Schadensersatzanspruch / Eingelagerte Reifen bei Händler nach Insolvenz verschwunden

30. April 2010 20:27 |
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Insolvenzrecht


Zusammenfassung

Was kann hinsichtlich bei einem insolventen Autohaus eingelagerter aber nun verschwundener Reifen unternommen werden?

Nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt dürften die Reifen nicht in die Insolvenzmasse eingegangen sein. Diese erfasst grundsätzlich nur das Vermögen des Insolvenzschuldners, vgl. § 35 InsO. Da Sie die Reifen gekauft haben, sind Sie Eigentümer geworden. Mit der Vereinbarung über die Einlagerung der Reifen in das Lager des Autohändlers haben Sie mit diesem einen Verwahrvertrag nach den §§ 688 ff. BGB geschlossen.

Nach § 47 InsO können Sie daher einen Aussonderungsanspruch hinsichtlich Ihres Eigentumes machen. Eigentum ist der Hauptfall der Aussonderung, gleichviel ob der Schuldner mittelbarer oder unmittelbarer Besitzer - wie in Ihrem Fall aufgrund des Verwahrungsverhältnisses, ist.

Sollten die Reifen jedoch nicht mehr vorhanden sein, bleibt Ihnen nur den Schadensersatzanspruch gegen die insolvente Unternehmung geltend zu machen. Sie sind damit Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO. Die Geltendmachung erfolgt im eröffneten Verfahren durch Anmeldung Ihres Anspruches zur Insolvenztabelle nach der Regelung des § 174 InsO.

Hallo, hier eine kurze Schilderung des Vorfalls:

Am 04.12.2009 habe ich bei meinem Autohändler Sommerreifen einlagern lassen, zwecks Umrüstung auf Winterreifen.

Die Sommerreifen sind von einem Leasing-Wagen, der am 03.07.2009 zum erstem Mal zugelassen wurde, waren also zum Zeitpunkt der Einlagerung 5 Monate alt. Die Reifen bzw. Felgen waren zu diesem Zeitpunkt also fast neuwertig.

Als ich die Reifen diese Woche nun wechseln lassen wollte, kuckte ich nicht blöd, als mir ein Mitarbeiter des Autohauses mitteilte, dass die Reifen verschwunden seien.

Nachdem eine Fristsetzung zur Herausgabe der Reifen erfolglos blieb, und mir der Geschäftsführer mündlich mitteilte, dass die Reifen definitiv nicht mehr da seien, möchte ich Schadensersatz geltend machen.

Dummerweise hat das Autohaus (bzw. das Haupthaus) zum 14.04.2010 Insolvenz angemeldet.

Ich kann nachweisen, dass die Reifen am 09.04.2010 noch da waren - da wollte ich einen Termin zum Wechseln abmachen und es wurde die Profiltiefe nochmals überprüft - habe ein entsprechendes Protokoll. Zudem bestätigte mir mein Ansprechpartner im Autohaus, dass er die Reifen noch in der Woche nach der Insolvenzanmeldung persönlich im Lager gesehen hat (aufgrund eines Telefonates). Er würde mir dies auch bestätigen.

Die Frage ist nun, gegen wen ich den Schaden geltend machen kann. Ich nehme mal an, gegen den Insolvenzverwalter, da der Schaden nach der Insolvenzanmeldung aufgetreten ist?

Wie sehen überhaupt die Chancen aus, dass ich Ersatz bekomme? Wie gehe ich hierzu am besten vor, wenn ich mich direkt an den Insolvenzverwalter wenden möchte?

Da das Fahrzeug ein Leasingobjekt ist, muss dieses schliesslich wieder vollständig zurückgeliefert werden. Möchte da ungern draufzahlen müssen.

Für eine schnelle Bearbeitung der Frage + Antwort bin ich sehr dankbar!

Mit besten Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Die Einlagerung der Reifen bis zum nächsten Wechselzeitpunkt stellt rechtlich gesehen einen Verwahrvertrag nach § 688 BGB dar. Die Unmöglichkeit der Erfüllung der Rückgabeverpflichtung des Verwahrers aus § 695 BGB löst einen Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB aus.

Mit der Verfahrenseröffnung nach § 27 InsO verliert der Schuldner die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen und diese Befugnis geht auf den Insolvenzverwalter über, vgl. § 80 Abs. 1 InsO. Auch im Eröffnungsverfahren wird seitens des Gerichtes regelmäßig ein allgemeines Verfügungsverbot für den Schuldner angeordnet wird und dem vorläufigen Insolvenzverwalter obliegt die Fortführung des Geschäfts eines Unternehmens vgl. § 22 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Somit ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter Ihr Ansprechpartner.

Wären die Reifen nicht abhanden gekommen, so hätten Sie einen Anspruch auf Aussonderung der Reifen gemäß § 47 InsO, da diese in Ihrem Eigentum stehen, also nicht Insolvenzmasse sind, und nur verwahrt worden sind. Die Reifen hätten Ihnen daher herausgegeben werden müssen.

Da die Reifen nun jedoch nicht mehr vorhanden sind, bleibt Ihnen nur den o.g. Schadensersatzanspruch gegen die insolvente Unternehmung geltend zu machen. Sie sind damit Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO. Die Geltendmachung erfolgt im eröffneten Verfahren durch Anmeldung Ihres Anspruches zur Insolvenztabelle nach der Regelung des § 174 InsO. Weitergehende Rechte haben Sie gegen die insolvente Unternehmung nicht. Sie können in diesem Fall nur abwarten, ob eine ausreichende Masse vorhanden sein wird, so dass auch eine Bedienung Ihres Anspruches erfolgt.

Die Rangfolge ist nach § 54 InsO so, dass zunächst Gerichtskosten und Masseverbindlichkeiten (also vom Verwalter selber begründete Verbindlichkeiten) bedient werden, bevor eine Befriedigung der Insolvenzgläubiger erfolgen kann. Da in vielen Insolvenzverfahren keine Quote auf die Forderungen der Insolvenzgläubiger erfolgt, sollten Sie sich keine allzu großen Hoffnungen auf eine Befriedigung Ihres Schadensersatzanspruches machen.

Ihr Fall wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn die Reifen vor der Eröffnung des Verfahrens vom Schuldner oder nach Eröffnung des Verfahrens vom Verwalter unberechtigterweise veräußert worden wären und die Gegenleistung, also der kaufpreis noch nicht gezahlt worden wäre. Dann hätten Sie nach § 48 InsO einen Anspruch auf die Kaufpreisforderung, die Ihnen abgetreten werden müsste. Da dies aber nach Ihrer Schilderung nicht der Fall ist, sind Sie mit Ihrem Schadensersatzanspruch nur Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO und können daher neben der Anmeldung Ihrer Forderung zur Insolvenztabelle nichts tun.

Eventuell könnten Sie Strafanzeige gegen Unbekannt stellen und darauf hoffen, dass ein Täter, bzw. sogar die Reifen ermittelt werden. Allzu erfolgversprechend erscheint dies jedoch nicht.

Es tut mir Leid, dass ich Ihnen keine positivere Einschätzung geben kann.
Rückfrage vom Fragesteller 1. Mai 2010 | 03:28

Sehr geehrter Herr Meivogel, vielen Dank für die rasche & ausführliche Antwort.

Die Strafanzeige gegen Unbekannt werde ich in jedem Fall stellen (es handelt sich hier immerhin um mehrere Tausend Euro).

Allerdings habe ich noch zwei Fragen, die mir etwas unklar sind.

- Ich bin ja eigentlich nicht der Eigentümer, sondern die Leasing-Bank. Was hat dies für eine Auswirkung?

- Der Schaden ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden (die Reifen sind ja nachweislich erst nach dem 14.4. verschwunden), bin ich damit nicht ein sog. Neugläubiger und damit kein Insolvenzgläubiger? Als Neugläubiger wäre ja eigentlich meine Forderung gegenüber dem Schuldner von dem Insolvenzverfahren nicht betroffen. Welche Vorteile bringt dies mir?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Mai 2010 | 10:28

Sehr geehrter Fragesteller,

regelmäßig werden in Leasingverträgen dem Leasingnehmer entsprechende Rechte wie die eines Eigentümers übertragen, da die Leasingbanken sich im Verhältnis zum Leasingnehmer umfassend freihalten.

Sie meinen Massegläubiger. Masseverbindlichkeiten entstehen aber nur durch (rechtsgeschäftliche) Handlungen des Insolvenzverwalters und nicht dadurch dass nach Eröffnung ein Abhandenkommen / Diebstahl erfolgt. Außerdem ist das Verfahren noch nicht eröffnet, da die Antragstellung am 14.4.2010 erfolgt ist. Derzeit läuft das sog. Insolvenzeröffnungsverfahren. Da entstehen grundsätzlich keine Masseverbindlichkeiten.

Sie könnten aber einmal nachfragen ob es keine Versicherung gibt, die den Schaden absichert. Möglicherweise hatte das Autohaus eine Versicherung für die verwahrten Gegenstände.

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