Mitarbeiter soll Finanzbericht 'anpassen'

2. August 2006 22:46 |
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Strafrecht


Beantwortet von


10:36
Die Frage berührt straf-, steuer- und arbeitsrechtliche Aspekte (am ehesten wohl ersteres):
Der GF einer mittleren Firma (ca 80 Angestellte) verlangt von einem Mitarbeiter (Angestellter) mit Nachdruck die Erstellung eines Berichts mit einigen "angepaßten" Angaben, um beim Finanzamt finanzielle Vorteile zugunsten der Firma zu erhalten (Der Mitarbeiter ist Außerndienstmitarbeiter, der einige Verwaltungstätigkeiten nebenbei durchführt - er ist also kein "hauptamtlicher" Buchhalter, dafür gibt es die entsprechende Abteilung. Der Bericht ist jedoch ziemlich umfangreich.). Der Mitarbeiter fügt sich schließlich; unterschrieben wird der Bericht jedoch nur vom GF. Die Antwort des Finanzamtes steht noch aus.

Wie beurteilen Sie diese Situation, und wer hat u. U. mit welchen Konsequenzen zu rechnen? Welches Verhalten ewmpfehlen sie dem Mitarbeiter, der davon ausgeht, daß die Sache irgendwann rauskommt?
2. August 2006 | 23:18

Antwort

von


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Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung wie folgt beantworte:

1)
Durch den mit „angepassten“ Angaben versehenen Bericht wird, da das Finanzamt (bzw. die dortigen Beamten) durch Täuschung und dem durch diese hervorgerufenen Irrtum eine Vermögensverfügung (die Bewilligung der finanziellen Vorteile) mit dem Ergebnis eines Vermögensschaden für die Allgemeinheit der Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB) relevant. Ob dieser im Versuchsstadium „stecken bleibt“ oder gar ein besonders schwerer Fall vorliegt (ab € 50000,-), ist noch Zukunftsmusik. Der Geschäftsführer ist auf jeden Fall Täter, der Mitarbeiter könnte als Gehilfe (§ 27 StGB) oder als Mittäter eingestuft werden, wobei das Gewicht der Tatbeiträge für eine Beihilfe spricht, die aber in ihren Konsequenzen nicht immer geringer ausfällt. Wie die Straferwartung aussieht, richtet sich nach verschiedenen Umständen, v.a. an der Höhe des Schadens und dem individuellen Schuldgehalt der (dann) Angeklagten, wobei hier auch Gründe wie die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und das etwaige Nachtat-Verhalten (z.B. Geständnis, Hilfe bei der Entdeckung und Aufklärung der Tat) strafmildernde Auswirkungen haben. Eine seriöse Beurteilung kann aber erst nach Akteneinsicht vorgenommen werden.

2)
Der Mitarbeiter befindet sich verständlicherweise in einer Zwickmühle: bringt er die Tat zur Anzeige, droht ihm womöglich die Arbeitslosigkeit - schweigt er, drohen strafrechtliche Nachteile. Letztendlich muss dem Mitarbeiter von Seite der Ermittlungsbehörden nachgewiesen werden, dass er wusste, dass er unrichtige Angaben macht. Mein erster Gedanke war: der Mitarbeiter soll sich schnellstmöglich einen anderen Arbeitsplatz suchen, kündigen und dann die Machenschaften offenbaren. Wenn er aber ohnehin die Entdeckung der Tat befürchtet, sollte er sofort mit offenen Karten spielen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung vermitteln.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 5. August 2006 | 09:40

Machnmal gelingt es auch Mitarbeitern, sich durchzusetzen und eine heikle Situation zu retten. Danke für Ihren Rat.
Hätte der GF denn eine Möglichkeit gehabt, den MA loszuwerden? Wegen Kündigungsschutz doch wohl nur über eine sehr häßliche Schlammschlacht und einen langwirigen Prozeß, oder?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. August 2006 | 10:36

Sehr geehrter Fragesteller,

grundsätzlich ist das Begehen von Straftaten ein Grund zur außerordentlichen Kündigung. In dem von Ihnen geschilderten Fall hat der GF aber selbst die Anweisung zum strafbaren Verhalten gegeben, so dass eine hierauf gestützte Kündigung als widersprüchliches Verhalten im Sinne des § 242 BGB nicht haltbar wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt

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