ich bedanke mich für Ihre Anfrage, zu der ich auf der Grundlage Ihrer Schilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt Stellung nehme:
I. Nach Ihren Angaben hat der Händler - erfolglos - versucht, das in Rede stehende Fahrzeug nachzubessern, d. h. den gerügten Mangel zu beseitigen (vgl. § 439 Abs. 1 BGB).
Fraglich ist, wie sich dieser Versuch - sprich: die mangelhafte Nachbesserung - auf den Ablauf der in § 438 BGB geregelten Verjährung auswirkt. Entscheidend sind insoweit zwar alle Umstände des Einzelfalles. Man wird jedoch annehmen dürfen, daß in der Durchführung einer Nacherfüllung jedenfalls dann ein stillschweigendes Anerkenntnis liegt, wenn der Verkäufer aus Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz, sondern in dem Bewußtsein handelt, zur Mängelbeseitigung verpflichtet zu sein (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2005 - VIII ZR 16/05).
Hat also der Verkäufer das Fahrzeug noch vor Ablauf der Verjährung (erfolglos) nachgebessert, so hat er spätestens damit Ihren Nacherfüllungsanspruch anerkannt. Das gilt nur dann nicht, wenn der Verkäufer deutlich gemacht hat, daß er den Wagen nur "aus Kulanz", "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" o. ä. repariert.
Daran gemessen könnte ein Anerkenntnis auch bereits früher, nämlich bei Anzeige des Mangels durch Sie erfolgt sein. Erforderlich ist dafür, daß der Verkäufer Ihrem etwa geäußerten Nacherfüllungswunsch vorbehaltlos zugestimmt hat.
II. Ein Anerkenntnis hat nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB den Neubeginn der Verjährung zur Folge. Die Verjährungsfrist beginnt also vollständig von neuem zu laufen. Fehlt es an einem Anerkenntnis, kommt eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB in Betracht.
III. Wurde die Verjährung nach § 203 BGB gehemmt, oder begann sie nach § 212 Abs. 1 Nr. BGB neu, so haben Sie weiterhin die in § 437 BGB bezeichneten Rechte.
Sie können also jedenfalls nochmals Nacherfüllung verlangen. Ob Sie stattdessen vom Kaufvertrag zurücktreten können, läßt sich noch nicht nicht abschließend beurteilen.
Denn für einen Rücktritt ist i. d. R. erforderlich, daß dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nachbesserung gesetzt wurde (vgl. § 323 Abs. 1 BGB), oder daß die Nacherfüllung i. S. des § 440 BGB fehlgeschlagen ist. Letzters ist indes im Regelfall erst "nach dem erfolglosen zweiten Versuch" anzunehmen.
Ich hoffe, daß Ihnen diese Auskunft weiterhilft. Bitte machen Sie bei Bedarf von der Möglichkeit Gebrauch, eine kostenlose Nachfrage zu stellen.
Sehr geehrter Herr Trettin,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Leider bin ich nun noch verunsicherter, wenngleich Sie alles gut geschildert haben.
Der Fehler (Wassereintritt) wurde ja noch innerhalb der Neuwagengarantie aufgenommen und versuchsweise durch den Scheibenaustausch beseitigt. Ich habe darüber auch einen Beleg (Garantieauftrag) Kurze Zeit später war das Fahrzeug dann über die 2 Jahre hinaus und der gleiche Fehler ist vorhanden. Meine Frage war eigentlich so gemeint, ob ich nun grundsätzlich noch die Möglichkeit zum Rücktritt habe, da die 2 Jahre Garantie vorbei sind.
Sagen wir einmal, ich bringe das Auto nun noch einmal in die Werkstatt, die Scheiben werden erneut getauscht und es ist wieder Wasser im Auto. Dann hätte ich ein Recht auf Rücktritt. Die Frage war, ob dass dann möglich ist, also Erklärung des Rücktritts zu einem Zeitpunkt, welcher sich ausserhalb der 2 Jahre befindet.
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Der Verkäufer muß einen weiteren Nachbesserungsversuch nur vornehmen wenn Ihr entsprechender Anspruch noch nicht verjährt ist.
"An sich" ist von einer Verjährung auszugehen, weil Ihnen das Fahrzeug bereits Anfang Dezember 2006 übergeben wurde. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, ob durch den ersten Versuch, den Mangel an dem Wagen zu beseitigen, die Verjährung gehemmt wurde oder neu zu laufen begonnen hat.
Nur in diesem Fall sind Ihre Ansprüche wegen des immer noch vorhandenen Mangels nicht verjährt, obwohl bereits mehr als zwei Jahre verstrichen sind. Deshalb wäre - sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind - ein Rücktritt ungeachtet der inzwischen verstrichenen Zeit möglich.
Wurde dagegen die Verjährung nicht gehemmt, und hat sie auch nicht neu zu laufen begonnen, muß der Verkäufer nicht erneut versuchen, den Mangel zu beseitigen. Er kann sich stattdessen auf Verjährung berufen mit der Folge, daß auch ein Recht zum Rücktritt nicht (mehr) besteht.
Zusammengefaßt: Mehr als zwei Jahre nach Übergabe des Fahrzeugs können Sie nur dann mit Erfolg Nacherfüllung verlangen oder vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn trotz des Zeitablaufs noch keine Verjährung eingetreten ist. Es kommt deshalb darauf an, ob die Verjährung rechtzeitig gehemmt wurde oder neu begonnen hat.
Ich hoffe, daß Ihre Frage damit beantwortet ist. Sollte die Rechtslage trotz dieser ergänzenden Ausführungen nicht klarer geworden sein, können Sie mich gerne per E-Mail oder telefonisch kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
Rechtsanwalt
fea@trettin-rechtsanwaelte.de
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