Rückwirkende Forderung von Umsatzsteuer auf Lagerraummiete entgegen des Vertrags

| 13. Juni 2025 00:49 |
Preis: 80,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Guten Tag, ich würde mich über eine Einschätzung des folgenden Sachverhalts freuen:

Seit Ende 2023 bin ich Mieter eines Lager- und Hobbyraums in einer Halle auf einem Privatgelände (kein ausgewiesenes Gewerbegebiet, Vermieter = Besitzer ist Privatperson ohne Gewerbe).
Ich selbst betreibe ebenfalls kein Gewerbe und erziele im Zusammenhang mit der Raumnutzung keinerlei Einnahmen. Bislang nutze ich den Raum vorwiegend für Holz- und Metallarbeiten sowie zum Abstellen verschiedener Gegenstände in Umzugskisten.

Der Vertrag beschreibt eine mögliche Nutzung des Raums zu folgenden Zwecken:
Lagerung von Gegenständen aller Art,
private Arbeiten aller Art, sofern nicht gewerblich/unternehmerisch,
Abstellen von Fahrzeugen aller Art.

Anmerkung zu den Fahrzeugen:
Ein abgeteiler Bereich des gemieteten Raums ist jedenfalls nicht zum Abstellen von Kraftfahrzeugen geeignet, da nur durch eine schmale Tür erreichbar. Fahrräder, Tretroller oder Schlitten würde man wohl hineinbekommen.
Das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der Hallen ist im Vertrag untersagt.

Aufgeführt ist eine Kaltmiete (es ist eine unbeheizte Halle) als Quadratmeter- und resultierender Gesamtbetrag.
Als darin bereits enthaltene Nebenkosten werden an verschiedenen Stellen im Vertrag relativ unstrukturiert aufgeführt:
- ein "Gemeindesatz"
- eine Gebäudeversicherung
- der Stromverbrauch der Außen- und Gemeinschaftsanlagen, aufgeteilt nach Anzahl der Mietparteien
- Reinigung der Sanitärräume, welche es bislang überhaupt nicht gibt.

Als weitere Nebenkosten zur gesonderten, jährlichen Abrechnung bzw. nachfolgenden Vorauszahlung eines Abschlags ist aufgeführt:
Der jeweilige Stromverbrauch des gemieteten Raums (wurde bislang niemals abgerechnet oder verlangt).

Nun, mit Stand 06-2025, will der Vermieter rückwirkend einfordern:
- 19 % Umsatzsteuer auf die erhaltene Miete
- nochmals den laut Vertrag bereits in der Miete enthaltenen "Gemeindesatz"
- nochmals die laut Vertrag bereits in der Miete enthaltene Versicherung
- weitere nicht näher benannte "Steuern".

Die Gesamtmiete bzw. der Quadratmetersatz würden sich dadurch um knappe 50 % erhöhen.

Den Haken an der Sache mit der Umsatzsteuer habe ich in §4 Abs. 12 Satz 2 Umsatzsteuergesetz bereits gefunden, "Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen" als umsatzsteuerpflichtig.

Aber:
Darf diese Umsatzsteuer ohne jegliche vertragliche Regelung und ohne entsprechende Ausweisung auf bisherigen Rechnungen (die es nicht gibt) rückwirkend gefordert werden?

Darf zukünftig Umsatzsteuer auf die komplette Miete erhoben werden wegen der vertraglich festgehaltenen Möglichkeit zum Abstellen von Fahrzeugen, wo tatsächlich überhaupt keine Fahrzeuge abgestellt werden und das in einem Teil der Räumlichkeiten auch kaum möglich wäre?

Besten Dank und freundliche Grüße - ich bin gespannt.
13. Juni 2025 | 03:57

Antwort

von


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Guten Morgen,
ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:

Der Mietvertrag ist genau zu prüfen, ob er Regelungen zur USt enthält, insbesondere einen Vorbehalt des Vermieters. Ist das nicht der Fall, gilt grundsätzlich:
Wenn im Mietvertrag keine ausdrückliche Nettopreisvereinbarung getroffen wurde, ist regelmäßig von einer Bruttopreisvereinbarung auszugehen, d.h. die Miete enthält bereits die Umsatzsteuer (wenn überhaupt Umsatzsteuerpflicht bestand).
Eine nachträgliche Erhöhung der Miete um die Umsatzsteuer ist dann nicht möglich.

Das gilt letztlich auch für die zukünftig fällig werdenden Mieten. Unabhängig von der Frage, ob der Vermieter ohne vertraglichen Vorbehalt die USt zusätzlich verlangen kann, muss geprüft werden, ob hier überhaupt ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Tatbestand vorliegt.
Hier hat der BFH in seinem Urteil vom 29.03.2017 - XI R 20/15 bestimmte Kriterien konkretisiert, unter denen eine USt-Pflicht vorliegt. Ich empfehle daher dringend, den Vorgang auch durch einen Steuerberater prüfen zu lassen.

Was die Forderung nach bestimmten Nebenkosten angeht, so gilt Folgendes:
Wenn laut Vertrag einzelne Kosten [i]in der Miete enthalten [/i]sind, dürfen sie nicht gesondert zusätzlich verlangt werden. Sie sind dann nämlich Teil des ausgewiesenen Mietbetrages und eben nicht [i]zusätzlich zur Miete[/i] zu entrichten. Das folgt aus der objektiven Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB).

Eine doppelte Forderung entbehrt der vertraglichen Grundlage.

Die Forderungen des Vermieters erscheinen daher insgesamt als nicht begründet.

Mit freundlichen Grüßen


Bewertung des Fragestellers 13. Juni 2025 | 07:50

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