Schwangerschaft während eines unbez. Urlaubs

17. März 2009 18:55 |
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Arbeitsrecht


Hallo,

folgender Sachverhalt: Ich bin Angestellte und war bis September 2005 in Elternzeit. Mein Arbeitgeber bietet die Möglichkeit, im Anschluss an die Elternzeit eine sog. Familienzeit in Form von unbezahltem Urlaub für die Dauer von 7 Jahren in Anspruch zu nehmen. Da ich aus organisatorischen Gründen leider nicht wieder anfangen konnte zu arbeiten, habe ich diesen unbez. Urlaub in Etappen immer wieder beantragt, er läuft derzeit noch bis Nov. 2009 und könnte max. bis Sept. 2012 verlängert werden. Um den Urlaub in Anspruch nehmen zu können, musste jeweils eine "Nebenabrede zum Arbeitsvertrag über eine Beurlaubung" von mir unterschrieben werden.

Da ich auch voraussichtlich im November diesen Jahres noch nicht wieder bei meinem Arbeitgeber anfangen kann und mein Partner und ich uns außerdem im Moment mit dem Gedanken tragen, uns vielleicht doch noch um weiteren Nachwuchs zu bemühen, liegt es natürlich nahe, den unbez. Urlaub ganz einfach bis 2012 zu verlängern.

Aber in der von mir unterschriebenen Nebenabrede gibt es einen Punkt, der mir nicht ganz klar ist. Und zwar war 2005 (für die Zeit bis Nov. 2007) festgehalten, dass der unbezahlte Urlaub endet, sofern ich wegen einer erneuten Entbindung Elternzeit nach dem BerzGG beantrage, und zwar mit Ablauf des Tages, der dem ersten Tag einer erneuten Elternzeit vorausgeht. So weit so gut. In der aktuellen Nebenabrede jedoch – und ich gehe davon aus, dass es bei einer Verlängerung wieder so lauten würde – heißt es in dem Punkt wörtlich: „Die Beurlaubung wird aus Anlass einer Entbindung/Geburt eines Kindes nicht unterbrochen. Das gilt auch für Zeiten einer Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz.“ Ich hatte seinerzeit zwar nachgefragt, was das im Klartext bedeutet, bekam aber nur eine recht schwammige Antwort, sinngemäß etwa: ich hätte halt keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Und da das Thema zweites Kind gar nicht zur Debatte stand, hat es mich nicht sonderlich weiter interessiert.

Nun ist aber der Gedanke nicht mehr so abwegig und mich würde schon interessieren, was dieser Punkt im Klartext bedeutet. Geht es wirklich nur darum, dass ich keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld habe? Das ist mir natürlich klar, weil ich ja schließlich auch nicht arbeite. Oder hat es evtl. weitreichendere Konsequenzen? Ich befürchte schon fast, dass es so aussieht, als wenn das mögliche zweite Kind arbeitsrechtlich gar nicht existiert??? So dass ich dann meinen unbezahlten Urlaub für das erste Kind zwar bis 2012 laufen lassen könnte, aber eben keinen Anspruch mehr auf Elternzeit und Familienzeit für das zweite Kind habe. Und wenn ich jetzt z.B. im August 2012 ein Kind bekommen würde, heißt das dann, dass ich mit Ende des unbez. Urlaubs im Sept. 2012 wieder anfangen müsste zu arbeiten? Was ja mit einem nur ein paar Wochen alten Säugling noch schwieriger ist, als mit einer Sechsjährigen. Dann wäre ich ja quasi dazu gezwungen, meinen Arbeitsplatz komplett aufzugeben, was ich natürlich nicht möchte.

Ich hoffe, Sie können mir weiterhelfen. Vielen Dank im voraus.

Gruß Katja












Sehr geehrte Fragestellerin,

vorab mache ich darauf aufmerksam, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern dafür angedacht ist, eine erste rechtliche Einschätzung zu ermöglichen. Dies voraus geschickt antworte ich weiter wie folgt:

Nach der Geburt des Kindes gilt gemäß § 6 Mutterschutzgesetz ein zwölf Wochen dauerndes Beschäftigungsverbot:
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§ 6 Mutterschutzgesetz

Beschäftigungsverbote nach der Entbindung

(1) Mütter dürfen bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängern sich die Fristen nach Satz 1 zusätzlich um den Zeitraum der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2, der nicht in Anspruch genommen werden konnte. Beim Tod ihres Kindes kann die Mutter auf ihr ausdrückliches Verlangen ausnahmsweise schon vor Ablauf dieser Fristen, aber noch nicht in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung, wieder beschäftigt werden, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht. Sie kann ihre Erklärung jederzeit widerrufen.

(2) Frauen, die in den ersten Monaten nach der Entbindung nach ärztlichem Zeugnis nicht voll leistungsfähig sind, dürfen nicht zu einer ihre Leistungsfähigkeit übersteigenden Arbeit herangezogen werden.

(3) Stillende Mütter dürfen mit den in § 4 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3, 4, 5, 6 und 8 sowie Abs. 3 Satz 1 genannten Arbeiten nicht beschäftigt werden. Die Vorschriften des § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie Abs. 5 gelten entsprechend.

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Mütter und Väter haben gemäß § 16 BEEG bis zur Beendigung des dritten Lebensjahres des Kindes einen Anspruch auf Elternzei!

Ein Anteil von bis zu 12 Monaten der maximal dreijährigen Elternzeit kann mit Zustimmung des Arbeitgebers auch auf die Zeit bis zum achten Geburtstag des Kindes übertragen werden.

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§ 16 BEEG

Inanspruchnahme der Elternzeit

(1) Wer Elternzeit beanspruchen will, muss sie spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Bei dringenden Gründen ist ausnahmsweise eine angemessene kürzere Frist möglich. Nimmt die Mutter die Elternzeit im Anschluss an die Mutterschutzfrist, wird die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes auf den Zeitraum nach Satz 1 angerechnet. Nimmt die Mutter die Elternzeit im Anschluss an einen auf die Mutterschutzfrist folgenden Erholungsurlaub, werden die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes und die Zeit des Erholungsurlaubs auf den Zweijahreszeitraum nach Satz 1 angerechnet. Die Elternzeit kann auf zwei Zeitabschnitte verteilt werden; eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur mit der Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin die Elternzeit zu bescheinigen.

(2) Können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus einem von ihnen nicht zu vertretenden Grund eine sich unmittelbar an die Mutterschutzfrist des § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes anschließende Elternzeit nicht rechtzeitig verlangen, können sie dies innerhalb einer Woche nach Wegfall des Grundes nachholen.

(3) Die Elternzeit kann vorzeitig beendet oder im Rahmen des § 15 Abs. 2 verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalles im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 3 kann der Arbeitgeber nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen. Die Arbeitnehmerin kann ihre Elternzeit nicht wegen der Mutterschutzfristen des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes vorzeitig beenden; dies gilt nicht während ihrer zulässigen Teilzeitarbeit. Eine Verlängerung kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchsberechtigung aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann.

(4) Stirbt das Kind während der Elternzeit, endet diese spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes.

(5) Eine Änderung in der Anspruchsberechtigung hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen.

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Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer.

Für die sogenannte Arbeitnehmereigenschaft ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses maßgeblich.

Beachten Sie bitte, dass der Arbeitnehmer die Elternzeit innerhalb der vorgegebenen Fristen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG i. V. m. § 15 BEEG SCHRIFTLICH vom Arbeitgeber verlangen muss.

Besagte 7 wöchige Frist gilt unabhängig davon, ob die Elternzeit gleich unmittelbar nach der Geburt des Kindes oder der Mutterschutzfrist oder zu einem späteren Zeitpunkt beginnen soll.

Der „Elternzeitler“ muss außerdem erklären, für welchen Zeitraum oder für welche Zeiträume innerhalb von zwei Jahren Elternzeit beansprucht wird.

Als Folge der Inanspruchnahme der Elternzeit tritt das Ruhen der arbeitsvertraglichen Hauptverpflichtungen ein. So entfällt für den Arbeitgeber für die Zeit der Elternzeit die Lohnzahlungspflicht.

Wenn während der Elternzeit keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, ist der gesetzlich Pflichtversicherte beitragsfrei krankenversichert.
Während der Elternzeit ist das Kündigungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 18 BEEG eingeschränkt. Die Elternzeit ist im Rahmen der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Dies kann zum Beispiel bei der sogenannten Sozialauswahl im Rahmen der Bestimmungen des § 1 Abs. 3 KSchG Bedeutung finden.

Nach Beendigung der Elternzeit kehrt der Arbeitnehmer grundsätzlich wieder zu seiner ehemaligen Arbeitszeit zurück.

Ein vertraglicher Ausschluss des gesetzlich verankerten Rechts auf Elternzeit ist nicht möglich. Da der Arbeitgeber während der Elternzeit keinen Lohn zahlt, entsteht ihm insofern kein finanzieller Nachteil.

Ihre Sorge, dass Sie bei Verlängerung der unbezahlten Beurlaubung bei Geburt eines zweiten Kindes keinen Anspruch mehr auf Elternzeit haben kann ich Ihnen also nehmen.

Sie sollten sich gewiss keine Sorge darüber machen, ob Sie den Arbeitsplatz aufgeben müssen, wenn Sie den unbezahlten Urlaub fortsetzen.

Ich empfehle bei dem Arbeitgeber vor erneuter Vertragsunterzeichnung bei Hinweis auf die Gesetzeslage nochmals nach zu fragen, aus welchem Grund er die von Ihnen beschriebene Klausel in den Vertrag einbauen will und ihn darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf Elternzeit aus arbeitsrechtlichen Gründen im Arbeitsvertrag nicht wirksam ausgeschlossen werden darf.

Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und stehe bei Unklarheiten im Rahmen der kostenfreien Nachfragefunktion selbstverständlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
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