Kleingartenverein - Pächterwechsel im Einzelpachtvertrag / Räumung von Laube

16. Juni 2022 09:44 |
Preis: 51,00 € |

Vereinsrecht


Beantwortet von

Ich habe den Einzelpachtvertrag mit einem Kleingartenverein (e.V.) im Juli letzten Jahres abgeschlossen und möchte - zum 30.06. dieses Jahres, also nach weniger als 1 Jahr Nutzung, den Vertrag kündigen. Der Vorstand des Kleingartenvereins hat vorgewarnt, dass ich die alte Laube auf der Parzelle, welche ich von meinem Vorgänger für rund EUR 260 (der Preis wurde vom Gutachter bestimmt, welcher vom Verein bestellt wurde) gekauft habe, auf eigene Kosten entfernen muss wenn ich kündigen möchte. Da der Dachmaterial der Laube Asbest beinhaltet, ist mit hohen Beseitigungskosten zu rechnen.

Der Pachtvertrag beinhaltet die folgende Klausel diesbezüglich:
(1) Nach Beendigung des Pachtverhältnisses ist der Pächter verpflichtet, auf seine Kosten die Parzelle geräumt von den Baulichkeiten, sonstigen Anlagen und Anpflanzungen an den Verein herauszugeben.
(2) Der Verein kann dem Pächter ausnahmsweise in Abweichung vom Absatz 1 auch gestatten, die auf der Parzelle befinflichen Baulichkeiten, sonstige Anlagen und Bepflanzungen oder vom Verein bestimmte einzelne davon auf einen vom Verein zu benennenden Nachpächter zu übertzragen, sofern der neue Pächter diese Sachen überhaupt zu übernehmen bereit ist. Der Pächter ist trotzdem verpflichtet, alle Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen zu beseitigen, deren Beseitigung der Verein verlangt. Das sind insbesondere verfallene, unbrauchbare, verunstaltende oder ohne Genehmigung errichtete Baulichkeiten.

Meine Fragen:
1) Ist die Regelung oben betr. Beseitigung von Baulichkeiten rechtswirdrig oder darf der Verein verlangen, dass die Baulichkeiten auf der Parzelle auf Kosten des ausschedeinden Pächters entfernt werden?
2) Sollte die Regelung nicht rechtswidrig sein, ist sie auf meinen Fall anwendbar? Es handelt sich um eine alte Laube im schlechten Zustand (=Baulichkeit auf der Parzelle aus dem Jahr 1983), welche ich vom Vorpächter übernommen habe und weiniger als 1 Jahr besitze. Die Beseitigung des Asbest-Daches dieser Laube dürfte mehrere TEUR betragen. Ein schlechter Erhaltungszustand wurde im Wertermittlungsgutachten damals dokumentiert. Das Gutachten beinhaltet keinen Hinweis auf eventuell hohe Beseitigungskosten. Der symbolische Wert von EUR 260 wurde damals vereinfachend durch lineare Abschreibung von Herstellungskosten bestimmt.
16. Juni 2022 | 11:37

Antwort

von


(1622)
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Sehr geehrter Ratsuchender,

lassen Sie mich Ihre Fragen,

1) „Ist die Regelung oben betr. Beseitigung von Baulichkeiten rechtswidrig oder darf der Verein verlangen, dass die Baulichkeiten auf der Parzelle auf Kosten des ausscheidenden Pächters entfernt werden?",
2) „Sollte die Regelung nicht rechtswidrig sein, ist sie auf meinen Fall anwendbar?",

wie folgt beantworten:


Vorbehaltlich einer Prüfung des gesamten Vertrages ist eine Kündigung zum 30.06.2022 nicht möglich. Die Beendigung ist nur zum Ende des Pachtjahres möglich mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr. (Eine Beendigung zum Ende des Kalenderjahres wäre möglich bei Kündigung im Juni [spätestens Zugang am 04.07.], wenn Pachtjahr das Kalenderjahr ist.)

1.
Ein Kleingartenpachtvertag ist ein besonderer Pachtvertrag.

Es finden daher grundsätzlich die §§ 581 ff. BGB, aber auch das Bundeskleingartengesetz (BKleingG), Anwendung.

Das heißt, der Pächter ist bereits von Gesetzes wegen (§ 581 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 546 Abs. 1 BGB, BGHZ 96, 141, 144) verpflichtet „Einrichtungen, Aufbauten und sonstige bauliche Maßnahmen" zu beseitigen.

In Ihrem Fall haben Sie die Laube ausdrücklich vom Vorpächter übernommen.

Absatz 1 der von Ihnen zitierten Vertragsklausel entspricht der gesetzlichen Lage und ist daher [b]wirksam[/b]. Absatz 2 weicht die Entfernungspflicht auf.

2.
Auch ohne die zitierte vertragliche Regelung sind Sie zur Beseitigung verpflichtet.

[b]Die Regelung ist auf Ihren Fall anwendbar, es sei denn. es gibt andere vertragliche Regelungen.[/b]


>
[b]Sie finden daher besser einen Nachpächter [u]und[/u] [b]einigen[/b] sich mit dem Verein

oder

kündigen den Gartenpachtvertrag nicht.[/b]


Eine Entschädigung für die Laube (§ 11 BKleingG) ist bei Eigenkündigung des Pächters nicht vorgehen.

3.
Beseitigen Sie die Laube nicht, machen Sie sich schadensersatzpflichtig.
Der Schadensersatzanspruch des Vereins wegen Nichtbeseitigung verjährt in sechs Monaten ab Rückgabe.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


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