Ihre Anfrage kann ich Ihnen anhand Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten.
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass, solange die Bundesländer noch keine eigenen Strafvollzugsgesetze erlassen haben, zunächst das (Bundes) StVollzG weiter Anwendung findet.
Sofern ein Bundesland ein eigenes Strafvollzugsgesetz erlässt, muss es sowohl der jeweiligen Landesverfassung als auch dem Grundgesetz entsprechen.
Dies folgt daraus, dass, dass die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG). Diese Vorschrift gilt sowohl für die Bundes- als auch für die Landesgesetzgebung.
Unabhängig davon, dass Art. 24 der Landesverfassung von NRW meines Erachtens keine Regelung zur Zwangsarbeit enthält, wäre eine solche Regelung im Lichte der Rechtsprechung zur Zwangsarbeit auszulegen, was bedeutet, die Zwangsarbeit wäre im Rahmen des Strafvollzuges – und in dem Rahmen, wie Sie jetzt stattfindet auch dort weiter zulässig.
Grundsätzlich hat ein (Landes-)Strafvollzugsgesetz – sofern es eins gibt - Vorrang vor dem (Bundes-) Strafvollzugsgesetz so dass der Bund gegen ein Verfassungswidriges Landesgesetz nur durch das Bundesverfassungsgericht einschreiten kann (Normenkontrollverfahren).
Da aber auch für die Landesstrafvolllzugsgesetze das Grundgesetz gilt wäre das von dem Kollegen geschilderte Folterverbot aus Artt. 2 Abs. 2, 1 Abs. 1 GG einschlägig.
Da auch der Entzug von Nahrung und sogar die Androhung desselben als Folter zu werten ist, wäre eine solche Regelung in einem Landesstrafvollzugsgesetz verfassungswidrig und nichtig.
Angemerkt sei noch, dass § 103 StVollzG keinen Verbotskatalog enthält, sondern abschließend die zulässigen Diziplinarmaßnahmen im Strafvollzug regelt.
Das Verbot des Nahrungsentzuges folgt schon aus den genannten Normen des Grundgesetzes.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort einen Einblick in die Rechtslage verschaffen konnte und verbleibe
Ist es also so, dass im Lichte der allgemeinen NRW Verfassung oder bei einer möglichen Verfassungsänderung in NRW eine Reform des Strafvollzugsgesetz sich dann an die Regeln der NRW Verfassung zu richten hat, wenn die NRW Verfassung in Sachen Zwangsarbeit schärfere Regeln hat als das GG ?
Nimmt man an, dass NRW ein eigenes Strafvollzugsgesetz macht und die NRW Verfassung würde Zwangsarbeit verbieten, dass GG aber nicht, dass bei einer Einführung eines speziellen Landesgesetzes zum Strafvollzug dieses sich um Gegensatz zu einem Bundesgesetz an die verschärften Vorgaben der Landesverfassung dann haltennmuss ?
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Annahme ist korrekt. Wenn die NRW - Verfassung in Sachen Zwangsarbeit schärfere Regelungen trifft als das Grundgesetz, dann sind diese Regelungen vom Landesgesetzgeber einzuhalten.
Wäre also in der NRW-Landesverfassung Zwangsarbeit vollständig verboten, dann dürfte das entsprechende Landes Strafvollzugsgesetz diese auch nicht erlauben.
Insofern gilt, dass Landesgesetze sich grundsätzlich an die strengere verfassungsrechtliche Vorgabe - sei es nun Bundes- oder Landesverfassungsrecht - halten muss.
Mit freundlichen Grüßen
Bade
Rechtsanwalt