24. Dezember 2024
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01:43
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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[b]1. Rechtsgrundlage der Kostenbeteiligung[/b]
Gemäß § 97a SGB VIII sind Eltern grundsätzlich verpflichtet, sich an den Kosten der Jugendhilfe zu beteiligen, sofern diese - auf für ein volljähriges Kind - gewährt wird. Diese Verpflichtung steht in Zusammenhang mit der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (§§ 1601 ff. BGB).
2. Mögliche Argumente gegen die Kostenbeteiligung
Sie können versuchen, die Notwendigkeit der Maßnahme in Frage zu stellen oder eine Reduzierung der Kostenbeteiligung zu erreichen.
Hier wäre zunächst § 36 a Absatz 2 "§ 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung" SGB VIII interessant:
[quote][i](1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans [b]unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts [/b]erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
[b]Absatz 2)[/b] Abweichend von Absatz 1 [b]soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. [/b]Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 [b]ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.[/b]
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 [b]vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, [/b]so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.
[/i][/quote]
[b]Argumentieren Sie:[/b]
[b]a) Keine Notwendigkeit[/b] der Maßnahme (§ 41 Abs. 1 SGB VIII)
Argumentieren Sie, dass die Unterbringung nicht erforderlich gewesen wäre, da Ihr Kind weiterhin in der Familie leben konnte und eine angemessene Versorgung sowie Unterstützung gewährleistet waren.
Betonen Sie, dass Sie trotz Ihrer gesundheitlichen Herausforderungen stets für Ihr Kind da waren und alternative Maßnahmen (z. B. ambulante Therapien oder familienunterstützende Hilfen) (vgl. oben im [b]Absatz 2 fett [/b]unterlegt) in Betracht gezogen werden könnten.
[b]b) Kostengünstigere Alternativen[/b]
Die Jugendhilfe ist verpflichtet, die finanziell tragbarste Lösung zu wählen, die gleichzeitig dem Wohl des Kindes entspricht (Wirtschaftlichkeitsgebot, § 36 SGB/36 a VIII). Argumentieren Sie, dass es bislang keine Abwägung auch mit Ihrer Beteiligung zu möglichen kostengünstigeren Alternativen gab.
[b]c) Einkommensprüfung und Leistungsfähigkeit[/b]
Ihre finanziellen und gesundheitlichen Belastungen (ggf. ärztliche Atteste vorlegen) könnten ein Grund sein, die Kostenbeteiligung zu reduzieren oder ganz abzuwenden.
Die Berechnung der Kostenbeteiligung muss anhand Ihrer Leistungsfähigkeit erfolgen. Fordern Sie detaillierte Unterlagen zur Berechnung an und prüfen Sie, ob Freibeträge und Belastungen berücksichtigt wurden.
[b]3. Praktisches Vorgehen[/b]
a) Einspruch und Stellungnahme
Legen Sie innerhalb der gesetzten Frist ([b]ganz wichtig, sonst geht in der Regel nichts mehr) [/b]Einspruch bzw. den in der "ersten Aufforderung" bezeichneten Rechtsbehelf ("Rechtsmittelbelehrung m. Frist") gegen die Aufforderung zur Einkommensauskunft ein, mit der Begründung, dass die Maßnahme aus Ihrer Sicht nicht notwendig war.
Bitten Sie um eine Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Maßnahme.
b) Gutachten oder Stellungnahme
Erwägen Sie, eine Stellungnahme eines Therapeuten, Arztes oder anderer Experten vorzulegen, die belegt, dass Ihr Kind im Elternhaus gut versorgt war und keine Notwendigkeit für die stationäre Unterbringung bestand.
c) Antrag auf Erlass oder Reduzierung
Gemäß § 92 Abs. 5 SGB VIII kann eine Ermäßigung oder ein Erlass der Kostenbeteiligung beantragt werden, wenn diese unzumutbar ist.
Hier die Originalfassung:
[i][quote]Absatz (5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, [b]wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. [/b]Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.[/quote][/i]
Dieses "gebundene" Ermessen ("soll") ist voll justiziabel und sollte dem Jugendamt zu denken geben.
Stellen Sie dar, dass Ihre finanzielle und psychische Situation eine erhebliche Belastung darstellt und Sie durch die Zahlung existenziell bedroht sind. Das deckt sich mit der von Ihnen geschilderte Situation[i] "... Ich bin als Vater Alleinverdiener, die Mutter ist gesundheitlich nicht arbeitsfähig. Ich habe gerade einen längeren Klinikaufenthalt hinter mich gebracht, wir sehen uns nun vor einer neuen ernsten Krise stehen, die die ganze Familie auseinanderbrechen und nach unten reißen könnte".
[/i] ... und sollte Ihr stärkstes Argument sein, [b]weil damit auch das Kindeswohl direkt betroffen wäre.[/b]
[b]4. Rechtsbeistand oder Beratung[/b]
Da die Angelegenheit komplex und mit erheblichen Auswirkungen verbunden ist, ist es ratsam, eine Beratung durch einen auf Familienrecht oder Sozialrecht spezialisierten Anwalt (ggf. im Vorfeld "Beratungshilfe" beantragen) oder eine Beratungsstelle (z. B. bei einer nicht involvierten/neutralen Stelle des Jugendamts oder bei Sozialverbänden) in Anspruch zu nehmen.
5. Prüfung der Maßnahme
Falls das Jugendamt die Maßnahme ohne Ihre Zustimmung getroffen hat, prüfen Sie, ob die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung ohne elterliche Zustimmung erfüllt waren. Jugendhilfe für Volljährige ist an enge Voraussetzungen gebunden, insbesondere wenn das Kind weiterhin Kontakt und Unterstützung durch die Eltern hätte erhalten können.
Diese Vorgehensweise sollte Ihnen helfen, sich gegen die Kostenbeteiligung zu wehren oder zumindest die Belastung zu reduzieren. Es ist wichtig, alle Fristen einzuhalten und schriftlich notfalls per Einschreiben mit der Behörde zu kommunizieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer