Üble Nachrede Folgen für Beamtenstatus

4. Juni 2025 21:50 |
Preis: 65,00 € |

Strafrecht


Beantwortet von


in unter 1 Stunde
Üble Nachrede

Hallo, 
mein Nachbar sieht Dinge die nicht wahr sind. Ich breche bei ihm ein oder mache Klingelstreich … kam oft vor, dass er solche wirren Schein sagt. Auch vor Zeugen sagte er sowas. Er ist dann laut und aggressiv. Er klingelt dann bei uns und schreit rum, dass ich rauskommen soll und er mich dann schlägt. Die Polizei hat jedesmal als ich anzeigen wollte mich abgewimmelt und gesagt, dass es eh nichts bringt. Habe aus Angst um meine Familie eine Betreuung beim Amtsgericht angeregt mit meinen Schilderungen, da ich mir nicht anders helfen konnte. Ich dachte er steckt in einer Psychose oder sonst was. Das Gericht hat entschieden, dass er keine Betreuung braucht und nun hat er mich angezeigt wegen übler Nachrede. Er meint, dass ich ihn damit diffamieren wollte und ihn nur aus Gehässigkeit gemeldet habe. Ich bin verbeamtete Lehrkraft in Bayern und habe jetzt Angst, dass ich meinen Beamtenstatus verlieren könnte. Ich war der Meinung, dass man bei Sorge oder Bedenken immer eine Betreuung anregen darf. Was ist, wenn es das Gericht anders sieht? Was wird mich im schlimmsten Fall erwarten? Ich habe bis jetzt keine Vorstrafen. Ich schrieb in den Brief ans Betreuungsgericht auch nur lediglich meine Vermutung und schilderte den Sachverhalt. Die Entscheidung liegt ja beim Gericht und ich habe die Kompetenz ja nicht zu entscheiden ob er krank ist oder nicht.
4. Juni 2025 | 22:18

Antwort

von


(92)
Breite Straße 22
40213 Düsseldorf
Tel: +49 211 88284 502
Web: https://www.kanzlei-tank.de
E-Mail: tank@kanzlei-tank.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Sie schildern eine belastende Nachbarschaftssituation, in der Sie aus Sorge um Ihre Familie und aufgrund des Verhaltens Ihres Nachbarn eine Betreuung beim Amtsgericht angeregt haben. Nun wirft Ihnen Ihr Nachbar üble Nachrede vor und Sie befürchten dienstrechtliche Konsequenzen als verbeamtete Lehrkraft in Bayern.

1. Darf man eine Betreuung anregen, wenn man sich Sorgen macht?

Ja, grundsätzlich darf jede Person, die den Eindruck hat, dass jemand aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Behinderung seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, eine Betreuung beim zuständigen Amtsgericht anregen. Dies ist ausdrücklich so vorgesehen und dient dem Schutz der betroffenen Person und ihres Umfelds.

Wichtig:
Sie haben keine Diagnose gestellt, sondern lediglich Ihre Beobachtungen und Sorgen geschildert. Die Entscheidung, ob eine Betreuung eingerichtet wird, trifft ausschließlich das Gericht nach sorgfältiger Prüfung und ggf. Einholung eines Gutachtens. Sie haben damit keine unzulässige oder strafbare Handlung begangen, solange Sie Ihre Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht haben.

2. Strafbarkeit wegen übler Nachrede oder falscher Verdächtigung

a) Üble Nachrede (§ 186 StGB)
Üble Nachrede liegt vor, wenn jemand über einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, diesen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, sofern die Tatsache nicht erweislich wahr ist.

[b]ABER:[/b]
Nach § 193 StGB ist die Geltendmachung berechtigter Interessen nicht rechtswidrig. Das bedeutet:
Wenn Sie aus berechtigter Sorge und ohne wider besseres Wissen das Betreuungsgericht informiert haben, ist dies von Ihrem Recht auf Meinungsäußerung und dem berechtigten Interesse am Schutz Ihrer Familie und der Nachbarschaft gedeckt.

Die Anzeige von Straftaten steht jedem Bürger frei. Sonst würde jeder zur Anzeige gebrachte Sachverhalt, der nicht nachher zu einer Verurteilung führt, eine Bestrafung des Anzeigenden wegen Übler Nachrede zur Folge haben. Man darf nur nicht einen ungeprüften Sachverhalt anzeigen und seine Ausführung auch nicht durch unwahre Zusätze verstärken.

b) Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB)

Eine Strafbarkeit nach § 164 StGB setzt voraus, dass Sie „wider besseres Wissen" gehandelt haben, also bewusst eine unwahre Tatsache behauptet haben, um ein behördliches Verfahren gegen Ihren Nachbarn herbeizuführen.

Solange Sie also nicht absichtlich falsche Tatsachen behauptet haben, sondern Ihre subjektiven Eindrücke und Sorgen geschildert haben, ist der Tatbestand der falschen Verdächtigung nicht erfüllt.

3. Dienstrechtliche Konsequenzen für Beamtinnen und Beamte

Eine dienstrechtliche Konsequenz, insbesondere der Verlust des Beamtenstatus, kommt nur bei einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung wegen einer Straftat in Betracht, die Zweifel an Ihrer Eignung, Zuverlässigkeit oder charakterlichen Integrität begründet.

Da Sie bislang nicht vorbestraft sind und nach Ihrer Schilderung keine strafbare Handlung begangen haben, ist ein Verlust des Beamtenstatus äußerst unwahrscheinlich.

4. Was ist im schlimmsten Fall zu erwarten?

Strafrechtlich:
Eine Verurteilung wegen übler Nachrede oder falscher Verdächtigung ist nach Ihrer Schilderung nicht zu erwarten, da Sie keine unwahren Tatsachen „wider besseres Wissen" behauptet haben und berechtigte Interessen geltend gemacht haben.

Dienstrechtlich:
Ohne strafrechtliche Verurteilung drohen keine dienstrechtlichen Konsequenzen.

Zivilrechtlich:
Ihr Nachbar könnte versuchen, zivilrechtlich gegen Sie vorzugehen (z.B. Unterlassungsklage). Auch hier müsste er beweisen, dass Sie wider besseres Wissen falsche Tatsachen behauptet haben. Das ist nach Ihrer Schilderung nicht der Fall.

5. Zusammenfassung

Sie haben sich rechtmäßig verhalten, indem Sie das Betreuungsgericht aus Sorge eingeschaltet haben.
Eine Strafbarkeit wegen übler Nachrede oder falscher Verdächtigung ist nicht ersichtlich, solange Sie keine bewusst falschen Tatsachen behauptet haben.
Dienstrechtliche Konsequenzen sind nur bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu befürchten, die hier nicht zu erwarten ist.
Sie haben im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und Pflichten gehandelt.

[b]Fazit:
Sie müssen nach der derzeitigen Sachlage keine ernsthaften strafrechtlichen oder dienstrechtlichen Konsequenzen befürchten. Ihr Handeln war von berechtigter Sorge getragen und ist rechtlich zulässig.
[/b]

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist

ANTWORT VON

(92)

Breite Straße 22
40213 Düsseldorf
Tel: +49 211 88284 502
Web: https://www.kanzlei-tank.de
E-Mail: tank@kanzlei-tank.de
RECHTSGEBIETE
Inkasso, Nachbarschaftsrecht, Wohnungseigentumsrecht, Verwaltungsrecht, Vertragsrecht, Internetrecht, Wirtschaftsrecht, Datenschutzrecht, Strafrecht, Baurecht, Miet- und Pachtrecht, Verkehrsrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
4,8/5,0
Die Antwort wirkte umfassend und war leicht verständlich. ...
5,0/5,0
TipTop Antwort mit entsprechender Vorgehensweise, vielen Dank, gerne wieder ...
5,0/5,0
RA Ahmadi antwortet sehr schnell und sehr ausführlich. Seine Erklärungen sind sehr verständlich. Gerne wieder! ...