Renovieren oder nicht

30. September 2008 23:11 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


00:16
Sehr geehrte(r) Rechtsanwalt / Rechtsanwältin,

es geht um folgendes:

Wir haben unsere Wohnung zum 30.11.2008 gekündigt. Eingezogen sind wir am 01.03.2007. Die Wohnung wurde ca. 6 Monate vor unserem Einzug vom Vermieter renoviert. Zwischenzeitlich wohnte der Sohn des Vermieters für ein paar Monate in der Wohnung. Direkt vor unserem Einzug wurden keine Schönheitsreparaturen vom Sohn des Vermieters oder vom Sohn durchgeführt. Auch wir haben die Wohnung in dem Zustand belassen, da alles noch so gut wie neu war, abgesehen von ein paar nicht zugespachtelten Bohrlöchern.

Die Wohung befindet sich in NRW, nur zur Info falls es in den Bundesländern verschiedene Gesetze dazu gibt.

Zum Zeitpunkt des Auszuges haben wir also 1 Jahr und 9 Monate in der Wohung gewohnt.
Nun wissen wir nicht ob wir Renovieren müssen, bzw. uns an gewisse Klauseln halten müssen die Handschriftlich zugefügt wurden bei der Unterzeichnung.

Es folgen die Auszüge aus dem Mietvertrag. Es ist ein Standartmietvertrag des "Kölnischer Verbund von Haus- und Grundbesitzervereinen e.V."

§9 Zustand der Räume bei Mietbeginn, laufende Schönheitsreparaturen, Ende des Mietverhältnisses, Haftung des Vermieters

(1)
Der Vermieter gewährt den Gebrauch der Mietsache in dem vorhandenen Zustand, altersentsprechende Gebrauchsspuren stellen keinen Mangel der Mietsache dar.

(2)
Während der Dauer des Mietverhältnisses übernimmt der Mieter auf eigene Kosten die laufenden Schönheitsreparaturen, die das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, Streichen der Fußbodenleisten, Heizkörper und Heizrohre, der Innentüren, Fensterrahmen und Außentüren von innen umfassen nach folgendem, im allgemeinen geltenden Fristenplan:
In Küchen, Baderäumen und Duschen in einem Zeitraum von drei Jahren, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten in einem Zeitraum von fünf Jahren, in anderen Räumen im Zeitraum von sieben Jahren. Für Lackierarbeiten am Holzwerk, den Heizungsrohren und Heizkörpern gelten die oben genannten Fristen nur soweit die Arbeiten an diesen Gegenständen ebenfalls bereits erforderlich sind. Sonst gilt eine im allgemeinen siebenjährige Frist. Fristbeginn ist der Anfang des Mietverhältnisses.

(3)
Nach vorstehender Ziffer (2) fällige Schönheitsreparaturen sind vor der Rückgabe der Räume an den Vermieter vom Mieter auszuführen. Endet das Mietverhältnis zu einem Zeitpunkt, in dem die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen noch nicht fällig ist, so trägt der Mieter die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen wie folgt:
liegen die jüngsten Schönheitsreparaturen für Küchen, Bad und WC länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter ein Drittel; liegen sie länger als zwei Jahre zurück, zwei Drittel der erforderlichen Renovierungskosten;
liegen die letzten Schönheitsreparaturen in wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten länger als ein Jahr zurück, so trägt der Mieter ein Fünftel; liegen sie länger als zwei Jahre zurück, zwei Fünftel, liegen sie länger als drei Jahre zurück, drei Fünftel, liegen sie länger als vier Jahre zurück, vier Fünftel der erforderlichen Renovierungskosten;
liegen die letzten Schöheitsreparaturen der übrigen Räume, des Holzwerkes, der Heizrohre und Heizkörper länger als ein Jahr zurück, zahlt der Mieter ein Siebtel; länger als zwei Jahre, zwei Siebtel; länger als drei Jahre, drei Siebtel; länger als vier Jahre, vier Siebtel; länger als fünf Jahre, fünf Siebtel; länger als sechs Jahre, sechs Siebtel der erforderlichen Renovierungskosten.
Die erforderlichen Renovierungskosten werden aufgrund eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlages ermittelt. Dem Mieter bleibt vorbehalten, geringere Kosten nachzuweisen, als sie der vom Vermieter eingeholte Kostenvoranschlag ausweist. Der Mieter kann auch bei der Quotenregelung ggf. einwenden, eine Renovierung sei noch nicht erforderlich.
Der Mieter kann seiner anteiligen Zahlungspflicht dadurch zuvorkommen, dass die erforderlichen Schönheitsreparaturen zum Ende der Mietzeit durch ihn ausgeführt werden.
Der Mieter schuldet fachgerechte Ausführung der Schönheitsreparaturen. Im Fall einer Neutapezierung sind zuvor alte Tapeten zu entfernen. Sofern Wände und Decken mit Raufasertapete ausgestattet sind, kann der Vermieter einen Farbanstrich in der Farbe weiß verlangen, sofern die Parteien keine andere Farbgebung vereinbaren. Vor Rückgabe hat der Mieter die Räume noch vollständig zu reinigen.

(4)
Die Haftung des Vermieters für Sachschäden des Mieters oder Dritter ist auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Vermieters oder seiner Erfüllungsgehilfen beschränkt.





Dann wurde noch auf der nächsten Seite zwischen §14 "Mehrere Personen als Mieter" und dem §15 "Vertragsänderung" Handschriftlich zugefügt:
"Die Wohnung wird bei Auszug tapetenfrei zurückgegeben."

Dies wurde nicht in ein Feld geschrieben, sondern einfach in eine freie Stelle, ich weiß nicht ob das wissenswert ist.


-- Die Vertragsinhalte sind Komplett und Wortgetreu aus dem Vertrag abgeschrieben worden --


Ich hoffe sie können uns weiterhelfen.

Freundliche Grüße und Danke für die Hilfe.
30. September 2008 | 23:58

Antwort

von


(1250)
Friedrichstr 171
10117 Berlin
Tel: 03036445774
Web: https://www.rechtsanwalt-weber.eu
E-Mail: rweber@rechtsanwalt-weber.eu
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich basierend auf Ihren Angaben und gemäß der Höhe Ihres Einsatzes wie folgt beantworten möchte:

Die Klauseln sind leider alle vollumfänglich gültig.

Dementsprechend müssen Sie die erforderlichen Schönheitsreparaturen vornehmen oder die in § 9 Abs 3. genannten Zahlungen leisten.

Schwierig dürfte hier die Bestimmung der erforderlichen Schönheitsreparaturen sein. Am einfachsten ist es, Sie führen mit dem Vermieter eine Wohnungsbegehung durch und einigen sich mit ihm auf die zu renovierenden Teile der Wohnung.

Die Tapeten-frei-Klausel ist ebenfalls gültig, da sie handschriftlich eingefügt wurde, es sei denn, daß Sie nachweisen können, daß der Vermieter diese öfters benutzt. Hier allerdings sollten Sie auch Rücksprache mit dem Vermieter halten, da mir diese Klausel widersprüchlich scheint. Oben wird eine Neutapezierung gefordert, unten eine tapetenfreie Wohnung gefordert.

Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben. Bitte benutzen Sie bei Bedarf die kostenlose Nachfragefunktion.

Ansonsten verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen,

RA R. Weber

Das Zurückhalten relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung radikal verändern. Diese Beurteilung ist lediglich eine erste rechtliche Orientierung.


Rückfrage vom Fragesteller 1. Oktober 2008 | 07:04

Sehr geehrter Herr Weber,

sie schreiben das die Klauseln alle gültig sind, die im Vertrag sowieso enthaltene sowie die handschriftlich zugefügte Klausel, obwohl die beiden gegensätzlich sind.

Nun wurde in anderen Fragen auf der Seite und bei veröffentlichungen von Mietervereinen immer wieder auf folgendes Urteil hingewiesen: "BGH; Urteil v. 05.04.2006 VIII ZR 163/05"
Dies scheint mir als Laie für meinen Fall zutreffend, da auch in dem vorliegenden Fall die Tapeten-Frei Klausel handschriftlich eingefügt wurde.
Dort kommt man zu folgendem Urteil: Zitat aus der Presseerklärung des Mietervereins: "Hiermit wird nach Auffassung des BGH die Renovierungspflicht
des Mieters überspannt, die gesamte Regelung ist daher nichtig, die Renovierungspflicht
des Mieters entfällt." (http://mieterverein-dortmund.de/downloads_/Presseerklaerung_Schoenheitsrep_Aug2006.pdf)

Ebenso erkenne ich als Laie in meinem Fristenplan, bei dem die Zeitliche einteilung ja allgemein annerkannt ist, keine Möglichkeit die Fristen aufgrnd guten Zustandes zu verlängern, wodurch er doch als Starrer Fristenplan zu werten ist, oder?


Wie gesagt, ich bin Laie, aber bisher hatte ich immer gegensätzliches zu ihrer Meinung gelesen. Bitte helfen sie mir die Bedenken aus dem Weg zu räumen.

Mit freundlichen Grüßen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. Oktober 2008 | 00:16

Sehr geehrter Ratsuchender,

wesentlich ist, daß die Fristen "im allgemeinen" gelten. Dadurch handelt es sich nicht (mehr) um starre Fristen. Wichtig bei starren Fristen ist nicht, ob die Fristen verlängert werden können, wichtig ist lediglich, ob sie auf jeden Fall oder eben nur "im Allgemeinen" gelten.

Das von Ihnen genannte Urteil ist hier anwendbar. Folgt man der in diesem Urteil genannten Rechtsprechung des BGH, so liegt ein sogenannter Summierungseffekt vor. Aufgrund dieser Rechtsprechung werden die beiden Klauseln, obwohl beide einzeln wirksam sind, im Zusammenspiel miteinander unwirksam.

Kurz: Gemäß dieser Rechtsprechung sind beide Klauseln nichtig, Sie müssen nicht renovieren.

Mit freundlichen Grüßen,

RA R. Weber

ANTWORT VON

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