scheidungsbeschlusses handelt es sich gem. § 1609 BGB nicht um eine vorrangige Unterhaltsverpflichtung. Daher spielt diese Zahlung im Rahmen der Ermittlung Ihres bereinigten Nettoeinkommens keine Rolle.

Da ich davon ausgehe, dass Ihr Sohn bereits volljährig ist, erhält er jedoch Unterhalt in Form eines Geldbetrages von beiden Elternteilen. Der jeweilige Anteil eines Elternteiles ergibt sich aber aus einem Verhältnis, was die Einkommen der Eltern wiederspiegelt.

Ihr Unterhaltsanteil verringert sich also, wenn sich der Unterhaltsanteil der Mutter erhöht – und dieser hängt von dem Einkommen der Mutter ab.

Zum unterhaltsrelevanten Einkommen werden alle tatsächlichen Einnahmen gezählt. Darunter fallen bei der Mutter auch die von Ihnen im Rahmen einer Einmalzahlung geleisteten Ehegattenunterhaltszahlungen.

Wenn nun das BAföG-Amt diese Zahlung nicht berücksichtigt, fällt der Anteil der Mutter bei der Unterhaltsberechnung weitaus geringer aus.

Wenn die außergerichtliche Geltendmachung Ihrer Einwände in Bezug auf die Einmalzahlung keinen Erfolg hat, so haben Sie folgende Möglichkeiten:


Sie können die Mutter einerseits auf Auskunft über Ihr Einkommen in Anspruch nehmen.

Nach § 1605 BGB haben Verwandte, die sich einander Unterhalt gewähren müssen, Anspruch auf Auskunft über Ihre Einkommensverhältnisse. Dieser Anspruch ist auch gegenüber Dritten, (Ihrer Ex-Frau) anerkannt, wenn diese Auskunft zur Ermittlung der notwendigen Informationen relevant ist.

Zur Ermittlung Ihres Unterhaltsanteiles ist das Wissen um das Einkommen Ihrer Ex-Frau relevant – daher besteht dieser Auskunftsanspruch.

In einem solchen Verfahren würde dann festgestellt werden, dass jene Einmalzahlung als Einkommen zu werten ist.


Die andere Möglichkeit wäre, eine Feststellungsklage gegen Ihre Ex-Frau anzustrengen.
Bei Ihnen besteht ein feststellungswürdiges Interesse, wie die Einmalzahlung zu werten ist.
Demnach wäre auch eine solche Klage zulässig.

Zuvor sollten Sie die Mutter noch unter Fristsetzung auffordern, zu erklären, dass es eine Einmalzahlung gegeben hat und dass diese Ersatz für monatliche Unterhaltszahlungen bis zu Rentenalter darstellte.

Erklärt Sie dies nicht Ihnen gegenüber oder direkt gegenüber dem BAföG-Amt, so sollten Sie klageweise vorgehen.

Ich hoffe, ich habe Ihnen mit der Beantwortung weiter geholfen.






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Rechtsanwalt Mathias Drewelow
Fachanwalt für Familienrecht

Rückfrage vom Fragesteller 13. Oktober 2011 | 11:14

Sehr geehrter Herr RA Drewelow,

Sie haben mir mit ihrer ausführlichen und schnellen Antwort sehr geholfen; vielen Dank.

Da noch für einige Jahre Unterhalt ansteht ( bin ja grundsätzlich zur Zahlung bereit und willig; und zahle auch schon ), ist die Sache für mich von grundsätzlicher Bedeutung. Ich werde also die von ihnen beschrieben Möglichkeit b)
( Aufforderung....unter Fristsetzung...,dass es eine Einmalzahlung gegeben hat ...) beschreiten; das werde ich direkt brieflich machen.

Frage:
Wird es bei der Feststellungsklage nicht Probleme geben, da der erwähnte Pauschalbetrag
im Urteil nicht genau spezifiziert ist, sondern pauschal in Erledigung diverser Aktenzeichen erfolgte?

Wenn ich sie dann ggfls. mit einer Vertretung beauftragen würde, wäre das ein Problem w/ Standort Frankfurt/ Main?) und mit welchen Kosten müsste ich rechnen?
Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Oktober 2011 | 16:43

Sehr geehrter Fragesteller,

vermutlich kann zur Auslegung über die Frage nach dem Grund für die Zahlung des Pauschalbetrages auch das Protokoll über die mündliche Verhandlung herangezogen werden.
Hier ist dann unter Umständen Argumentation oder der der mündlichen Verhandlung gefragt.

Was Ihre weitergehenden Fragen angeht, so werde ich mich mit Ihnen in einer gesonderten Mail in Verbindung setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Mathias Drewelow
(www.mv-recht.de)

Bewertung des Fragestellers 13. Oktober 2011 | 11:21

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