Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Gibt es in diesem Fall Verjährungsfristen für die Anfechtung der Adoption ab Kenntnis der Adoption? Wenn ja, welche Fristen gelten?
Ja, es gibt Verjährungsfristen für die Anfechtung bzw. Aufhebung einer Adoption. Die Aufhebung einer Adoption ist grundsätzlich nur innerhalb bestimmter Fristen möglich.
D. h., möglich wäre allenfalls, den Adoptionsbeschluss nach §§ 1759 ff. BGB auf Antrag aufheben zu lassen. Unabhängig davon, ob die Voraussetzung dafür vorliegen, kann ein solcher Antrag nur innerhalb eines Jahres gestellt werden, wenn seit der Annahme noch keine drei Jahre verstrichen sind. Und nach Ihrer Schilderung dürfte diese Frist abgelaufen sein.
Das bedeutet: Die Frist zur Anfechtung/Aufhebung beginnt mit Kenntnis der Umstände, die zur Aufhebung berechtigen, und beträgt in der Regel ein Jahr (§ 1760 BGB). Ist seit der Annahme mehr als drei Jahre vergangen, ist eine Aufhebung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Adoption und der Umstände, die die Aufhebung rechtfertigen könnten.
2.
Gilt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in gleicher Sache automatisch auch für alle gleichartigen Fälle? Habe ich deshalb automatisch auch einen Rechtsanspruch auf Aufhebung der Rechtskraft der Adoption und Neubeurteilung durch das Amtsgericht? Eine diesbezügliche Anfrage an das Bundesverfassungsgericht wurde abgewiesen, ohne dass die Gründe genannt wurden. Entscheidet das Bundesverfassungsgericht in gleicher Sache nicht neu?
Ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat Bindungswirkung nur für den entschiedenen Einzelfall. Er entfaltet keine automatische Wirkung für alle gleichartigen Fälle. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Einzelfallentscheidung des BVerfG. Zwar sind die Gerichte gehalten, die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des BVerfG zu beachten, aber eine automatische Rechtsfolge für alle gleichartigen Fälle tritt nicht ein.
Konkret heißt das:
Für einen ähnlich gelagerten Adoptionsfall (fehlende Anhörung des leiblichen Kindes bei der Adoption) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Rechtskraft der Adoption aufzuheben ist und das Amtsgericht über die Adoption neu entscheiden muss.(Ihre Schilderung)
Und weiter:
Zu den materiell Betroffenen in diesem Sinne gehören bei einer Adoption die Kinder des Annehmenden. Gemäß § 1769 BGB darf eine Annahme Volljähriger nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen. Dem entspricht es, dass die Kinder im Adoptionsverfahren anzuhören sind." (BVerfG vom 20.10.2008)
Das bedeutet: Die Gerichte müssen die Rechtsprechung des BVerfG beachten und in vergleichbaren Fällen entsprechend anwenden.
Ein individueller Rechtsanspruch auf automatische Aufhebung der Rechtskraft einer Adoption besteht jedoch nicht allein aufgrund eines BVerfG-Beschlusses in einem anderen Fall.
Vielmehr muss im Einzelfall ein entsprechender Antrag gestellt und die Voraussetzungen dargelegt werden. Die Gerichte müssen dann prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung vorliegen, insbesondere ob die unterlassene Anhörung einen so schwerwiegenden Verfahrensfehler darstellt, dass die Adoption aufzuheben ist.
Dass das Bundesverfassungsgericht Ihre Anfrage abgewiesen hat, ist nicht ungewöhnlich.
Das BVerfG entscheidet nicht in jedem gleichartigen Fall neu, sondern nur, wenn eine Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet ist. Die bloße Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung reicht nicht aus, um einen Anspruch auf erneute Entscheidung zu begründen.
Zusammenfassend:
- Die Frist zur Anfechtung/Aufhebung einer Adoption beträgt in der Regel ein Jahr ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände, spätestens aber drei Jahre nach der Adoption.
- Ein BVerfG-Beschluss in einer vergleichbaren Sache entfaltet keine automatische Wirkung für alle gleichartigen Fälle, sondern ist von den Fachgerichten zu beachten und im Einzelfall anzuwenden.
- Ein individueller Anspruch auf Aufhebung der Adoption besteht nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein entsprechender Antrag rechtzeitig gestellt wird.
3.
Eine automatische Aufhebung der Rechtskraft der Adoption und Neubeurteilung durch das Amtsgericht erfolgt nicht allein aufgrund eines BVerfG-Beschlusses in einem anderen Fall. Die Gerichte müssen aber die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des BVerfG beachten und anwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Raab,
danke für Ihre ausführliche Beurteilung!
Zu Ihrer Information möchte ich noch mitteilen, dass es sich bei dem von mir angesprochenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts um das Aktenzeichen 1BvR 291/06 vom 14. April 1988 handelt.
Es ist kaum zu glauben, dass die Einspruchsmöglichkeit automatisch nach 3 Jahren nach der Adoption verfällt, auch wenn die Adoption rechtswidrig war.
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Zu Ihrer Anmerkung bezüglich der Verjährung und der Möglichkeit, eine rechtswidrige Adoption auch nach Ablauf von drei Jahren anzufechten, lässt sich Folgendes aus dem gegebenen Kontext und der geltenden Rechtslage sagen:
Nach der Rechtslage ist die Aufhebung einer Adoption grundsätzlich nur innerhalb bestimmter Fristen möglich.
So ist ein Antrag auf Aufhebung des Adoptionsbeschlusses nach §§ 1759 ff. BGB nur innerhalb eines Jahres zulässig, wenn seit der Annahme noch keine drei Jahre verstrichen sind. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Aufhebung grundsätzlich ausgeschlossen, selbst wenn die Adoption rechtswidrig war.
2.
Der Gesetzgeber hat diese Fristen bewusst gesetzt, um die Rechtskraft und Beständigkeit von Adoptionsverhältnissen zu sichern. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der maßgeblichen Umstände, spätestens aber mit dem Zeitpunkt der Adoption, und beträgt maximal drei Jahre. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Anfechtung oder Aufhebung grundsätzlich nicht mehr möglich, auch wenn Verfahrensfehler vorlagen.
3.
Eine Ausnahme von dieser strengen Fristenregelung ist nicht ersichtlich.
Auch der Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 291/06 ändert daran nichts. Zwar hat das BVerfG in diesem Beschluss betont, dass die Kinder des Annehmenden im Adoptionsverfahren anzuhören sind und dass eine Adoption nicht ausgesprochen werden darf, wenn deren überwiegende Interessen entgegenstehen (§ 1769 BGB). Das BVerfG hat damit die Bedeutung der Anhörung und die Rechte der Kinder gestärkt. Es hat aber nicht entschieden, dass die Fristenregelung des BGB bei Verfahrensfehlern generell außer Kraft gesetzt wird.
Im Gegenteil: Die Fachgerichte sind gehalten, die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des BVerfG zu beachten und in laufenden oder rechtzeitig angegriffenen Verfahren umzusetzen. Ist die Adoption jedoch bestandskräftig und sind die gesetzlichen Fristen abgelaufen, bleibt die Adoption in der Regel wirksam, selbst wenn Verfahrensfehler vorlagen. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Schutz des geschaffenen Eltern-Kind-Verhältnisses.
4.
Zusammengefasst:
Auch bei einer rechtswidrigen Adoption – etwa bei fehlender Anhörung eines leiblichen Kindes – ist eine Anfechtung oder Aufhebung nach Ablauf der gesetzlichen Fristen grundsätzlich ausgeschlossen. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Fristen dienen der Rechtssicherheit und gelten auch bei Verfahrensfehlern, sofern nicht im Einzelfall eine absolute Nichtigkeit vorliegt, was im Kontext jedoch nicht bestätigt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt