Antwort
vonRechtsanwalt Matthias Richter
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In Ihrem Fall haben die Eltern durch die Schenkung der Immobilien an die Töchter bereits zu Lebzeiten einen erheblichen Teil ihres Vermögens verteilt. Die Schenkungen sind mit einem lebenslangen Wohnrecht bzw. Nießbrauchrecht belastet, was den Beginn der 10-Jahres-Frist für Pflichtteilsergänzungsansprüche beeinflussen kann. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Schenkung erst dann als im Sinne von § 2325 Abs. 3 BGB geleistet gilt, wenn der Erblasser den „Genuss" des verschenkten Gegenstandes tatsächlich entbehren muss. Da die Eltern weiterhin Wohn- und Nießbrauchrechte haben, könnte die 10-Jahres-Frist noch nicht begonnen haben.
Der vertraglich vereinbarte Pflichtteilsverzicht der Töchter in Bezug auf die beiden Immobilien bedeutet, dass sie auf Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche an diesen Immobilien verzichten. Dies lässt die gesetzliche Erbfolge und den Pflichtteil am restlichen Vermögen unberührt. Im Erbfall wird also der Rest des Vermögens nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt, sofern kein Testament etwas anderes bestimmt.
Da Tochter A bereits eine größere Schenkung erhalten hat, könnte im Erbfall eine Ausgleichungspflicht nach § 2050 BGB in Betracht kommen, wenn die Eltern dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben. Die jährliche Abschmelzung von 10% bezieht sich auf Pflichtteilsergänzungsansprüche und nicht auf die Ausgleichungspflicht unter Miterben.
Bezüglich der Eigentumswohnung (ETW) des Ehemannes, die Tochter B zukommen soll, könnte es sinnvoll sein, diese ebenfalls vorab zu schenken, um spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Andernfalls hätte Tochter A im Erbfall einen gesetzlichen Erbanspruch darauf, es sei denn, es gibt ein Testament, das dies anders regelt.
Das Berliner Testament der Eltern bedeutet, dass der überlebende Ehegatte zunächst Alleinerbe wird und die Kinder erst nach dem Tod des zweiten Elternteils erben. Wer von beiden zuerst stirbt, hat keinen Einfluss auf die Verteilung des Nachlasses, da das Berliner Testament die Erbfolge regelt. Allerdings könnte der überlebende Ehegatte das Testament ändern, sofern keine Bindungswirkung vereinbart wurde.
Zusammenfassend rate ich dazu, das die Eltern die Schenkungen und die Verteilung des restlichen Vermögens durch ein Testament oder weitere vertragliche Regelungen klarer gestalten wollen, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Richter
Vielen Dank für die zeitnahe und kompetente Beantwortung meiner Fragestellung.
Eine kleine Nachfrage hätte ich leider dennoch da ich folgenden Sachverhalt nicht ganz verstehe.
Muss Tochte A nun trotz Vereinbarung über den Pflichtteilsverzicht befürchten dass im Erbfall durch die ungleiche Schenkung ein Ausgleich für Tochter B beim späteren gemeinsamen Erbe angesetzt wird / zu zahlen ist ( eine eventuelle 10% jährliche Abschmelzung einmal unberücksichtigt gelassen )?
Oder können Ausgleichsansprüche in diesem Fall nur durch den genannten § 2050 BGB entstehen?
Vielen Dank im Voraus auch für die Beantwortung meiner Nachfrage.
Sehr geehrte Fragesteller,
Ich verstehe, dass die Materie kompliziert ist.
Gerne versuche ich, Ihre Nachfrage verständlich zu beantworten.
Der gegenständlich begrenzte Pflichtteilsverzicht ermöglicht den Erben, auf bestimmte Vermögenswerte zu verzichten, ohne ihre Pflichtteilsansprüche ganz aufzugeben.
Das bedeutet, nach dem jetzigen Stand haben Tochter A und B nur in Bezug auf die beiden Schenkungen auf den Pflichtteil verzichtet. Hier ist nicht zu befürchten, dass ein Ausgleich stattfindet.
In Bezug auf das übrige Vermögen gelten jedoch die allgemeinen gesetzlichen Regeln, soweit es keine ausdrückliche Regelung der Erblasser gibt.
Zum Beispiel sollte auch bei der Schenkung der kleinen Eigentumswohnung an B klar geregelt sein, ob ein Ausgleichsanspruch ausgeschlossen wird oder nicht.
Fazit:
Da der Pflichtteilsverzicht die gesetzliche Erbfolge und den Pflichtteil am restlichen Vermögen unberührt lässt, könnte im Erbfall eine Ausgleichungspflicht bestehen, wenn die Eltern dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben. Es wäre ratsam, im Schenkungsvertrag oder in einem Testament klarzustellen, ob die Schenkung ausgleichspflichtig sein soll oder nicht, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne per E-Mail zur Verfügung.
Beste Grüße
RA Richter