Kostenersatz für die für Immobilieninteressenten eingeholten Handwerkerangebote

8. Juli 2017 15:45 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


11:28
Guten Tag sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte !

Derzeit veräußere ich eine mir gehörende, 102 m² große, modernisierte Altbauwohnung und bewerbe diese Immobilie mit einer Festpreisangabe auf den klassischen Immobilienbörsen im Internet.

Für die Wohnung interessierte sich vor circa sechs Wochen per E-Mail-Anfrage eine Interessentin, mit der ich an einem Samstagnachmittag einen Besichtigungstermin wahrnehmen konnte.

Die Wohnung befand sich schon damals in einem sofort bezugsfertigen Zustand mit unbewohntem Laminatboden, geweißten Wand- und Deckenflächen, modernisiertem Badezimmer, etc..

Ich händigte der Dame im Termin meine bebilderten Exposéunterlagen aus. Aus denen ging auch noch einmal der Kaufpreis der Wohnung hervor und am Ende unseres Rundgangs äußerte die Interessentin reges Kaufinteresse an meinem Immobilienangebot.

Am Dienstag, der darauffolgenden Woche forderte sie per E-Mail diverse Verwalterunterlagen bei mir an und betonte noch einmal ihr Kaufinteresse und auch das Kaufinteresse ihres Ehemannes.

Mit weiterer E-Mail bat sie um die Vereinbarung eines zweiten Besichtigungstermins und ferner sollte ich ihr die Wohnung bis dahin reservieren. Des Weiteren warf sie die Fragen auf, ob in meiner Wohnung eine Einbauküche mit Kochinsel gestellt werden kann und ob der vorhandene Laminatboden gegen einen Parkettfußboden getauscht werden könne. Und da die Interessentin und ihr Ehemann ortsfremd sind, warf sie die weitere Frage auf, ob ich mich im Rahmen des Wohnungsverkaufs um den Einbau der Einbauküche und des Parkettfußbodens kümmern könne.

Nun bin ich weder gelernter Küchenbauer, noch Bodenleger, bot meiner Interessentin per E-Mail jedoch an, dass ich mich hier vor Ort um entsprechende Handwerker und insbesondere um entsprechende Handwerkerangebote kümmern könne.

Dies würde für mich jedoch einen zusätzlichen Mehraufwand an Zeit und womöglich auch an Kosten nach sich ziehen und - so teilte ich ihr es per E-Mail mit -, dass, wenn ich mich hierum kümmern würde, ich meine Interessentin aber auch beim Wort nehme, dass wir anschließend auch vertraglich zueinander kommen.

Dies bejahte sie mir in einer weiteren E-Mail zwar nicht explizit, gab mir jedoch für die Küchen- und die Parkettfußbodenplanung extra noch Fotos aus dem Internet an die Hand, im Bezug auf die Farbgestaltung und die gewünschte Spezifikation der Einbauküche (Berücksichtigung eines Foodcenters, etc.).

Um bei meiner Angebotseinholung nichts falsch zu machen, kontaktierte ich - wie bei Ausschreibungen üblich - für jedes der zwei Gewerke jeweils drei Handwerker und holte in den Folgewochen so insgesamt sechs Angebote ein. Drei Angebote für den Küchenentwurf mit 3D-Planung und drei Angebote für das Einbringen eines Parkettfußbodens.

Zwischendurch hielt ich meine Kaufinteressentin mit Informationen zu meinem Tätigwerden per E-Mail auf dem Laufenden.

Bis mir alle Angebote für Einbauküche und Parkettfußboden vorlagen, mußte ich insgesamt sieben Vororttermine wahrnehmen, welche zum Teil nach meinem Feierabend stattfanden. Zur Wahrnehmung jedes Termins fiel für mich ein Fahrtaufwand von jeweils 34 km an, da sich meine Wohnung im Nachbarort befindet.

Am Samstag, der hinter uns liegenden Woche fand nun der zweite Besichtigungstermin statt und meine Kaufinteressentin und ihr Ehemann fanden hierbei meine Wohnung in exakt dem Zustand vor, wie auch schon bei der Erstbesichtigung.

Alle eingeholten Handwerkerangebote händigte ich den Kaufinteressenten nun noch im Original aus.

Am darauffolgenden Montag erhielt ich dann die Nachricht, dass meine Kaufinteressenten nach wie vor sehr am Erwerb meiner Immobilie interessiert seien, doch aufgrund der Tatsachen, dass sich am Hause kein eigener Kfz-Stellplatz befindet, das Badezimmer recht einfach ausgestattet ist, überhaupt noch eine Einbauküche einzubauen wäre und insbesondere vor dem Hintergrund, dass meine Interessenten Kenntnis von dem Kaufpreis des vor einiger Zeit angebotenen gesamten Hauses hätten, würden sie meine Wohnung nur mit einem zu gewährenden Kaufpreisnachlaß in Höhe von € 30.000,00 erwerben wollen. Dafür darf ich mich dann aber auch nachvertraglich noch um den Einbau der Einbauküche und den Parkettfußboden kümmern, da die Interessenten - wie zuvor erwähnt - nicht aus der Region kommen. Vermutlich - aber das nur wenn ich Glück habe - hätte ich für das Stellen der Einbauküche und das Einbringen des Parkettfußbodens dann auch noch in die Gewährleistung gehen dürfen. Wie Sie sehen und lesen, ein Geschäft zum mit der Zunge schnalzen.

Ich muß wohl nicht erwähnen, dass es unter diesen Umständen zu keinem Kaufvertragsabschluß kam.

Soviel zur Vorgeschichte. Und nun meine Frage an Sie:

Kann ich für meine wahrgenommenen, insgesamt s-i-e-b-e-n Handwerkertermine einen Kostenersatz für meine investierte Zeit und für meine Fahrtkosten verlangen ? Immerhin befand sich die Wohnung bereits zum Zeitpunkt der Erstbesichtigung in demselben Zustand, wie zum Zeitpunkt der Zweitbesichtigung und alle Gründe, welche aus Erwerbersicht für eine Kaufpreisreduktion sprechen (fehlender Stellplatz, "einfache" Badezimmerausstattung, keine vorhandene Einbauküche) waren zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden. Hätte meine Interessentin mich bereits im Rahmen der Erstbesichtigung oder im Rahmen der Anforderung der Verwalterunterlagen oder im Rahmen ihres Reservierungswunsches darauf hingewiesen, dass sie beabsichtigt, meine Kaufpreisvorgabe noch zu verhandeln, bzw., dass sie erwägt gar € 30.000,00 weniger zahlen zu wollen, ja dann hätte ich den Aufwand des Einholens von Kostenvoranschlägen für Einbauküche mit Kochinsel und Parkettfußboden selbstverständlich gar nicht betrieben. In diesem Fall hätte ich meinerseits nicht einmal einen Termin für eine Zweitbesichtigung angeboten und vereinbart.

Ich vermisse hier einfach die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Kaufinteressenten und finde deren Vorgehensweise mehr als schäbig. Einen Einkaufswagen rollt man auch nicht schon an die Kasse, wenn man seinen Einkauf noch gar nicht beendet hat oder sich nicht über die Kaufpreise der hierin befindlichen Waren schlüssig ist. Und daher erwäge ich es, den mir angefallenen Aufwand für Zeit, Fahrtkosten und Nerven weiter zu berechnen.

Für Ihre Beantwortung meiner Frage bedanke ich mich ganz herzlich und ich verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich basierend auf Ihren Angaben wie folgt beantworten möchte:

Sie hätten allenfalls einen Schadensersatzanspruch aus § 280 I i.V.m. 311 II Nr. 1, 241 II BGB. Allerdings kommt die Haftung eines potentiellen Vertragspartners nur unter bestimmten sehr engen Vorraussetzungen in Betracht. Grundsätzlich hat jeder die von ihm im Hinblick auf einen erwarteten Vertragsschluss getätigten Aufwendungen zu tragen. Das Risiko, dass später der Vertrag nicht zu Stande kommt und sich die Aufwendungen als nutzlos erweisen, fällt jedem Verhandlungspartner selbst zu. Auch wenn die Parteien sich schon in längeren und ernsthaft geführten Vertragsverhandlungen befinden, kann jede Seite vom Vertragsschluss Abstand nehmen, ohne sich deshalb bereits wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen schadensersatzpflichtig zu machen. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur dann, wenn ein Verhandlungspartner bei der Gegenseite zurechenbar das Vertrauen erweckt hat der Vertrag würde mit Sicherheit zu Stande kommen und sodann die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht. Hier gelten sehr, sehr strenge Kriterien. Sie haben selbst vorgetragen, dass sie nicht explizit den Vertragsschluss als sicher angegeben hat. Ihre Freizeit wäre sowieso nicht als Schaden zu ersetzen. Freizeit wird nur in Ausnahmefällen und ausdrücklich kodifizierten Fällen ersetzt, wie z.B. in § 651 f BGB. Es müsste zudem ein "besoders schwerwiegender" Treueverstoß vorliegen. Ich kann ihren Ärger verstehen, aber schwerwiegendere Fälle wurden vom BGH leider schon mehrfach abgewiesen (z.B. BGH, NJW-RR 2009, 43).

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Hellmich


Rückfrage vom Fragesteller 10. Juli 2017 | 09:49

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Hellmich,

das Ergebnis Ihrer Antwort ist für mich insoweit natürlich wenig zufriedenstellend - zumal ich für die 3D-Planungen der Küche eigentlich sogar noch hätte mit € 150,00 an Kosten belastet werden sollen.

Aber warum darf beispielsweise ein Notar Kosten für einen Kaufvertragsentwurf in Rechnung stellen, wenn dieser später dann nicht beurkundet wird und ich als Verkäufer einer Immobilie gehe mit meinem gesamten, hier nicht gerade geringen Aufwand vollkommen leer aus ?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Juli 2017 | 11:28

Ich kann verstehen, dass sie mit der Situatuion nicht zufrieden sind. Dennoch bin ich als Rechtsanwalt verpflichtet ihnen die Rechtslage mitzuteilen. Sie würden einen Prozess verlieren und auf den Gerichtskosten. Anwaltskosten etc. ebenfalls sitzen bleiben. Aufgrund der Vertragsfreiheit sind nämlich die Parteien bis zum endgültigen Abschlusses des Vertrages in ihrer Entscheidung frei und haben das Recht von Vertrag Abstand zu nehmen. Aufwand der in Erwartung des Vertragsschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr. Notare sind sicherlich priviligiert, weil es sich hier um eine (teure) Dienstleistung und um Arbeitszeit und nicht Freizeit handelt. Wären die Kosten für die 3D Planung angefallen hätte man zumindest einen eindeutigen Schaden, aber auch dann wäre der "besondere Treuebruchsverstoß" fraglich. Es müssen nämlich alle Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Der Gesetzgeberische Sinn ist der, dass bei einer Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschaden ein indirekter Zwang zum Vertragsabschluss erzeugt werden würde, insbesondere dann, wenn der Vertragsabschluss hoch ist.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Hellmich

ANTWORT VON

(120)

Todtenhauser Str. 77
32425 Minden
Tel: 01626947700
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Hellmich-__l108323.html
E-Mail: rechtsanwalt.hellmich@gmx.de
RECHTSGEBIETE
Strafrecht, Vertragsrecht, Miet- und Pachtrecht, Kaufrecht, Erbrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...