Scheinselbständigkeit bei sozialversicherungspflichtigem KSV-Mitglied?

| 17. Januar 2015 19:12 |
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Arbeitsrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,

Freiberufler A (Künstler) beauftragt bei vielen seiner Projekte den Freiberufler B (ebenfalls Künstler), welcher dann künstlerische Teilaufgaben erledigt.
Kostenangebote von B an A werden dafür fernmündlich gemacht, Aufträge fernmündlich erteilt. B liefert an A und schreibt nach jedem Projekt eine Rechnung an A, die bezahlt wird.

Nun findet A nach 6 Jahren heraus, dass der Auftragnehmer B mindestens 5/6 seines Einkommens durch die Aufträge von A erzielt und ansonsten kaum für andere Auftraggeber arbeitet.

A macht sich Sorgen, ob möglicherweise eine Scheinselbständigkeit bei B vorliegt, die A in Schwierigkeiten bringen kann.

Infos zum Auftragnehmer B:

- Ist als Künstler seit 10 Jahren sozialversicherungspflichtiges Mitglied der Künstlersozialversicherung und zahlt dort Beiträge. Er geht der Tätigkeit nach, die die Grundlage für die Aufnahme in die Ksk und somit seine Sozialversicherungspflicht war.

- Wird nur projektweise beschäftigt. Jedes der rund 10 Projekte im Jahr ist durch Liefertermine zeitlich befristet.

- Ist nicht weisungsgebunden in Bezug auf Zeit, Ort und Dauer der zu erbringenden Leistung.
Er erbringt sie bei sich zuhause mit eigenen Arbeitsmitteln. Er kann Aufträge auch jederzeit ablehnen. Er gestaltet seine Preise frei.

Trägt das unternehmerisches Risiko, denn bei mangelhafter Leistung erhält er nicht das volle Honorar. (mündliche Vereinbarung).

B beschäftigt regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Eigenes Marketing betreibt er in der Form, dass er Akquiseanrufe bei anderen Unternehmen tätigt und gelegentlich Unternehmen zum Zwecke der Akquise besucht. Er hat eigene Visitenkarten und eine Eigenwerbungs-DVD, jedoch keinen eigenen Internetauftritt.
Seine Neugeschäfts-Bemühungen sind leider fast nie erfolgreich, was dazu führt, dass er seit langem fast ausschließlich Leistungen für Auftraggeber A erbringt.


Frage:
Wie hoch schätzen sie das Risiko ein, dass bei B eine Scheinselbständigkeit vorliegt und falls sie vorliegt – wie können beide Geschäftspartner das Risiko verringern (Vertrag?) , ohne das geschäftliche Verhältnis aufzugeben?
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Als scheinselbständig gilt, wer zwar als Selbständiger auftritt, dessen Tätigkeit aber tatsächlich der eines Arbeitnehmers entspricht. Für die Prüfung, ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt oder nicht, ist stets eine Gesamtwürdigung im Einzelfall vorzunehmen.

Maßgeblich ist nicht, was vertraglich vereinbart worden ist, sondern die tatsächliche Durchführung. Die Rechtsprechung (so auch z.B. BAG Urteil 10 AZR 668/12 vom 17.04.2013) hat hierzu Kriterien entwickelt, anhand derer die Abgrenzung vorgenommen wird. Die wichtigsten Kriterien für die Einordnung als Arbeitnehmer sind die persönliche Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers. Darüber hinaus ob er das unternehmerische Risiko trägt und unternehmerische Chancen wahrnehmen kann.

Nach den von Ihnen geschilderten Tatsachen würde ich nicht von einer Scheinselbständigkeit ausgehen.

Ihr Auftragnehmer entscheidet selbst und frei darüber, ob er Aufträge von Ihnen annimmt. Er ist zeitlich und örtlich nicht beschränkt und erbringt die Arbeitsleistung nach seinen Vorstellungen. Er kann Ihren Auftrag jederzeit ablehnen, ist nicht vertraglich verpflichtet alle Verträge von Ihnen auch auszuführen. Damit dürfte eine persönliche Weisungsgebundenheit ausscheiden.

Darüber hinaus sehe ich auch keine Eingliederung in Ihre Arbeitsorganisation. Dies würde zumindest voraussetzen, dass Ihr Auftraggeber die Aufträge mit von Ihnen vorgegebenen Mitteln (z.B. Arbeitsmaterialien, Fahrzeuge, Büro) und nach Ihren Vorgaben erbringt. Ferner würde dies voraussetzen, dass Ihr Auftraggeber einer gewissen Kontrolle Ihrerseits unterliegt. Alle diese Kriterien liegen nach Ihren Angaben nicht vor. Ihr Auftraggeber übt seine Tätigkeit bei sich zu Hause, mit seinen eigenen Mitteln aus. Sie haben keinerlei Einfluss auf die Arbeitsausführung, auch keine Kontrolle.

Darüber hinaus trägt er das unternehmerische Risiko seiner Tätigkeit, indem er eigene Pflichten und Verbindlichkeiten eingeht. Für nicht verdientes Honorar findet kein Ausgleich statt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
A. Krüger-Fehlau
Rechtsanwältin
Bewertung des Fragestellers 20. Januar 2015 | 16:04

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