Richtigstellung einer falschen Vermutung, polizeiliche Vorladung

| 5. September 2010 13:28 |
Preis: 80€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Strafrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Rechtsanwältin, sehr geehrter Rechtsanwalt,

ich benötige eine umfangreiche Auskunft, eine Empfehlung, wie ich mich verhalten soll.

Zur Sachlage :

Vor etlichen Jahren hatte ich den Verdacht, dass mein Mann mich betrügt. Er war im Außendienst tätig.
Ich legte ihm heimlich ein Diktiergerät ins Auto, um evtl. Telefonate
mithören zu können, speicherte sie auf meinen PC und hörte sporadisch rein, was er während seiner Arbeitszeit so "trieb".
Ich weiß, dass ich mich strafbar gemacht habe.

Nach etlichen Monaten hörte ich, dass er sich mit einer Frau verabredete.
Mein Mann hatte jedoch diesbezüglich eine "Amnesie", es folgte eine heftige Ehekrise.
Ich gestand meinem Mann, dass ich ihn abgehört habe.

Er forderte mich auf, die gesamten Aufzeichnungen genauestens anzuhören, es würde nichts geben, was ihn des Ehebruchs überführen könne.
Die Aufnahmen waren ausschließlich von sehr schlechter Qualität, ich muss zugeben, dass Vieles phonetisch nur zu erahnen war.

Aus einigen kurzen Wortfetzen m e i n t e ich etwas von " Todeskampf ", " betäubtem Mädchen" zu hören..., also kurze Sätze, die mich sehr beunruhigt haben und evtl. auf einen sexuellen Missbrauch deuten k ö n n t e n .

Nach jahrelangem Hin und Her habe ich mich vor einigen Wochen
p r i v a t an einen Kriminologen in einer entfernten Stadt gewandt und ihn per Mail gebeten, ob er mir/uns einen Phonetiker nennen könne, der die undeutlichen Aufnahmen qualitativ verbessern könnte.
Ich schrieb ihm die Texte, die ich m e i n t e zu hören.
Es handelte sich also nicht um eine Anzeige, meine Mail war auf den Punkt ratsuchend formuliert.

Ich habe diesem Kriminologen auch sehr viel Privates geschrieben, u.a...., dass mein Mann mich am Anfang unserer Ehe ( vor ca. 30 Jahren ) im betrunkenen Zustand einmal sexuell missbraucht hatte.

Am nächsten Tag rief der Kriminalbeamte bei uns an, wollte absolut nicht mit mir sprechen, sondern nur mit meinem Mann.
Er äußerte die Vermutung, dass ich unter "pathologischer Eifersucht" leiden könnte, teilte meinem Mann jedoch mit, dass er die Mail an die für uns zuständige Polizeibehörde weiterleiten würde.
So könne er das nicht stehen lassen, die Vergewaltigung vor vielen Jahren etc.pp.
Er äußerte sich abschließend so, dass er nicht wisse, wie die Kollegen auf dieses Schreiben reagieren würden, bzw., ob die sich überhaupt melden würden.

Mir war das Ganze plötzlich wahnsinnig peinlich und unangenehm, ich schämte mich in Grund und Boden und vernichtete sämtliche Kassetten mit den Aufzeichnungen.

An diesem Tag war mein Mann dann endlich zu einer Aussprache bereit, er klärte die ganzen Situationen.
Ehebruch ja, Kriminelles...nein.
Wir versöhnten uns und wir dachten schon gar nicht mehr an meine, vor Wochen, geschriebene Mail.

Gestern bekam ich unangenehme Post, eine Vorladung als Zeugin bei der Polizei wegen "möglicher strafbarer Handlungen".

Da ich keinerlei Aufzeichnungen mehr habe, kann ich also nicht beweisen, dass mein Verdacht schon begründet war, sich jedoch nicht bestätigte.

Ich werde nicht zu dieser Vorladung gehen !!!!!, ich schäme mich für meine schlimmen Verdächtigungen.

Meine konkreten Fragen :

1. Kann ich bestraft werden, weil ich heimlich abgehört habe ( ist 7 Jahr her ).

2. Kann mein Mann bestraft werden, weil er vor 30 Jahren meinen betrunkenen Zustand ausgenutzt hat ?

3. Ist es strafbar, weil ich etwas vermutet habe was nicht stimmt ?

4. Wie könnte ich einen kurzen Brief an den Ansprechpartner der Polizei formulieren, damit diese peinliche Angelegenheit ohne Wenn und Aber vom Tisch ist.
DAS IST DAS WICHTIGSTE !

Für eine kompetente Auskunft sage ich vorab DANKE.

Mit freundlichen Grüßen

Eliza






5. September 2010 | 17:12

Antwort

von


(517)
Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:

Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf der Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Schilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Nachfolgend nehme ich zu der/den von Ihnen gestellten Frage(n) Stellung, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Zu Frage

1. Kann ich bestraft werden, weil ich heimlich abgehört habe ( ist 7 Jahr her ).

Zu dieser Frage gibt es nachfolgendes auszuführen:

Die entsprechende Regelung ist § 201 StGB (Strafgesetzbuch); „Verletzungen des Rechts am eigenen Wort".

§ 201 Abs.1 Strafgesetzbuch stellt die Verwendung eines Tonaufnahmegerätes oder Abhörgerätes unter Strafe, wenn dies dazu dient, sich von einer nicht öffentlichen und nicht für denjenigen zur Kenntnisnahme bestimmten Äußerung, Kenntnis zu verschaffen. Die Strafdrohung beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bzw. bis zu 360 Tagessätzen Geldstrafe.

Dabei ist zu beachten, dass § 201 Abs.1 StGB die Vornahme von Tonaufzeichnungen eben nur dann unter Strafe stellt, wenn die entsprechende Äußerung "nicht öffentlich" erfolgt bzw. auch nicht gegenüber demjenigen, der die Tonaufzeichnung vornimmt, getätigt wird. Erfasst wird durch diese Strafbestimmung somit das Abhören von Gesprächen, an denen der Aufzeichnende gar nicht teilnimmt. Das Aufzeichnen von Äußerungen, die ohnehin an denjenigen gerichtet sind, der die Tonaufzeichnung vornimmt, ist hingegen nach § 201 Abs.1 StGB nicht strafbar. Gibt der Aufzeichnende allerdings die so erlangten Tonaufnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen an einen Dritten weiter, für den diese nicht bestimmt sind, verstößt er gegen § 201 Abs. 2 StGB .

Kurz gefasst: Gerichtlich strafbar ist es, Tondokumente von Äußerungen herzustellen, die gar nicht an denjenigen gerichtet waren, der die Aufzeichnung vornimmt (sog. "Abhören" fremder Gespräche). Auch strafbar ist die Weitergabe von Tondokumenten an Dritte ohne Einwilligung des Betroffenen.

Demzufolge haben Sie mit der Verwendung des Diktiergerätes und dessen aktiver Einlagerung im Fahrzeug zur Abhörung der Telefonate mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegen diese Vorschrift verstoßen.

§ 201 Abs.2 a StGB verfolgt hingegen Verstöße gegen das Übertragungsgeheimnis im Bereich der Telekommunikation und bestraft die Aufzeichnung, Weitergabe und Veröffentlichung von Telekommunikationsnachrichten, welche nicht für denjenigen bestimmt sind, der die Aufzeichnung vornimmt.

Sämtliche Begehungsformen des § 201 StGB sind sogenannte Antragsdelikte, was bedeutet, dass eine Verfolgung des Täters nur auf Antrag des Tatopfers stattfindet (§ 205 StGB ).

Für die Verfolgung der Straftat ist demnach ein Strafantrag (§§ 77 ff. StGB ) erforderlich. Diesen Strafantrag kann bzw. müsste Ihr Ehemann stellen, damit überhaupt die Strafverfolgung gegen Sie eingeleitet werden kann. Da ich davon ausgehe, dass dies nicht erfolgt ist, bzw. erfolgen wird, scheidet eine Verfolgung der Straftat durch die Staatsanwaltschaft zunächst aus.

Darüber hinaus ist die Verjährung zu berücksichtigen, da die Tathandlung nach Ihren Angaben bereits 7 Jahre zurück liegt. Die Verjährung von Straftatbeständen regelt § 57 StGB .

Auszug:
Abs. 2; Die Strafbarkeit anderer Taten erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört.

Gemäß Abs. 3 gilt für § 201 StGB die Verjährung von fünf Jahren nach der Tathandlung, dann wenn die Handlung mit mehr als einjähriger, aber höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist.

Für § 201 StGB beträgt der Strafrahmen höchstens 3 Jahre, sodass nach Ablauf nach 5 Jahren nach Tatzeitende die Straftat und dessen Verfolgung verjährt ist, da der Sachverhalt nach Ihren Angaben bereits 7 Jahre zurück liegt.

Daher kann insgesamt unter Berücksichtigung Ihres Sachverhaltes festgestellt werden, dass eine Strafbarkeit nach § 201 StGB nach hiesiger Auffassung aufgrund der Verjährung und der erforderlichen Antragstellung ausscheidet.

Zur Frage

2. Kann mein Mann bestraft werden, weil er vor 30 Jahren meinen betrunkenen Zustand ausgenutzt hat?

Hier ist auch die Verjährung, unabhängig einer möglichen Strafbarkeit, zu berücksichtigen.Der Strafrahmen sieht regelmäßig Freiheitsstrafe von mindestens zwei und höchstens 15 Jahren vor. Da die Höchststrafe 15 Jahre beträgt, lässt sich aus § 78 StGB eine Verjährungsfrist von 20 Jahren ableiten. Bei minderjährigen Opfern beginnt diese Frist erst mit der erlangten Volljährigkeit zu laufen.

Demzufolge wäre die Tat 30 Jahre nach dessen Begehung bereits unter dem Gesichtspunkt des § 78 StGB und einer Verjährung von 20 Jahren verjährt, sofern Sie als Opfer zum Tatzeitpunkt nicht minderjährig gewesen wären, wovon ich mangels Angaben auch nicht von ausgehe.

Eine Rechtsverfolgung Ihres Mannes scheidet daher nach den Sachverhaltsschilderungen m.E. aus.

Zur Frage

3. Ist es strafbar, weil ich etwas vermutet habe was nicht stimmt ?

Schlichte Vermutungen sind nicht strafbar. Jedoch könnte § 164 StGB „die falsche Verdächtigung" einschlägig sein.

Eine Verdächtigung im Sinne des Abs. 1 kann durch Behaupten von falschen Tatsachen geschehen; aber auch jedes andere Verhalten, das einen falschen Verdacht verursacht oder verstärkt, reicht aus. Für den Tatbestand von Absatz 1 muss die verdächtigte Tat eine rechtswidrige Tat im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB . Daher sind beispielsweise Ordnungswidrigkeiten nicht umfasst.

Die Verdächtigung des Ehebruchs ist in erster Linie grundsätzlich nicht rechtswidrig. Anders hingegen die Verdächtigung hinsichtlich der sexuellen Nötigung, wenn diese Tathandlung tatsächlich und rechtlich nicht vorgelegen haben würde und Sie die Tathandlung frei erfunden hätten.

Ferner muss die Verdächtigung gegenüber einer ‚Behörde‘ oder einer der genannten Amtspersonen oder öffentlich erfolgen. Der Behördenbegriff erstreckt sich dabei nicht nur allein auf die Gebietsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland, sodass auch die Falschverdächtigung vor ausländischen Behörden den Straftatbestand verwirklichen kann.

Hier stellt sich wenn überhaupt noch die Frage in welchem Verhältnis Sie die Informationen weitergegeben haben. Da Sie sich an den Kriminalbeamten als solchen gewendet haben, haben Sie sich damit an die Polizeibehörde gewandt, sodass der objektive Tatbestand m.E. erfüllt sein könnte. Jedoch kann dies nicht mit abschließender Würdigung ohne weitere Sachverhaltsangaben festgestellt werden.

Nach Absatz 2 kann nur durch die Tathandlung des Aufstellens einer „sonstige Behauptung tatsächlicher Art" verübt werden. Im Gegensatz zu Absatz 1 ist hier nicht bloßes Hervorrufen eines Verdachts (wie durch Manipulation von Beweismitteln oder Indizien) strafbar. Es ist nach Absatz 2 allerdings nicht nötig, dass der Verdacht einer Straftat gegen den anderen hervorgerufen wird, sondern es reicht aus, dass die Behauptung „geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen". In der Tatbestandsalternative des Absatzes 2 wird neben der Tathandlung gegenüber den Behörden des Absatzes 1 auch das ‚öffentliche‘ Behaupten unter Strafe gestellt. Insofern genügt es für eine falsche Verdächtigung nach Absatz 2, wenn jemand (öffentlich) so konkrete Behauptungen aufstellt, dass beispielsweise ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen einen anderen eingeleitet werden könnte.

Auch diese objektiven Tatbestandsmerkmale könnten m.E. vorliegen.

Jedoch setzt § 164 StGB auch Vorsatz als subjektives Tatbestandsmerkmal voraus, d.h. sicheres Wissen über die Unwahrheit der Verdächtigung beim Täter des § 164 StGB .
Sofern ich unterstelle, dass die Tathandlung möglicherweise von Ihrem Mann begangen wurde, fehlt es am subjektiven Merkmal des sicheren Wissens über die Unwahrheit.

Wenn keine unwahren Behauptungen vorliegen, ist damit auch nicht der Tatbestand des § 164 StGB erfüllt und eine Strafbarkeit ausgeschlossen.

Zur Frage

4. Wie könnte ich einen kurzen Brief an den Ansprechpartner der Polizei formulieren, damit diese peinliche Angelegenheit ohne Wenn und Aber vom Tisch ist.

Zunächst stellt sich die Frage, was Gegenstand Ihrer Zeugenvernehmung sein soll.

Einer Polizeilichen Ladung muss grundsätzlich nicht Folge geleistet werden. Niemand ist verpflichtet bei der Polizei zu erscheinen, das ergibt sich aus § 163a III StPO und aus dem Umkehrschluss zu § 263 StPO , die eine Anwesenheitspflicht nur vor Gericht und der Staatsanwaltschaft vorschreiben, d.h. sofern die Staatsanwaltschaft Sie vorlädt, müssen Sie erscheinen.

Als Ehegatte haben Sie auch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO und können demnach gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht jede Aussage verweigern.

Bitte verstehen Sie, dass ich Ihnen im Rahmen dieses Portals kein Schreiben formulieren kann. Dies ist eher im Rahmen einer Direktanfrage möglich. Sofern jedoch mit Ihrem Mann wirklich alles geklärt ist und das Vertrauen auch da ist und Sie eine Strafverfolgung nicht wünschen, empfiehlt es sich m.E. an die Polizei (sinngemäß) zu schreiben, dass in der Ehe nunmehr alles geklärt ist und Sie nicht zu dem Termin erscheinen werden und im Übrigen von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Damit wird eine Vernehmung Ihrer Person mit den entsprechenden Konsequenzen verhindert.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen helfen konnte, einen ersten Eindruck in dieser Rechtsangelegenheit gewinnen zu können. Sie können sich gerne bei Nachfrage über die entsprechende Option des Portals mit mir in Verbindung setzen.


Rechtsanwalt Sascha Lembcke

Bewertung des Fragestellers 5. September 2010 | 18:03

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort, Sie haben mir sehr geholfen. Herzliche Grüße

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Sascha Lembcke »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 5. September 2010
5/5,0

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort, Sie haben mir sehr geholfen. Herzliche Grüße


ANTWORT VON

(517)

Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Miet- und Pachtrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Inkasso, Vertragsrecht, Verkehrsrecht