Übergehen bei Beförderung, Beamtenrecht

1. Mai 2006 15:34 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Christian Kah

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr!
Seit nahezu 25 Jahren bin ich als Studienrätin im Hessischen Schuldienst tätig. Stets habe ich über mein berufliches Soll hinaus gehend Aufgaben übernommen. Als junge, über das Maß engagierte Kollegin, teilte mir mein ehemaliger Schulleiter, wenn es um Beförderungen ging, mit, dass erst die älteren Kolleginnen und Kollegen dran seien. Insgesamt habe ich mich mehrmals beworben, ohne berücksichtigt worden zu sein. Jetzt, mittlerweile 50 geworden, muß ich unter einem anderen Schulleiter erfahren, dass eine jüngere Kollegin befördert wird, die bei weitem noch nicht so viele Berufsjahre hinter sich hat, geschweige an Erfahrung. Ich fühle mich zutiefst ungerecht behandelt und bin nun bereit, einen gerichtlichen Weg zu gehen.
Wie muß ich vorgehen? Welche Erfolgschancen habe ich? Gibt es Gerichtsurteile, die ich einsehen kann?

Mit freundlichen Grüßen
Eine schwer enttäuschte Lehrerin

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Über das Instrument der Beförderung wird das Fortkommen der Beamten im beruflichen Werdegang abgesichert, aber auch dem Dienstherren die Möglichkeit der Per­sonalsteuerung und des Personaleinsatzes gegeben.

Nach Artikel 33 Abs. 5 GG ist bei der Entscheidung über eine Beförderung das Leistungsprinzip zu beachten. Die Auslese im Beförderungsverfahren hat danach nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Abstammung, Glauben, Rasse, Geschlecht, religiöse oder politische An­schauung und Herkunft oder Beziehungen zu erfolgen.

Zentrale Bedeutung hat insoweit die dienstliche Beurteilung, die entweder in regelmäßigem zeitlichen Abstand als Regelbe­urteilung eingeholt wird oder aber als Bedarfsbeurteilung immer dann erstellt wird, wenn dienstliche oder persönliche Bedürfnisse hiernach bestehen.

Der Beurteilungsspielraum des Dienstherren schließt aber in der Regel auch einen direkten Anspruch des Beamten auf Beförderung aus.

Daraus ergibt sich für Ihren Fall, dass ein Anspruch auf Beförderung grundsätzlich nicht besteht.

Sie haben aber einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über Ihre Bewerbung.

Diese Ermessensentscheidung hat alle oben genannten Kriterien zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.

Im Hinblick auf den Rechtsschutz gegen eine negative Beförderungsentscheidung sollte dringend beachtet werden, dass ein Widerspruch gegen die Beförderungsentscheidung keine aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Beförderung der Konkurrentin hat.

Soweit Sie also einen Antrag auf Beförderung eingereicht haben und dieser abgelehnt wurde, konnen Sie gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen und sollten zugleich einen Eilantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim zuständigen Verwaltungsgericht stellen. Soweit die konkurrierende Kollegin aber bereits ernannt ist, hat dies im Hinblick auf die konkrete Stelle keinen Sinn mehr.

Zusammenfassend, haben Sie verwaltungsrechtlich nur Chancen, soweit ein Beförderungsantrag abegelehnt wurde, die Behörde diese Entscheidung ermessensfehlerhaft erlassen hat und die Stelle noch nicht anderweitig vergeben wurde.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Beförderung "von Amts wegen" gibt es leider nicht, so dass hier auch keine gerichtliche Geltendmachung möglich ist.


Ich hoffe, Ihre Anfrage hinreichend beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Christian Kah
-Rechtsanwalt-

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Rückfrage vom Fragesteller 1. Mai 2006 | 16:16

Vielen Dank für Ihre prompte Antwort. In meinem Fall ist es noch nicht zu spät. Bitte sagen Sie mir, was ich unter dem Begriff "ermessensfehlerhaftes Erlassen einer Entscheidung" zu verstehen habe. Für mich klingt das sehr schwammig und offen für Interpretationen.

Danke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Mai 2006 | 17:53

Die Entscheidung über die Beförderung eines Beamten liegt im sogenannten pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Der jeweilige zu befördernde Bewerber nach Eignung, fachlicher Leistung und Befähigung (sog. Leistungsgrundsatz) auszuwählen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 11.04.2001 - 3 BS 84/01 -, SächsVBl. 2001, 196 ff.; OVG Schleswig, Beschluss vom 01.02.1996 - 3 M 89/95 - NVwZ 1996, 806 m. w. N.; vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 04.07.1995 - 2 EO 27/94 - und vom 15.12.1998 - 2 EO 319/98 -). Das Merkmal "fachliche Leistung" beschreibt die (fachliche) Bewährung in der Praxis; bei der "Befähigung" wird abgestellt auf die durch Ausbildung und in anderer Weise (z. B. berufliche Erfahrung) erworbenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Die "Eignung" im engeren Sinne schließlich umfasst weitere Gesichtspunkte, auf die generell oder nach den Erfordernissen des Beförderungsamtes abzustellen ist, wie persönlichkeitsbildende, intellektuelle oder charakterliche Fähigkeiten.

Der Dienstherr verfügt dabei für die Einschätzung der Eignung, fachlichen Leistung und Befähigung über eine Beurteilungsermächtigung, die nur beschränkt gerichtlicher Prüfung zugänglich ist, nämlich nur insoweit, als der Dienstherr den gesetzlichen Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt hat, er von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet hat und schließlich sachfremde Erwägungen unterlassen hat.

Der jeweilige Bewerber für ein Beförderungsamt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr das ihm bei der zu treffenden Entscheidung zustehende Auswahlermessen unter Einhaltung etwaiger Verfahrensvorschriften fehlerfrei ausübt (Bewerbungsverfahrensanspruch). Dabei bleibt es der Entscheidung des Dienstherrn letztlich überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen er das größere Gewicht beimisst. Die Auswahlkriterien als solche sind durch die Verfassung vorgegeben. Der Dienstherr ist verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen, zu gewichten und seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.

Dies ist dann gerichtlich nachprüfbar.

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