Verhandlungsunfähigkeit - Welcher Arzt stellt die Verhandlungsunfähigkeit fest?

25. Oktober 2007 14:54 |
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Strafrecht


Gegen mich läuft ein Ermittlungsverfahren, das aller Wahrscheinlichkeit in eine Hauptverhandlung münden wird.

Allerdings fühle ich mich derzeit auf Grund schwerer Erkrankungen nicht verhandlungsfähig.

Es handelt sich um folgende Krankheiten:
a. Multiple Sklerose, inclusive chronischem Müdigkeitssyndrom
b. Depression / Angsterkrankung
c. Schwerbehinderung mit Ausweis 50%

In diesem Zusammenhang habe ich folgende Fragen:

1. Welche Voraussetzungen müssen allgemein formuliert vorliegen, damit auf Grund von Krankheit(en) Verhandlungsunfähigkeit besteht?

2. Welcher Arzt stellt die Verhandlungsunfähigkeit fest? Ein frei zu wählender Arzt oder ein Amtsarzt?

3. Erscheint es möglich, eine Hauptverhandlung auf Grund krankheitsbedingter Verhandlungsunfähigkeit um einen Zeitraum von 2-3 Jahre verzögern zu können?

4. Welche weiter führende Literatur ist hierzu bekannt und kann empfohlen werden?

Danke.
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

auf Grund des von ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:

1.) Die Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten ist die Fähigkeit, in oder außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen, Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.

Bei Volljährigen entfällt die Verhandlungsfähigkeit in der Regel nur durch schwere körperliche oder seelische Mängel oder Krankheiten.

Eine endgültige Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten ist Verfahrenshindernis und führt zur Einstellung des Verfahrens.

Einer lediglich eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit kann durch entsprechende Verhandlungsführung entsprochen werden (z.B. längere und häufigere Verhandlungsunterbrechungen bzw -pausen).

2.) Zwar können Sie ärztliche Atteste Ihrer behandelnden Ärzte dem Gericht als Anhaltspunkte zukommen lassen. Im Zweifel wird das Gericht aber ein zusätzliches Sachverständigen-Gutachten über Ihre Verhandlungsfähigkeit einholen.

3.) Wenn es sich bei der Verhandlungsunfähigkeit um eine vorübergehende Unfähigkeit handelt, ist die Hauptverhandlung bis zum Wiedereintritt der Verhandlungsfähigkeit aufzuschieben. Ob es in Ihrem Fall möglich ist, die Verhandlung so lange aufzuschieben, kann ohne Kenntnis des genauen Krankheitsverlaufs, der Schwere der Erkrankung und dem Krankheitsstadium nicht beurteilt werden.

4.) Zum vertiefenden Nachlesen können Sie jeden StPO-Kommentar heranziehen. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Verhandlungsunfähigkeit empfehle ich Ihnen die Urteile des BGH in den Zeitschriften NJW (Neue Juristische Wochenschrift) 1970, 1981; NStZ (Neue Zeitschrift für Strafrecht) 1985, 207; 1988, 213.


Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt und diese eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen kann. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Ich hoffe Ihnen eine Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Maik Elster
Rechtsanwalt
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