Nach Eigenkündigung sperrt AG taggleich E-Mail+ Zugänge, und verlangt AU - erlaubt?

24. August 2022 06:04 |
Preis: 51,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


10:25
Folgender Sachverhalt:
Ich habe am 15.08.22 meinen AG über meine fristgerechte KÜ zum 31.08. 22 mündlich informiert. Anschließend teilte ich ihm auch mit, dass die schriftliche Zustellung via Kurierdienst am 16.08.22 vor 12:00 erfolgt. Da ich von HH aus Remote arbeite, Firmensitz aber FFM ist, musste jemand als Bote fungieren, um sicher zu sein, dass die KÜ seinem Machtbereich zur Fristwahrung auch tatsächlich zugeht.
Nun verlief das KÜ-Gespräch von seiner Seite aus wenig professionell. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass auch ein Unternehmen sich bei uns als Arbeitnehmer vorstellt und insbesondere die Probezeit auch für uns als AN‘s dafür da ist, genau hinzuschauen, ob die Kultur. die Werte & Führungsverhalten der Vorgesetzten und vieles mehr zu einem selbst passt. Er reagierte zunehmend anmaßend auf meine sachlichen Ausführungen und fing trotz mehrmaligen Hinweisen, dass ich nicht dazu verpflichtet sei innerhalb der Probezeit Gründe zu nennen.,mit Nachbohren an.

Allein dieser Umstand führte zu erneuter Bestätigung meinerseits, dass ich mich richtig entschieden habe bei einem besseren Arbeitgeber mein Talent einzubringen und Wertschätzung von Mitarbeitern u. Menschen sowie deren Befinden oberste Priorität 1 haben sollte.,
Dann wollte ich ein paar Formalitäten klären, was mit den restlichen Arbeitstagen ist, wie verfahren wir mit dem Resturlaub - wann soll ich den nehmen und was passiert mit meiner Geschäftsaustattung etc.

Dann sagt im vollem Ernst mein GF zu mir Dinge, die ich so noch nie erlebt habe (oder handelt später noch so):

1.) Warum ich denn ein Arbeitszeugnis brauchen würde - also er würde ja an meiner Stelle die 3 Monate im Lebenslauf verschweigen. Allein so einen Rat zu erteilen, ist inadäquat sondern auch noch aus arbeitsrechtlichen Gründen fragwürdig- er fordert mich auf Dinge zu verschleiern und mich ggf. schlechter zustellen durch unterlassen einer Informationspflicht oder wie sie sehen sie das?
Ich meinte nur, ich brauche es aber als Nachweis und habe ein Anrecht darauf zumal ich mir ja nichts zuschulden habe kommen lassen. Dann ging er mich wieder an, wieso ich das denn bräuchte. Also teilte ich ihm sachlich mit. dass ich nicht nur kündige, sondern bereits eine neue Position an meinem Wohnort habe und dies dort vorlegen muss.
2.) Darauf ist er sehr ausfallend geworden, er würde sich total verars….t vorkommen und ich hätte ihm das ja viel eher sagen müssen.

Fragen:
a) Darf ein AG derart nötigend und mit Nachdruck auf eine Eigenkündigung reagieren und ein bestehendes Recht nämlich das Ausstellen eines Zeugnisses verweigern?

Auch die bodenlose Forderung ich hätte ihn früher über meine beruflichen Veränderungen informieren müssen, finde ich absolut inakzeptabel und nicht fachgerecht reagiert.
b) Wie kontert man hier Vertragskonform als AN am besten ohne selbst in ein komisches Licht gestellt zu werden?

Er ordnete zudem mit sofortiger Wirkung an, dass ich meinen Resturlaub von 7 Tagen nach unserem Gespräch nehmen soll.. Ich erinnerte ihn dann daran, dass ich noch ein paar Tage zu arbeiten habe und ob es nicht Sinn machen würde, erst noch alles abzuschließen und am Ende den Resturlaub bis zum Ausscheiden zu nehmen? Dann sagte er nein - ich könne ja wenn nächste Woche nochmal wieder kommen.

3.) Auch da würde er mir raten eine AU zu holen, denn dann würde ich ja die Lohnfortzahlung von der Krankenkasse bekommen.
Fragen:
a) Darf der AG im Falle der KÜ über die Rest-Urlaubstage und wann sie zu nehmen sind bestimmen?

Ich habe meine Arbeitskraft im Laufe des Gesprächs ja erneut angeboten und weiss, dass ich auch dazu verpflichtet bin bis zum Ende der KÜ-Frist meine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, sonst besteht die Möglichkeit einer Benachteiligung meinerseits. Für mich war das auch kein Thema, da ich bewusst gekündigt habe, dennoch mir nicht nachsagen lassen möchte, ach guck mal jetzt hat sie nur noch krank gefeiert, die hatte wohl keinen Bock mehr, ist doch sicher vorgegaukelt. Ne nicht mit mir.
b) Darf mein noch AG überhaupt von mir eine AU verlangen/ mich wieder förmlich nötigen sowas zu tun, obwohl ich das gar nicht möchte, denn es ist ja offensichtlich, dass er nicht mehr wollte/ will dass ich nochmal arbeite? Was tue ich dann in dem Fall, nochmal die Arbeitskraft anbieten?

Eine offizielle Freistellung hat er aber bisher auch nicht ausgesprochen. Und da sind wir wieder beim Geld, darum geht es ihm nämlich einzig und allein, denn dann würde er ja aus seiner Sicht draufzahlen. Keine Arbeit, aber volle Lohnfortzahlung.

c) Kann es sein, dass mein AG sich damit geschickt aus der Affäre ziehen möchte? Und mir nun im Nachgang auf Grund des aktuellen Urteils zu Krankmeldungen nach einer Kündigung ( gut das ich das schon mitbekommen habe) es mir zum Nachteil ausgelegen wollte & er dann möglicherweise auch noch alles auf mich hätte abwälzen können ….

4) Darüberhinaus ist es ja nunmal Fakt, dass das Arbeitsverhältnis noch bis 31.08.2022 offiziell besteht. Am letzten Montag am späten Nachmittag so gegen 17:30/18:00 wollte ich am Mac was nachsehen,. Da musste ich feststellen, dass mein GF mir umgehend:

-meinen E-Mail Account und alle Zugangsdaten gelöscht hat
- alle Kollaborationstools gekappt waren
- mir meine Verbindung via Slack zu meinen Kollegen unterbunden hat
-ich keinen Zugriff mehr auf private Notizen hatte die ich im Google Drive Ordner zu Fachthemen hinterlegt hatte
etc das war und ist geistiges Eigentum gewesen und er hat mich dem beraubt meine eigenen Mitschriften zu sichern
-Ich ein sofortiges Redeverbot/ Handy Annahmeverbot mit meinen Projektauftraggebern erhalten habe
-außerdem habe ich gefragt oder angemerkt , ob ich nochmal mit meinen Kollegen sprechen darf und mich offiziell nach Bestätigung der KÜ verabschieden kann- daraufhin kam nur die Aussage er müsse das erst noch mit seinem GF-Partner besprechen
Seit wann darf ein AG verbieten, dass man sich bei seinen Teamkollegen verabschiedet? Das entbehrt doch jeglicher Grundlage.

Daher die abschließende Fragen
a) Hat mein GF in den ab Punkt 4) aufgeführten Verhaltensweisen nicht gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen, und sich auf Grund der frühzeitigen rechtswidrigen Auflösung/Löschung/Unterbindung /Diebstahl etc meiner Arbeitsmaterialien /Tools/ geistigen Eigentums
überhaupt erst eine sogenannte Unmöglichkeit —meine arbeitsvertraglichen Pflichten und Aufgaben noch weiter zu verfolgen- bewusst und vorsätzlich herbeigeführt hat, um rechtsbindende Abmachungen zu umgehen.
Sprich ich kann keine Leistung mehr erbringen daher auch kein Gehalt.

Ich brauche zu der Sachlage dringend eine Rückmeldung.

Heute müsste ich erneut den Kontakt aufnehmen und meine Arbeitskraft anbieten.
Vielen Dank
24. August 2022 | 07:08

Antwort

von


(2498)
Karolinenstr. 8
33609 Bielefeld
Tel: 0521/178960
Web: https://www.reinhard-otto.de
E-Mail: reinhard-otto-bielefeld@t-online.de
Guten Morgen,

wenn ich Ihre eigenen Wertungen aus der Sachverhaltsschilderung herausnehme, stellt sich für mich das Ganze wie folgt dar:

Sie haben 3 Monate nach Arbeitsaufnahme innerhalb der Probezeit gekündigt, der Chef hat nach den Gründen gefragt, er hat Ihnen angeraten, auf ein Zeugnis für die 3 Monate zu verzichten und Sie faktisch von der Arbeit freigestellt.

Dazu die folgenden Antworten:

Natürlich dürfen Sie in der Probezeit ohne Angabe von Gründen kündigen, dazu ist die Probezeit ja gerade da. Sie sind auch nicht verpflichtet, diesen Schritt in irgendeiner Weise zu begründen oder gar zu rechtfertigen.

Sie haben auch nach einem kurzen Arbeitsverhältnis grundsätzlich einen Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses. Das darf der AG Ihnen nicht verweigern, notfalls können Sie den Anspruch vor dem Arbeitsgericht einklagen.

Ob der AG Sie unter Anrechnung des Urlaubes freistellen darf, hängt davon ab, ob entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag wirksam vereinbart wurden. Ist das der Fall, kann eine Interessenabwägung durchaus zu dem Ergebnis führen, dass er Sie mit sofortiger Wirkung freistellen durfte. Dazu gehört auch der Ausspruch eines Hausverbotes.

Sofern Sie berechtigt waren, private Daten im betriebseigenen System zu speichern, haben Sie einen Anspruch auf Herausgabe, der notfalls vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen ist.

Allerdings darf eine Freistellung, wenn sie denn arbeitsvertraglich zulässig ist, nur bei vollem Gehaltsausgleich erfolgen. Er muss Ihnen dann schon das Gehalt bis zum 31.08. zahlen.

Besteht kein Recht zur Freistellung, können Sie vor dem Arbeitsgericht Ihr Recht auf Arbeit einklagen.


Mit freundlichen Grüßen





Rückfrage vom Fragesteller 24. August 2022 | 10:03

Hallo Herr Otto,

vielen Dank für Ihre schnelle Rückmeldung.

Ich habe noch einmal nachgesehen, bzgl einer Klausel zur Freistellung. Dies ist tatsächlich der Fall. Wortlaut laut Vertrag: „Mit Ausspruch einer KÜCHE- gleichgültig von welcher Seite- ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung etwaiger restlicher Urlaubsansprüche von der Arbeit freizustellen. Entsprechendes gilt bei einverständlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Während der Freistellung findet Paragraph 615 Satz 2 BGB Anwendung."

Allerdings hat er diese Freistellung nicht wortwörtlich benannt, sondern wie gesagt die Aufforderung/Empfehlung gemacht eine AU für die noch restlichen Tage einzureichen.
Was sagen sie zu dem Umstand? Eine Freistellung bei vollem Gehalt wäre für mich ja i.O. aber nach der gemachten Aussage mit der Lohnfortzahlung seitens der Krankenkasse bin ich mir nicht sicher, ob der AG nun gewillt ist mir mein Gehalt zu zahlen?

Es ist also für mich rechtlich ohne Folgen, wenn ich nun nicht mehr tätig werde und auch keine AU wie vom AG gewünscht einreiche, richtig? Oder sollte ich noch einmal nachfragen, ob die Freistellung gemäß AV bis 31.08.22 nun offiziell läuft nach der Urlaubsanrechnung.?

Wer muss eigentlich die Kosten zur Rücksendung der gesamten Arbeitsmittel (Laptop, Monitor, Diensthandy etc. ) tragen?

Ganze herzlichen Dankf für Ihren fachlichen Rat

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. August 2022 | 10:25

Sie bringen natürlich keine AU bei, das darf er auch nicht von Ihnen verlangen.

Wegen der etwas unklaren Lage teilen Sie ihm schriftlich mit, dass Sie aufgrund seiner Äußerungen und der vorgenommenen Handlungen (Email-sperre etc) von einer unwiderruflichen Freistellung gemäß § xxx des Vertrages ausgehen. Sollte er dies nicht so gemeint haben, erwarten Sie eine umgehende Rückantwort und bieten vorsorglich ab dem Tag nach dem Urlaub bis zum 31.08. Ihre Arbeitsleistung an. Angesichts des Verhaltens des AG reicht hier ein wörtliches Angebot aus.

Die Arbeitsmittel sind von Ihnen herauszugeben, wobei die Herausgabe gemäß § 269 BGB an Ihrem Wohnort zu erfolgen hat. Teilen Sie daher dem AG mit, dass er die Sachen nach entsprechender Terminsvereinbarung bei Ihnen abholen (lassen) kann. Ersatzweise mag er Ihnen die Kosten der Rücksendung vorausleisten und Sie von der Haftung bei Verlust freistellen.

Mit freundlichen Grüßen

ANTWORT VON

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