Prüfungsrecht: Wer ist der richtige Beklagte?

25. Februar 2011 19:45 |
Preis: 35€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Verwaltungsrecht



Bei der Fernuni Hagen wurde meine Bachelor-Arbeit in Wirtschaftswissenschaften leider mit "mangelhaft" bewertet. Da das Ergebnis nur sehr knapp unter einem "ausreichend" war und dem Prüfer ein Formfehler passiert ist möchte ich dagegen klagen (Widerspruch war erwartungsgemäß nicht erfolgreich). Ich habe im Internet einen Klageentwurf gefunden, der genau passt. Hab jetzt aber dazu drei Fragen:

1. Wer konkret ist der richtige Beklagte? Die Fernuni selbst, das Land NRW oder wer? Bräuchte die genaue Bezeichnung.

2. Lässt sich die Universität in der Regel von einem Anwalt vertreten (der im Falle des Unterliegens von mir bezahlt werden muss) oder schickt die Uni selbst jemanden zum Gericht? Möchte die Kosten nämlich so gering wie möglich halten, deswegen versuche ich es einfach mal selbst auf gut Glück. Kann ja immer nochmal schreiben wenn es nicht klappt. Wie hoch ist denn ungefähr der Streitwert?

3. Kann vor Gericht auch ein Vergleich mit der Gegenseite gemacht werden, so dass die Arbeit mit z.B. 4,0 bewertet wird oder muss man immer das Urteil abwarten und die Uni korrigiert dann eben nochmal wenn sie verliert?
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben wie folgt:

1. Beklagte: FernUniversität in Hagen
Vertretungsberechtigter: Der Rektor
Prof. Dr.-Ing. Helmut Hoyer,Feithstraße 152
58097 Hagen

2. Lässt sich die Universität in der Regel von einem Anwalt vertreten (der im Falle des Unterliegens von mir bezahlt werden muss) oder schickt die Uni selbst jemanden zum Gericht?

Nein. Sie schickt einen Mitarbeiter, wobei sie natürlich auch einen Anwalt beauftragen darf, was aber in solchen Sachen nicht besonders tunlich erscheint.

Wie hoch ist denn ungefähr der Streitwert?

7.500- 15.000.

3. Kann vor Gericht auch ein Vergleich mit der Gegenseite gemacht werden, so dass die Arbeit mit z.B. 4,0 bewertet wird oder muss man immer das Urteil abwarten und die Uni korrigiert dann eben nochmal wenn sie verliert?

Sie können natürlich einen Vergleich machen. Ich habe aber nie gehört, dass jemand ein Vergleich in solchen Sachen gemacht hat, weil die Prüfer nicht zu dem Termin geschickt werden. Und diese sollten eine neue Entscheidung treffen. Auch diese Prüfer müssten vor Gericht erscheinen. Sie können diese eventuell als Zeugen laden lassen. Das Gericht kann eine erneute Korrektur der Arbeit unter seiner Auffassung anordnen. Es kann auch anordnen, dass das Prüfungsverfahren wiederholt wird.
Rückfrage vom Fragesteller 25. Februar 2011 | 21:51

Vielen Dank für die rasche Antwort. Kurze Nachfrage:

Ist die Beklagte sicher die FernUniversität direkt und nicht das "Prüfungsamt bzw. die Prüfungskommission der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Fernuniversität"? Und warum ist für einen Vergleich zwingend die Anwesenheit der Prüfer notwendig? Ist der von der Uni bestellte Vertreter vor Gericht denn nicht selbst vergleichsberechtigt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Februar 2011 | 22:22

Die Uni ist die richtige Beklagte. Es ist eine juristische Person, nämlich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das können Sie aus dem Internetseite der Uni entnehmen. Prüfungsamt hat keine eigene Rechtsfähigkeit. Sie können es dazu im Rubrum schreiben, allerdings brauchen Sie auch eine natürliche Person.

Grundsätzlich kann jeder Beamte, der die Befähigung zum Richteramt und die zum Abschluss von Vergleich erforderliche Vollmacht hat, einen gerichtlichen Vergleich schließen. Allerdings ist im Prüfungsrecht wegen Chancengleiheit und dem Prüfern zustehenden Beurteilungsraum notwendig, dass die Prüfer der Beurteilung zustimmen oder dass das Gericht die Beurteilung als falsch oder unvertretbar beurteilt. Die zuständigen Beamte wissen das und begehen keine Pflichtwidrigkeit, indem sie einen Vergleich schließen.

Ich habe selbst den Fall gehabt, dass ich in einem bis dato höchstrichterlich nicht entschiedenen Fall, eine Meinung vertreten habe, die von der Literatur nicht so vertreten wurde. Dies wurde als falsch von den Prüfern beurteilt. Ich ging später in das Widerspruchsverfahren, und die Prüfer beurteilten die Meinung als unvertretbar unter Berufung auf einen zivilrechtlichen Kommentar. Dann kam ein Urteil des BGH in einer gleich gelagerten Sache während des Verfahrens, und der zuständige Justizprüfungsbeamte verwies die Prüfer auf die geänderte Rechtsprechung. Dennoch wollten die Prüfer dies nicht akzeptieren, obwohl sie noch kurz davor eine andere Meinung gehabt haben. Sie gaben insgesamt 4 Stellungnahmen, die sich teilweise auch widersprachen, wollten aber nicht den Fehler zugeben. Der für die Entscheidung zuständige Beamte konnte dennoch nicht für mich entscheiden. ER ist nur bei ganz bestimmten Konstellationen befugt, dem Widerspruch abzuhelfen oder einen Vergleich zu schließen. Ich ging damals aber nicht weiter, sondern erklärte die Sache für erledigt.

Ich wollte Ihnen nur beispielhaft zeigen, wie weit die Prüfer das Verfahren beeinflussen, und wie man ihnen ausgeliefert ist.

Ist der von der Uni bestellte Vertreter vor Gericht denn nicht selbst vergleichsberechtigt?

Ja, er wäre es, wenn er die Vollmacht dazu hätte. Aber sie werden nicht einen Anwalt schicken. Ich kenne das nicht so, habe eine Streitigkeit mit der Uni gehabt. Sie schicken eigene Leute. Das ist eine Einschätzung.

Mit freundlichen Grüßen

Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...