JobCenter verlangt Kontoauszüge von bereits vor Jahren gekündigten Konten

26. Februar 2016 15:14 |
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Generelle Themen


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe da eine Frage hinsichtlich der aktuellen Rechtslage bzgl. der Verpflichtung zur Vorlage von Kontoauszügen durch das Jobcenter. Folgender Sachverhalt liegt zugrunde:

Ich beziehe seit 01.03.2015 ALG II-Leistungen vom JobCenter (ich habe 2013 meinen Universitätsabschluss gemacht und noch nie versicherungspflichtig arbeiten dürfen). Ich habe beim damaligen Antrag und auch beim jetzt beim WBA Kontoauszüge der letzten 3 Monate beigefügt.
Im Zuge der Bewilligung meines WBA für den Zeitraum 01.03.2016 - 28.02.2017 bekomme ich die Aufforderung zur Mitwirkung. Durch einen Datenabgleich (§ 52 SGB II) wurde bekannt, dass ich 2014 (weit vor meiner Antragsstellung beim JobCenter) 2 andere Konton mit Kapitalerträgen (zusammen unter 300 €) hatte. Weiterhin werden die Unterlagen zu einem gekündigten Bausparvertrag sowie einem Nachweis über den Stand des Bausparguthabens eingefordert. Deshalb werden von beiden Banken Kontoauszüge vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 eingefordert.

Sozialleistungsempfänger müssen nach dem Gesetz bestimmte Mitwirkungspflichten nachkommen. Rechtsgrundlage ist § 60 Abs. 1 SGB I. Ich möchte gern mitwirken, schon allein, damit meine Leistungen nicht gekürzt werden. Allerdings möchte ich sichergehen, dass die Rechtsgrundlagen das hergeben.

Meine Frage: Mit welcher Rechtsgrundlage kann das JobCenter, wenn mein neuer Leistungszeitraum bereits bewilligt wurde, nach Kontoauszügen VOR meinem Erstantrag fragen? Bzw. Mit welchen Paragraphen kann ich dagegen vorgehen? Gilt immer noch, dass das BSG bisher mindestens eine Pflicht von 3 Monaten bejaht hat? Kann das JobCenter so lang zurückliegende, geschlossene Konten im Rahmen des automatischen Datenabgleichs OHNE konkreten Verdacht erfragen? Wo liegen die Grenzen der Mitwirkungspflicht

Auf eine kleine Anfrage der Fraktion die LINKE hat die Bundesregierung eine Tabelle mit Institutionen veröffentlicht, die im Rahmen des automatisierten Datenabgleichs abgeglichen werden dürfen: http://www.sozialhilfe24.de/news/1908/hartz-4-jobcenter-kontrolliert-daten-automatisch/ (Da sind Banken gar nicht erwähnt)
Welche Wege kann ich einleiten?

Nun meine konkreten Fragen, ist das Jobcenter berechtigt, meine Kontoauszüge für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 zu fordern? Wenn ja, welche Rechtsgrundlagen verpflichten mich zur Einreichung der vollständigen Kontoauszüge? Wo und in welchem Gesetz wird die vom Jobcenter erhobene Forderung geregelt? Macht es Sinn die Vorlage zu Verweigern? Macht ein Widerspruch bei Leistungskürzungen Sinn?

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir meine vorgenannten Fragen beantworten könnten. Für Ihr Verständnis und Ihre Bemühungen im Voraus vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,

ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:

Wie Sie schon sagen, ergibt sich die Mitwirkungspflicht aus § 60 SGB I.
Demnach und unter Zugrundelegung der Entscheidung des BSG, die Ihnen ja bekannt ist, darf das Jobcenter Kontoauszüge für drei Monate zurückliegend anfordern. Auch der Datenabgleich ist nach Gesetz und Rechtsprechung an sich ist zulässig, denn hierbei werden keine Kontostände abgefragt, sondern nur, ob es Konten gibt/gab.
Eine Anforderung von Kontoauszügen vor der Stellung des ersten Antrages ist nur dann zulässig, wenn es einen Verdacht gibt, dass Sie bei der ersten Antragstellung etwas verschwiegen haben.
Dann nämlich kommt ein Betrugsversuch als Straftatbestand in Betracht. Hier zeigt die Erfahrung, dass JC auch anzeigen und es zu Strafverfahren vor Gericht kommt.

Angesichts dessen und auch der Mitteilung, dass Sie bei der Vorlage der Kontoauszüge "nichts zu befürchten haben", würde ich Ihnen daher raten, die Kontoauszüge vorzulegen.

Sie fragen auch noch an, ob bei Leistungskürzungen ein Widerspruch Sinn macht. Das kann leider pauschal ohne nähere Angaben nicht beantwortet werden. Hier ist zu prüfen, ob es Anhaltspunkte gibt, dass die Leistungskürzung rechtswidrig erfolgt ist.

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und
verbleibe mit freundlichen Grüßen

Draudt
Rechtsanwältin
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