1. März 2025
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08:13
Antwort
vonRechtsanwalt Hagen Riemann
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
1) Rechtmäßigkeit der Verlängerung über 18 Monate hinaus
Gemäß § 16b Abs. 5 Nr. 2 AufenthG kann ein Aufenthaltstitel für einen studienvorbereitenden Sprachkurs oder den Besuch eines Studienkollegs erteilt werden. Laut den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz (AufenthGAVwV) Nr. 16.1.2.2 ist eine Verlängerung zwar grundsätzlich möglich, aber auf maximal 18 Monate begrenzt.
Wenn die Ausländerbehörde die Verlängerung über 18 Monate hinaus bewilligt hat, könnte dies einen Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften darstellen. Allerdings sind Verwaltungsvorschriften lediglich interne Richtlinien und nicht direkt verbindlich für die Gerichte. Falls die Verlängerung dennoch auf einer besonderen Ermessensentscheidung oder auf besonderen Umständen beruhte (z. B. pandemiebedingte Verzögerungen oder individuelle Härten), könnte sie rechtmäßig sein. Eine nähere Begründung der Behörde wäre erforderlich, um dies abschließend zu bewerten.
2) Liegt ein Zweckwechsel nach § 16b Abs. 5 Nr. 2 zu § 16b Abs. 5 Nr. 1 vor?
Ein Zweckwechsel liegt vor, wenn sich der Aufenthaltszweck wesentlich ändert. Laut Nr. 7.1.1.0 ff. AufenthGAVwV sowie den Einträgen im Datenverarbeitungssystem AZR (DV-AZRG, Tabellenteil 10) wird zwischen den einzelnen Aufenthaltszwecken differenziert.
Der Wechsel von § 16b Abs. 5 Nr. 2 (studienvorbereitender Sprachkurs) zu § 16b Abs. 5 Nr. 1 (Studium selbst) stellt einen Zweckwechsel dar, da der Aufenthaltstitel ursprünglich nur zur Vorbereitung auf ein Studium erteilt wurde, nun aber der tatsächliche Beginn des Studiums beantragt wird. Ein solcher Wechsel erfordert eine neue Aufenthaltstitelerteilung, die nach § 16b Abs. 1 AufenthG zu prüfen ist.
Da auf der Verpflichtungserklärung explizit ein Erlöschen bei Zweckwechsel festgelegt ist (bundeseinheitliches Formular), müsste die Verpflichtung mit dem Zweckwechsel hinfällig geworden sein.
3) Besteht ein Einsichtsrecht in die Akten?
Als Verpflichtungsgeber besteht ein berechtigtes Interesse an Informationen über den Status des Verpflichtungsnehmers, da die Verpflichtung nach § 68 AufenthG finanzielle Auswirkungen auf Sie hat.
Allerdings ist das allgemeine Akteneinsichtsrecht durch § 29 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) beschränkt. Die Behörde kann die Einsicht verweigern, wenn schutzwürdige Belange Dritter (also des Verpflichtungsnehmers) überwiegen. Eine Ausnahme besteht, wenn die Information für Ihre Rechte als Verpflichtungsgeber wesentlich ist.
Daher hätten Sie zumindest einen Anspruch auf Auskunft darüber, ob ein Zweckwechsel erfolgt ist, da dies Ihre Verpflichtung unmittelbar betrifft. Falls die Behörde dies verweigert, könnte ein Widerspruch oder eine Klage auf Auskunftserteilung in Betracht kommen.
4) Kann ein neuer Verpflichtungsgeber in das Verpflichtungsverhältnis eintreten?
Ein Wechsel des Verpflichtungsgebers ist nicht ohne weiteres vorgesehen. Eine Verpflichtungserklärung begründet eine eigene öffentlich-rechtliche Verpflichtung des ursprünglichen Erklärenden, die nur in Ausnahmefällen abgelöst werden kann.
Allerdings besteht die Möglichkeit, dass der neue Verpflichtungsgeber eine eigene neue Verpflichtungserklärung abgibt, wenn ein neuer Aufenthaltstitel beantragt wird. Die Behörde müsste in diesem Fall prüfen, ob die alte Verpflichtung erlischt und durch die neue ersetzt werden kann. Eine rechtliche Durchsetzungsmöglichkeit eines Wechsels gibt es jedoch nicht, sondern die Behörde entscheidet darüber nach Ermessen.
Fazit
Die Verlängerung des Aufenthaltstitels über 18 Monate hinaus könnte einen Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften darstellen, es sei denn, es gab besondere Gründe.
Der Wechsel von § 16b Abs. 5 Nr. 2 zu § 16b Abs. 5 Nr. 1 stellt einen Zweckwechsel dar, womit die Verpflichtungserklärung erloschen sein dürfte.
Ein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht besteht, insbesondere bezüglich des Zweckwechsels. Die Verweigerung durch die Behörde könnte angefochten werden.
Ein Wechsel des Verpflichtungsgebers ist nicht erzwingbar, aber es könnte eine neue Verpflichtungserklärung abgegeben werden, wenn ein neuer Aufenthaltstitel beantragt wird.
Falls die Behörde weiterhin Akteneinsicht verweigert oder die Verpflichtung weiterhin als gültig ansieht, könnte ein Widerspruch oder eine verwaltungsgerichtliche Klage erwogen werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Hagen Riemann
(rechtsanwalt)