Kündigung: Arbeitnehmer unerlaubt freiberuflich, nach 2 Jahren entdeckt? Was tun?

18. Juni 2023 00:11 |
Preis: 75,00 € |

Arbeitsrecht


Hallo,

durch Zufall stolperten wir über die Freiberuflichkeit eines angestellten Programmierers.

Der Arbeitsvertrag sieht ausführlich vor, dass Nebentätigkeiten genehmigt werden müssen. In diesem Falle versäumte es der Angestellte diese Nebentätigkeit anzumelden. Wir entdeckten es dadurch, dass er auf XING sich als Freelancer ausgab, seit 2021, obwohl er seit 2021 Vollzeit angestellt ist. Nachdem der Mitarbeiter darauf angesprochen wurde, änderte er sofort seine XING-Seite. XING war jedoch so freundlich uns zu versichern, dass sie die Änderungs-Geschichte bereitstellen, sobald zur Klage kommt.

Einige Fragen:

- 2 Jahre sind eine lange Zeit. Sollen wir auf Vertragsbruch seit 2 Jahren klagen, mit Schadensersatz von 2 Jahren? Dabei ist der Mitarbeiter sogar 2 Jahre angestellt. Wie geht man das an?

- Als Erstes dachten wir an eine Feststellungsklage, um zu klären, ob und wie lange er freiberuflich war, etwa nach einer Prüfung mit XING. Von da an arbeitsrechtl. Klagen oder Schadensersatz?

- Wie würde Schadensersatz bei einer nicht genehmigten Nebentätigkeit und einer 2 Jahres-Vollzeitstelle überhaupt kalkuliert werden? Der Mitarbeiter hatte ja durchaus einiges geschafft, auch wenn wir immer den Verdacht hatten, dass er zu langsam oder abgelenkt wirkte. 50 %?

- Wie sicher ist eine solche Kündigung wegen Verletzung der Nebentätigkeits-Meldepflicht? Ist es dann eine außerordentliche Kündigung, wegen Vertragsbruch? Beweislast läge bei uns, oder?

Mit freundlichen Grüßen
Eingrenzung vom Fragesteller
18. Juni 2023 | 00:15
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Der Vertragsbruch, der ggf. seit 2 Jahren besteht, berechtigt nicht unbedingt zu einem Anspruch auf Schadensersatz.

Einen Schaden müssen Sie nicht nur tatsächlich erlitten haben, für den Anspruch müssen Sie auch die Kausalität nachweisen.

Wegen der nachweisbaren, über 2-Jahre erfolgten unerlaubten freiberuflichen Tätigkeiten, können Sie arbeitsrechtliche Konsequenzen ggf. ohne eine sonst erforderliche Abmahnung umsetzen, z.B. eine Kündigung.

Dagegen könnte der Mitarbeiter Klage erheben.

Ob eine außerordentliche Kündigung wegen Verletzung der Meldepflicht bezüglich einer Nebentätigkeit möglich ist, ist § 626 Abs. I BGB zu entnehmen, vorsorglich sollten Sie auch eine ordentliche Kündigung, wegen Vertragsbruch aussprechen. Die Beweislast läge bei Ihnen, aber Sie teilen ja mit, XING unterstützt Sie mit Informationen. Diese sollten Sie bereits jetzt sichern!

Wie Sie selbst darstellen, "versäumte" es der Angestellte lediglich, diese Nebentätigkeit anzumelden.

So wird er sich auch verteidigen und den Verstoß bagatellisieren.

Damit steht lediglich ein Verstoß gegen eine vertragliche Nebenpflicht im Streit, nämlich die arbeitsvertragliche Pflicht, sich eine Nebentätigkeit genehmigen zu lassen.

Eine Feststellungsklage mit dem Ziel zu klären, ob und wie lange er freiberuflich war, könnte dann ggf. im Wege der Wiederklage erfolgen.

Es ist gerade Ihre Aufgabe, einen Schaden aufgrund der nicht genehmigten Nebentätigkeit zu kalkulierten.

Der Mitarbeiter hatte ja bei Ihnen einiges geschafft. Dass Sie stets den Verdacht hatten, dass er zu langsam oder abgelenkt wirkte, rechtfertigt das keinesfalls einen pauschalen 50%-Abzug.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
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