Neuberechnung bzw. Angleichung Kindesunterhalt

20. Juli 2015 13:56 |
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Familienrecht


Beantwortet von


17:56
Ich möchte mein Problem gern wir folgt schildern: Nach der Scheidung von meiner Ex-Frau wurde im Jahre 2010 die Kindesunterhalt für 3 unterhaltsberechtigte Kinder in Form einer Scheidungsvereinbarung zusammen mit dem Scheidungsurteil definiert und auch tituliert. Ab September beginnt mein ältester Sohn eine Ausbildung und erhält eine Ausbildungsvergütung, die dem Kindesunterhalt ja angerechnet wird. Ich habe darauf hin meine Exfrau um Auslunft bzgl. der Höhe der Ausbildungsvergütung gebeten, der sie auch nachgekommen ist. Gleichzeitig fordet sie eine Neuberechnung des Kindesunterhalts auch für die anderen beiden Kinder und in diesem Zuge von mir die Übersendung der Einkommenssteuerberscheide der letzten 3 Jahre. Zwischen 2010 und jetzt gab es zudem keine Auskunftsforderung des Einkommens seitens meiner Exfrau. Ich möchte die Neuberechnung des Kindesunterhaltes jetzt gern vom Jugendamt vornehmen lassen und in Form von Jugendamtsurkunden titulieren lassen. Meine Exfrau möchte dennoch die Einkommensnachweise der letzten 3 Jahre. Dazu habe ich jetzt konkret folgende Fragen:
1. Über welchen Zeitraum bin ich meiner Exfrau gegenüber auskunftspflichtig bzgl. Einkommen? (sind 3 Jahre gerechtfertigt, oder nur die letzten 12 Monate)
2. Besteht seitens meiner Exfrau (bzw. der Kinder) ein Anspruch auf rückwirkende Zahlung von ggf. gestiegenen Unterhaltsansprüchen?
3. Darf ich die Übersendung der Einkommensnachweise verweigern und auf die Neuberechnung des Unterhalts durch das Jugendamt bestehen?

Vielen Dank im Vorraus für die Beantwortung.
20. Juli 2015 | 14:48

Antwort

von


(2333)
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail: mail@ra-raab.de
Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:


1.

Über welchen Zeitraum Sie Auskunft über Ihre Einkünfte erteilen müssen, hängt davon ab, ob Sie selbständig tätig sind oder in einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis stehen.

Wegen der meist unregelmäßigen Einkünfte hat der selbstständige Unterhaltspflichtige Auskunft über seine Einkünfte über einen Zeitraum von drei Jahren zu erteilen. Der nicht selbstständige Unterhaltspflichtige muss Auskunft über seine Einkünfte betreffend die letzten zwölf Monate erteilen.

Aus Ihrem Sachverhalt geht nicht hervor, ob Sie einer selbstständigen oder eine nicht selbstständigen Arbeitstätigkeit nachgehen. Anhand dieser Informationen können Sie aber ersehen, für welchen Zeitraum Sie bezüglich Ihrer Einkünfte auskunftspflichtig sind.


2.

Ein rückwirkender Anspruch auf höheren Unterhalt besteht grundsätzlich nicht. D.h., es gilt der titulierte Unterhalt, selbst wenn sich tatsächlich die Voraussetzungen dahingehend geändert haben, dass höherer Ehegatten- und/oder Kindesunterhalt gezahlt werden müsste.

Zu beachten ist aber Folgendes: Angenommen, der Unterhaltsberechtigte fordert Sie unter Fristsetzung auf, Auskunft über Ihre Einkünfte zwecks Neuberechnung des Unterhalts zu erteilen, müsste – auch rückwirkend – erhöhter Unterhalt ab dem Zeitpunkt gezahlt werden, zudem die Frist zur Erteilung der Auskünfte abgelaufen ist.

Ein Beispiel verdeutlicht diese Sachlage: Nehmen wir an, Ihre geschiedene Ehefrau forderte Sie unter Fristsetzung bis zum 31.05.2015 auf, Auskunft über Ihre Einkünfte zu erteilen, wird, sollte sich höherer Unterhalt ergeben, dieser ab 01.06.2015 geschuldet.


3.

Wenn Sie sich weigern, Auskünfte über Ihre Einkünfte zu erteilen und diese Auskünfte durch geeignete Belege nachzuweisen, laufen Sie Gefahr, dass Ihre geschiedene Ehefrau ein gerichtliches Verfahren gegen Sie einleitet.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich im Hinblick auf den geschilderten Sachverhalt dringend, ordnungsgemäß Auskunft zu erteilen und die Auskünfte auch zu belegen.

Wenn Sie sich über die Höhe des Unterhalts einig sind, kann eine Titulierung durch eine Jugendamtsurkunde erfolgen.


4.

Zu prüfen ist ferner, ob Ihr ältester Sohn bereits volljährig ist. Sollte der älteste Sohn volljährig sein, wird der Unterhalt anders als bei minderjährigen Kindern berechnet.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 20. Juli 2015 | 17:40

Sehr geehrter Hr. Raab,

vielen Dank für die ausführliche Beantwortung. Zum Punkt 3. habe ich noch eine Nachfrage: ist es nicht ausreichend, wenn ich die entsprechenden Belege dem Jugendamt vorlege und bin ich damit meiner Auskunft- bzw. Nachweispflicht ausreichend nachgekommen? Es geht mir genau darum, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden, deshalb auch das Jugendamt als quasi "neutrale" Stelle zur Berechnung.

Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. Juli 2015 | 17:56

Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:


1.

Es reicht nicht aus, die Auskünfte gegenüber dem Jugendamt zu erteilen.

Der Unterhaltsberechtigte hat gegenüber dem Unterhaltspflichtigen einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Auskunft bezüglich der Einkünfte. Die Auskünfte müssen selbstverständlich auch belegt werden.

Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, z. B. indem Sie die Auskünfte nur dem Jugendamt erteilen, laufen Sie Gefahr, daß die geschiedene Ehefrau bei Gericht einen sog. Stufenantrag, gerichtet auf Auskunft und schließlich - nach erteilter Auskunft - auf Zahlung (des erhöhten Unterhalts) einreicht.

Schließlich braucht sich der Unterhaltsberechtigte nicht der Unterhaltsberechnung des Jugendamts anzuschließen, sondern kann selbst, z. B. durch einen Rechtsanwalt, eine Berechnung des Unterhalts vornehmen lassen.


2.

Sie sollten, um Nachteile zu vermeiden, die Auskünfte erteilen. Sodann ist es ratsam, den geschuldeten Unterhalt von einem Rechtsanwalt berechnen zu lassen. Dabei können Sie den Unterhaltsberechtigten anbieten, bezüglich des ermittelten Kindesunterhalts eine Jugendamtsurkunde erstellen zu lassen.

Mit dieser Verfahrensweise sind Sie auf der sicheren Seite und laufen nicht Gefahr, einem Gerichtsverfahren ausgesetzt zu sein.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt

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