Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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[b]Zu Frage 2:[/b]
Wenn man die Verletzung von Grenzabstandsvorschriften mit BGH in NJW 2004, 1035 als eine Störerhaftung ansieht, wäre auch der Anspruch aus § 1004 BGB vor Verjährung „zu schützen."
Das erfolgt zum einen durch Hemmung nach § 203 BGB, wobei mit dem Abbruch der Verhandlungen unmittelbar nach Einschalten der Baubehörde sich die laufende Verjährung wieder "enthemmt", also fortsetzt.
Oder durch eine von Ihnen eingeleitete Rechtsverfolgung nach § 204 BGB.
Hier kommt für Sie § 204 Absatz 1 Nr. 4 a BGB (staatliche Streitbeilegungsstelle) in Betracht:
Staatliche Stellen sind alle diejenigen Stellen, die von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu diesem Zweck eingerichtet wurden. Hierunter zählen Einrichtungen des Bundes, der Länder, Gemeinden und Kammern.
[b]Zu Ihrer Frage 1:[/b]
Die Baubehörde hat insoweit Recht hat, wenn sie mitteilt:
"ein Schwarzbau würde nie verjähren", bezieht sich aber möglicherweise nur auf baurechtliche Vorschriften.
[b]Zu Frage 3[/b]. Können wir ein Recht auf Akteneinsicht bei der Baubehörde geltend machen?
Ja, Sie haben als betroffene Nachbarn eines angrenzenden Grundstücks ein Akteneinsichtsrecht, was im Übrigen zwingende Voraussetzung für eine vertiefte Beratung ist, die durch eine summarische Bewertung aus der Ferne nicht ersetzt werden kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Sehr geehrter Herr RA Burgmer,
herzlichen Dank für Ihre Antwort zu denen ich folgende Rückfrage habe:
Die für uns zentrale Frage Nr. 1 (zweiter Satz), ob wir beim dargestellten Sachverhalt eine Verjährung eines zivilrechtlichen Beseitigungsanspruchs zum 31.12.20 zu befürchten haben, ist für uns nach wie vor unklar.
Geht es nach Ansicht der Baubehörde, wird der Balkon im April abgebaut sein, weil der Nachbar gegenüber der Behörde dies mündlich zugesichert hat. Damit wäre die Angelegenheit für uns erledigt. Wir erwarten jedoch das Gegenteil, weshalb wir die gestellte und noch ungeklärte Frage Nr. 1 präzisieren:
Gehen wir recht in der Annahme, dass die Verjährungsfrist für einen Beseitigungsanspruch grundsätzlich drei Jahre beträgt, am Jahresende nach Errichtung des Balkons beginnt und ungeachtet von hemmenden Wirkungen am 31.12.20 endet, sofern der Nachbar sich darauf beruft, dass der Balkon bereits im Jahre 2017 errichtet wurde?
Würde eine noch vor dem Jahreswechsel 31.12.20 an unseren Nachbarn gestellte schriftliche Aufforderung, den Balkon, der nach mündlicher Auskunft der Baubehörde nunmehr als widerrechtlich errichtet angesehen wird, zu entfernen, eine (neue) hemmende Verhandlung i. S. §203 BGB darstellen?
Hinweis: Wie bereits erwähnt, bezogen sich die "Verhandlungen" vor Einschalten der Baubehörde auf die Bitte um (freiwilligen) Rückbau des Balkons, dessen baurechtliche Unzulässigkeit bis dahin lediglich vermutet wurde.
Würde eine Hemmung (gleich welcher Art) die Verjährungsfrist vom 31.12.20 um einzelne Wochen / Monate verlängern oder auf das Ende des nachfolgenden Kalenderjahres?
Stellt unsere schriftliche Anfrage an das Bauamt, die Zulässigkeit des Bauvorhabens (Anbau Balkon) zu prüfen, die von Ihnen erwähnte Rechtsverfolgung i. S. §204 BGB dar? (offenbar nicht, da keine Streitbeilegungsstelle)?
Mit freundlichen Grüßen
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Da Sie schreiben "Wir sind uns unsicher, ob der Balkon im Jahre 2018 oder möglicherweise bereits im Herbst 2017 errichtet wurde" lässt sich Ihr Frage zur etwaigen Ultimoverjährung nicht abschließend beantworten, schon gar nicht aus der Ferne und ohne Aktenkenntnis. Die Berechnung zum Ablauf von Verjährungsfristen kann durchaus komplex sein und setzt unbedingt die Kenntnis aller relevanten Umstände und auch der örtlichen Gegebenheiten voraus: So schildern Sie in diesem Zusammenhang vielfältige Ereignisse wie geäußerte "Wünsche", Verhandlungen und deren Abbruch, mdl. Zusicherungen ggü. der Baubehörde, und einen Ortstermin, die im Streitfall sehr genau darzulegen und je nach Beweislast zu beweisen sind.
Fakt ist: Baurechtswidrigkeiten inkl. Bauordnungsrechtswidrigkeiten unterliegen nicht der zivilrechtlichen Verjährung. Da das baurechtliche Abstandsgebot auch und gerade eine nachbarschützende Vorschrift ist, können Sie auch öffentlich-rechtlich vor dem Verwaltungsgericht dagegen vorgehen, ohne dass die zivilrechtliche Verjährungsfrage relevant würde. Allenfalls könnte Ihr Recht "verwirken", wofür allerdings vom Gericht - hier BVerwG Beschl. v. 11.9.2018 – 4 B 34/18 - hohe Anforderungen gestellt werden:
Das OVG hat den Rechtssatz aufgestellt, im Falle der Verwirkung sowohl des materiellen Abwehrrechts als auch des Verfahrensrechts des Nachbarn, gegen eine Baugenehmigung als Drittbetroffener Widerspruch einzulegen, trete neben das Zeitmoment ein Umstandsmoment, wonach das Verhalten des Nachbarn Grundlage für die Entstehung eines Vertrauens des Bauherrn in das Ausbleiben von Nachbareinwendungen sein müsse (UA S. 18). Dieser Rechtssatz entspricht der Sache nach dem Rechtssatz im Urteil des Senats vom 16.5.1991 (NVwZ 1991, 1182 für die Verwirkung des (materiellen) Rechts komme es darauf an, ob der Berechtigte während eines längeren Zeitraums ein ihm zustehendes Recht nicht geltend mache, obwohl er hierfür Anlass habe, und ob ein solches Verhalten geeignet sei, bei dem Verpflichteten den Eindruck zu erwecken, der Berechtigte werde sein Recht nicht (mehr) ausüben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt