Internationales Steuerrecht: Transferpreise EU Mutter-Tochter-Richtlinie

6. Februar 2025 13:16 |
Preis: 70,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


14:11
Ich habe eine Managementholding auf Zypern, die eine 50%-ige Tochter in Deutschland besitzt.

Hierfür möchte ich die EU Mutter-Tochter-Richtlinie nutzen.

Dass lt. deutscher Richtlinien eine zweite Tochter benötigt wird, die ebenfalls in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Holding steht soll hierfür außen vor gelassen werden.

Die Rechnungen von der Firma auf Zypern an die deutsche GmbH liegen deutlich unter den Transferpreisauflagen für einen Local File von 600.000€. Tatsächlich liegen sie bei ca. 132.000€ pro Jahr.

Aktuell tracke ich für meine Tätigkeiten für die deutsche Tochter meine Zeit und schreibe dafür Rechnungen. Hieraus ergeben sich zwei Fragen.

1) Entsteht durch die Beteiligung am operativen Geschäft eine Vertretergesellschaft, die aus irgendeinem Grund steuerschädlich sein kann?

2) Um die Auflagen für die Quellensteuerbefreiung aus deutscher Sicht zu erfüllen, muss eine strategische Managementdienstleistung vorliegen, keine operativen Tätigkeiten (also bspw. langfristige, strategische Personalentscheidungen anstatt operativer Personalverwaltung- und Abrechnung).
Hierfür würde ich das Abrechnungsmodell umstellen. Statt operative Stunden zu berechnen würde ich regelmäßige Meetings in 2-4 wöchigen Abständen mit dem Geschäftsführer in Deutschland vereinbaren und die besprochenen Punkte in einer Mail festhalten. Genügt dies für eine steuerliche Anerkennung seitens der Tochtergesellschaft in Deutschland unter der Transferpreispflicht? Vorher war das durch das genaue Zeittracking mit Tätigkeitsbeschreibung wohl besser nachvollziehbar.

Es werden hierfür ca. 11.000€ monatlich bei einem Umsatz der Tochter von 1.200.000€ pro Jahr berechnet. Der Geschäftsführer in Deutschland erhält 108.000€ monatlich + Dienstwagen.
Wenn die zyprische Managementholding in das operative Geschäft der deutschen Tochter involviert ist, kann dies steuerlich problematisch sein. Eine Vertreterbetriebsstätte entsteht, wenn die Holding oder deren Vertreter in Deutschland regelmäßig und nachhaltig Verträge im Namen der Holding abschließen oder maßgeblich beeinflussen. Dies könnte zur Steuerpflicht der zyprischen Holding in Deutschland führen. Entscheidend ist die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit. Je operativer die Eingriffe sind, desto größer das Risiko einer Vertreterbetriebsstätte.

Für die Quellensteuerbefreiung nach der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie muss die zyprische Holding eine strategische Managementfunktion ausüben. Operative Tätigkeiten wie Personalabrechnung oder tägliche Geschäftsführung können problematisch sein. Ein Abrechnungsmodell, das auf regelmäßigen strategischen Meetings mit dokumentierten Beschlüssen basiert, kann helfen, die erforderliche strategische Managementtätigkeit nachzuweisen. Wichtig ist, dass die erbrachten Leistungen marktüblich vergütet werden und eine klare Abgrenzung zwischen operativen und strategischen Tätigkeiten erfolgt. Die gezahlten 11.000 € monatlich sollten in Relation zur Gesamtleistung der Holding und dem Geschäftsführer-Gehalt der deutschen Tochter bewertet werden. Da Transferpreisrichtlinien greifen, ist eine Dokumentation der Leistungen essenziell, um steuerliche Risiken zu minimieren. Ich rate Ihnen auch die AHK einzubeziehen.

Ich hoffe, das hilft für Ihre Einschätzung, viele Grüße und einen tollen Tag!


Rückfrage vom Fragesteller 6. Februar 2025 | 13:56

Guten Tag,

vielen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Fragen!

Verträge habe ich nie selbst geschlossen, sondern den Geschäftsführer unterzeichnen lassen oder das mit ihm abgeklärt und i.A. von ihm angenommen. Reduziert das die Problematik? Für die Zukunft würde ich das ohnehin nicht mehr machen und lediglich strategisch aktiv werden.

Sie schreiben: "wenn die Holding oder deren Vertreter in Deutschland Verträge abschließen" -> Bezieht sich das wirklich auf physische Gegebenheiten? In Deutschland habe ich das nie gemacht, wenn ich Verträge vorbereitet habe, dann von Zypern aus.

Somit raten Sie mir Tätigkeiten wie Buchhaltung etc. auszulagern und sämtliche operative Tätigkeiten einzustellen?




Sie schreiben auch, ein Abrechnungsmodell auf Basis von strategischen Meetings kann helfen. Wie kann ich hier Sicherheit erhalten, um das kann wegzubekommen, also was sind die Alternativen dazu?

Wie finde ich die Marktüblichkeit heraus, finden Sie 11.000€ monatlich unangemessen? Wie sehen Sie diese in Relation zur Gesamtleistung mit den genannten Umsatzzahlen?
Was würde passieren, wenn der Betrag als unangemessen gewertet wird, geht das in den Straftatbestand Steuerhinterziehung und oder würde das einfach nicht anerkannt und entsprechende Steuer nachgezahlt werden müssen?

Wie dokumentiere ich die Leistungen entsprechend, sind da die zweiwöchentlichen Meetings nicht für ausreichend?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. Februar 2025 | 14:11

Wenn der Geschäftsführer der deutschen Tochtergesellschaft die Verträge unterzeichnet und Sie lediglich von Zypern aus vorbereitend tätig sind, reduziert dies das Risiko der Begründung einer Vertreterbetriebsstätte erheblich. Entscheidend ist, dass Sie keine Abschlussvollmacht besitzen und nicht regelmäßig Verträge im Namen der deutschen Tochtergesellschaft abschließen. Die physische Präsenz in Deutschland ist dabei nicht ausschlaggebend; vielmehr kommt es auf die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit an. Wichtig ist, dass keine wiederkehrenden geschäftlichen Entscheidungen für die deutsche Tochter von der zyprischen Holding aus getroffen werden, die einer Betriebsstättenbegründung gleichkommen könnten.

Es ist ratsam, operative Tätigkeiten wie Buchhaltung, Personalverwaltung und ähnliche Aufgaben auszulagern, um das Risiko einer Betriebsstättenbegründung zu minimieren. Ihre Holding sollte sich auf strategische Managementaufgaben konzentrieren, um die Anforderungen für die Quellensteuerbefreiung gemäß der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie zu erfüllen. Je weniger operative Tätigkeiten durch die zyprische Holding ausgeführt werden, desto geringer ist das Risiko, dass die deutsche Finanzverwaltung eine Betriebsstätte annimmt oder eine verdeckte Gewinnausschüttung unterstellt.

Ein Abrechnungsmodell, das auf regelmäßigen strategischen Meetings basiert, kann dazu beitragen, die strategische Ausrichtung Ihrer Tätigkeit zu unterstreichen. Alternativ könnten Sie auch schriftliche Berichte, Analysen oder strategische Planungsdokumente erstellen, die Ihre Managementleistungen belegen. Wichtig ist eine klare und nachvollziehbare Dokumentation Ihrer strategischen Beiträge. Die zweiwöchentlichen Meetings sind ein guter Ansatz, sollten aber idealerweise ergänzt werden durch zusätzliche schriftliche Festhaltungen von Entscheidungen, Strategien und langfristigen Maßnahmen, um die Substanz der strategischen Tätigkeit besser zu dokumentieren.

Die Angemessenheit einer monatlichen Vergütung von 11.000 € für strategische Managementdienstleistungen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Umfang und die Bedeutung der erbrachten Leistungen sowie die finanzielle Situation der Tochtergesellschaft. Um die Marktüblichkeit zu bestimmen, können Sie Vergleichsdaten heranziehen, beispielsweise aus Branchenstudien oder Gehaltsbenchmarks für vergleichbare Positionen. Eine unangemessen hohe Vergütung könnte von den Finanzbehörden als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden, was zu steuerlichen Nachforderungen führen kann. Wenn die Vergütung als unangemessen eingestuft wird, wird sie in der Regel nicht als Betriebsausgabe anerkannt, sodass die deutsche Tochtergesellschaft darauf Steuern nachzahlen muss. In schwerwiegenden Fällen kann es zu einem Straftatbestand der Steuerhinterziehung kommen, insbesondere wenn eine bewusste Überhöhung der Vergütung nachgewiesen werden kann.

Die Dokumentation Ihrer Leistungen sollte detailliert und nachvollziehbar sein. Neben Protokollen der Meetings können auch schriftliche Berichte, strategische Analysen und Entscheidungsdokumente hilfreich sein. Eine lückenlose und transparente Dokumentation ist essenziell, um die steuerliche Anerkennung Ihrer Leistungen sicherzustellen. Es sollte klar erkennbar sein, dass es sich um eine echte und marktübliche Managementleistung handelt und nicht um eine reine Gewinnverlagerung. Die deutschen Finanzbehörden legen dabei besonderen Wert auf die wirtschaftliche Substanz der zyprischen Holding, sodass es sinnvoll sein kann, regelmäßige Berichte über die erbrachten Leistungen anzufertigen, um Transparenz gegenüber den Finanzbehörden zu schaffen.

Schöne Grüße!

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