27. Februar 2025
|
17:22
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Arbeitsvertrag enthält neben dem angegebenen Arbeitsort auch eine Versetzungsklausel, sodass der Einsatz in der anderen Praxis grundsätzlich vom Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) gedeckt ist.
Bei einer Versetzung muss der Arbeitgeber aber grundsätzlich alle Umstände und wechselseitigen Interessen nach billigem Ermessen berücksichtigen. Auch ein in einem Arbeitsvertrag vorbehaltenes Versetzungsrecht gilt nicht pauschal und deutschlandweit, sondern es sind immer auch die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dazu zählen auch die sozialen Lebensverhältnisse des Arbeitnehmers.
Der Arbeitgeber muss bei der örtlichen Versetzung daher auch die familiären Verhältnisse und die Grundrechte des Arbeitnehmers nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG beachten (LAG Köln, 28.02.2020 - 4 Sa 326/19). Deshalb kann vom Arbeitgeber im Einzelfall auch eine Prüfung anderer Möglichkeiten, beispielsweise den Einsatz weniger schutzwürdiger Kollegen an dem anderen Standort, verlangt werden.
Die von den Gerichten entschiedenen Fälle betreffen aber meist deutlich größere Entfernungen und entsprechend längere Fahrzeiten. Auch wenn für Sie 15 km und eine halbe Stunde Fahrtzeit verständlicherweise aufgrund der Familiensituation belastend sind, wird man hier keine extrem hohen Anforderungen an die Abwägung des Arbeitgebers stellen können.
Wenn es für den Arbeitgeber aber andere Alternativen gibt z.B. gleich qualifizierte Arbeitnehmer ohne kleinere Kinder oder sonstige familiäre Verpflichtungen oder mit einem Wohnsitz dichter an der anderen Praxis, dann wäre er unter Berücksichtigung Ihrer berechtigten Interessen verpflichtet, vorrangig diese Arbeitnehmer in der von Ihnen weiter entfernten Praxis einzusetzen. Sie könnten die Versetzung dann, zumindest wenn sie dauerhaft und nicht nur kurzzeitig wegen personeller Ausfälle erfolgt, erfolgreich angreifen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking