Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Tatsächlich sieht § 312g Absatz 2 Nr.9 BGB eine Ausnahme vom gesetzlichen Widerrufrecht vor bei Fernabsatzverträgen "zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht".
Als Freizeitveranstaltung ist jede Veranstaltung anzusehen, die der Unterhaltung oder dem Zeitvertreib dient. Erfasst werden Sport-, Freizeit- und kulturelle Veranstaltungen aller Art, also grundsätzlich auch Tanzkurse.
Weitere Voraussetzung ist, dass die Dienstleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen ist. Erforderlich ist insoweit, dass die Leistungszeit konkretisiert und eingrenzbar ist. Sollte der Tanzkurs zu einem bestimmten Termin stattfinden, wäre daher das Widerrufsrecht leider wie von der Tanzschule behauptet ausgeschlossen.
Wenn der Widerruf ausgeschlossen ist, kann die Tanzschule die vereinbarte Vergütung verlangen, auch wenn Sie nicht am Kurs teilnehmen (§ 615 BGB). Die Tanzschule muss sich dann aber gemäß § 615 Satz 2 BGB ggf. anderweitig erzielten Verdienst anrechnen lassen, z.B. wenn der Kurs dennoch voll besetzt werden konnte.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrter Herr Wilking,
Ich muss den Fall konkretisieren:
Unsere Tochter hat, weil auf der Internetseite der Tanzschule, keine Telefonnummer zu finden war, eine Email geschickt, mit der Bitte um Information, ob für einen bestimmten Tanzkurs noch Plätze frei seien. Sie wurde daraufhin per SMS mit folgendem Text: "Hola! Bitte gebe deine Anmeldung direkt über die Hompeage ein" aufgefordert, sich anzumelden. Sie hat das als Anfrage verstanden, nicht aber als (lt. AGB) rechtsverbindliche Anmeldung. Sie ist davon ausgegangen, dass diese rechtsverbindliche Anmeldung erst mit Bezahlung erfolgt. Sie hatte zumindest so den Satz "Mit pünktlichem Zahlungseingang ist Dir Dein Kursplatz sicher." interpretiert, den sie auf der Homepage fand.
Die Tanzschule bezieht sich nun aber auf ihre AGB und ihren Sonderstatus lt. § BGB 312g, Nr. 9, erkennt den Widerspruch nicht an und verlangt den vollen Kurspreis von 180 Euro.
Ich bin nur Laie, was Rechtsfragen betrifft, aber kann sie sich hier nicht auf Irrtum berufen. Die SMS-Nachricht hat sie noch gespeichert, ihre Email-Anfrage leider nicht mehr.
Mit freundlichen Grüßen
§ 312j Absatz 3 BGB verlangt eine Schaltfläche, die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Fehlte bei der Anmeldung eine solche Schaltfläche, ist kein Vertrag zustande gekommen und die Tanzschule kann keine Zahlung verlangen (§ 312j Absatz 4 BGB).
Ansonsten könnte Ihre Tochter den Vertrag ggf. gemäß § 119 BGB anfechten, wenn sie sich im Irrtum darüber befand, dass ihre Willenserklärung als rechtsverbindliche Anmeldung aufgefasst wird. Die Anfechtung muss aber unverzüglich erklärt werden, § 121 BGB.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen