Antwort
vonRechtsanwalt Arnd-Martin Alpers
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vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
[quote]1. Liegt aus Ihrer Sicht ein relevanter Sachmangel vor, insbesondere im Hinblick auf den verschwiegenen Austauschmotor?[/quote]
Tatsächlich ist diese Frage nicht unumstritten und es kommt hier auch auf den Einzelfall an. Es fängt an bei der Frage, ob es sich um einen neuen originalen Austauschmotor handelt oder ggf. um einen gebrauchten oder überholten Motor. Die Frage ist ja zudem, ob sich die angegebene Laufleistung auf den Austauschmotor bezieht und das Fahrzeug selbst eine deutlich höhere Laufleistung hatte.
Das AG Andernach hat z.B. mit Urteil vom 23.12.2020, 69 C 379/19 (https://www.iww.de/quellenmaterial/id/221680) folgendes festgestellt:
[quote]Der Austausch des Motorblocks ist eine für jeden verständigen Käufer maßgebliche Information beim Abschluss eines PKW-Kaufvertrages. Dies gilt unabhängig davon, ob der PKW neu oder gebraucht ist. Der Motor ist eines der wesentlichsten Teile an einem Kraftfahrzeug. Er ist nicht nur Antriebsmaschine, mit ihm hängen viele weitere wichtige Komponenten, z.B. Zylinderkopf und Ölwanne, zusammen. Der Austausch des Motorblocks erfolgt nicht ohne Grund, sodass dies für einen potenziellen Käufer maßgebliches Kriterium sein kann, um einzuschätzen, welche Risiken mit dem Erwerb dieses Fahrzeugs verbunden sind.
[...]
Der Austausch des Motorblocks hat einen merkantilen Minderwert des PKWs zur Folge, welcher einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründet.
Eine Sache ist gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelbehaftet, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art unüblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache nicht zu erwarten vermag.
Nicht nur der technische, auch der merkantile Minderwert des Kaufgegenstands kann einen Sachmangel darstellen. Ein merkantiler Minderwert liegt vor, wenn nach erfolgter Mängelbeseitigung eine verringerte Verwertbarkeit gegeben ist, weil die maßgeblichen Verkehrskreise ein im Vergleich zur vertragsgemäßen Ausführung geringeres Vertrauen in die Qualität des Gegenstands haben (BGH, Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 m.w.N.). Der Verkauf gehört regelmäßig zur gewöhnlichen Verwendung, sodass Umstände, die sich negativ auf die Verkäuflichkeit auswirken, ebenfalls eine Abweichung des Ist- vom Soll-Zustand zulasten des Käufers darstellen (BGH, Urteil vom 14.01.1971, VII ZR 3/69, NJW 1971, 615; BGH, Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 84/10, NJW 2013, 525).[/quote]
2./3. Könnten in diesem Fall Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden – etwa Nachbesserung, Minderung oder Rücktritt?Kommt auch eine arglistige Täuschung oder grobe Fahrlässigkeit durch das Autohaus in Betracht, und hätte dies Auswirkungen auf die Verjährungsfristen?
Grundsätzlich ja, nur wären die Gewährleistungsrechte mit Ablauf von 2 Jahren seit Übergabe verjährt. Eine Verlängerung auf die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren besteht allerdings, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.
Wie Sie der oben genannten Entscheidung entnehmen können, kann man hier eine Offenbarungspflicht des Verkäufers über eine für die Kaufentscheidung wesentliche Information annehmen. Wenn der Verkäufer diese Information also verschwiegen hat, können Sie ggf. von der verlängerten Gewährleistungsfrist profitieren.
4. Welche Erfolgsaussichten sehen Sie bei einem Vorgehen gegen das Autohaus, wenn dieses behauptet, von dem Austauschmotor selbst nichts gewusst zu haben?
Hier kann es zunächst sinnvoll sein, selbst versuchen, zu recherchieren. Sie sollten z.B. eine Auskunft aus dem Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) beim Kraftfahrtbundesamt einholen (https://www.kba.de/DE/Themen/ZentraleRegister/ZFZR/Auskunft/zfzr_auskunft_inhalt.html).
Hieraus können sich wertvolle Hinweise ergeben. Eine Auskufnt aus der HIS-Datei der versicherungsiwrtschaft (https://www.informa-his.de/selbstauskunft/) kann Aufschluss darüber geben, ob das Fahrzeug ggf. in einen Unfall verwickelt war.
Wenn Sie Informationen zum Voreigentümer haben, kann es natürlich auch hier sehr sinnvoll sein, diesen zu befragen.
Sollten Reparaturen wie auch der Motoraustausch in einer Markenwerkstatt ausgeführt worden sein, dürften die Daten dort auch entsprechend gespeichert sein, so dass auch eine Abfrage bei der zentralen Datenbank des Herstellers betreffend der Reparaturhistorie ein Ansatzpunkt sein kann.
Je nach den vorhandenen Informationen lässt sich dann einschätzen, ob ein Vorgehen gegen das Autohaus erfolgversprechend ist.
Wenn sich das Autohaus hier komplett bedeckt hält und keine relevanten Auskünfte erteilt, würde ich tatsächlich dazu raten, sich hier anwaltlich vertreten zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Arnd-Martin Alpers
Vielen Dank für die erste Einschätzung.
Eine Rückfrage hat sich dennoch ergeben. Welchen Unterschied würde es ausmachen, wenn es sich um einen neuen, gebrauchten oder generalüberholter Motor handeln würde? Gehen wir in diesem Fall von einem neuen Austauschmotor aus, würde es unsere Position im Gerichtsverfahren schmälern bzw. könnte man sich dann noch auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages berufen da im Kaufvertrag keine Erwähnung davon war? Im Übrigen hat sich herausgestellt, dass es keinen Kaufvertrag gibt, lediglich eine "Gebrauchtfahrzeug-Rechnung"
Sehr geehrter Ratsuchender,
bei einem neuen Austauschmotor besteht je nach Sachverhalt zumindest die Gefahr, dass die Gegenseite sich deutlich mehr wehren und behaupten wird, dass überhaupt kein Mangel vorliege, weil der Austauschmotor ja im Ergebnis sogar eher den Wert des Fahrzeug erhöhe als verringere. So hat das OLG München mit Urteil vom 13. August 2003 – 3 U 2888/03 in seiner Entscheidung ausgeführt:
[quote]Das Erstgericht hat zutreffend die Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen gewürdigt. Ein Mangel des verkauften Fahrzeugs durch den Einbau eines neuen Motors ist zu verneinen, weil der hier eingebaute aus Neuteilen bestehende Motor dem Originalmotor und damit dem Erstmotor technisch völlig gleichwertig ist. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass zwischen den beiden Motoren keinerlei Qualitätsunterschiede bestehen. Dem Erstgericht ist auch dahin zu folgen, dass im Hinblick auf eine tatsächlich nicht bestehende technische Wertminderung ein Mangel nicht mit Erwägungen zu möglichen merkantilen Auswirkungen auf bestimmte Käuferkreise zu begründen ist. Es bedarf dazu keines weiteren Sachverständigenbeweises. Die hypothetische Annahme einer möglichen 3 %igen Minderung eines zu erzielenden Kaufpreises lässt insb. im Hinblick auf die im vorliegenden Fall um ca. 5.000 km geringere Laufleistung des zweiten Motors nicht die Feststellung zu, dass lediglich ein um 3 % verminderter Kaufpreis wegen des neuen Motors erlöst werden kann. [/quote]
Mich überzeugt die Entscheidung nicht, da m.E. sehr viele Käufer vor einem Kauf zurückschrecken, wenn Sie Kenntnis von einem Austauschmotor erlangen, so dass dies regelmäßig einen nicht unerheblichen Einfluß auf den Wert des Fahrzeugs hat. Aber im genannten Fall ist der Sachverständige und letztlich dann auch das Gericht zu einer anderen Überzeugung gekommen.
Im Ergebnis kommt es nach meiner Auffassung nicht darauf an, was für einen anderer Motor verbaut wurde. Allerdings lassen sich eben auch abweichende Meinung umso eher einfangen, je weniger neu und Original der Austauschmotor ist.
Auch wenn es keinen Kaufvertrag sondern nur eine "Gebrauchtfahrzeug-Rechnung" gibt, ändert dies zunächst nichts an den Gewährleistungsrechten. Die Frage ist dann, ob sich aus der Rechnung Angaben wie die Laufleistung entnehmen lassen oder diese Angaben separat gemacht wurden. Äußerst hilfreich kann es hier immer sein, wenn Angaben möglichst ausdrücklich zugesichert wurden und sich dann als falsch herausstellen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt