Insolvenz und Gewinnausschüttung

1. Oktober 2025 12:04 |
Preis: 100,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Einer unserer Kunden hat Insolvenz angemeldet.

Ich möchte einen Teil des Kapitals meiner GmbH vor einer Insolvenzanfechtung mit hohen Forderungen durch den Insolvenzverwalter unseres insolventen Kunden schützen.

Daher habe ich (Alleingesellschafter) eine Gewinnausschüttung geplant.

1. Frage:
Nach meinen Informationen ist die Ausschüttung nach 12 Monaten nicht mehr anfechtbar, wenn man selbst z.B. durch eine Insolvenzanfechtung insolvent würde. Stimmt das so?

2. Frage:
Ab welchem Zeitpunkt müsste ich selbst Insolvenz für meine GmbH anmelden.
Bereits wenn im Rahmen einer Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter unseres Kunden eine für meine GmbH nicht tragbar hohe Forderung erhoben wird?

Oder müsste ich erst nach einem Gerichtsbeschluss (ich würde gegen Forderungen aus einer Insolvenzanfechtung klagen) zu Gunsten des Insolvenzverwalters unseres Kunden Insolvenz (wegen untragbarer Forderungen) anmelden?

Diese Fragen sind für die Sicherheit meiner Gewinnausschüttung entscheidend.
Auch wenn ich hoffe, dass es erst gar nicht zur Anfechtung kommt.

Danke im Voraus für Ihre Antworten!



1. Oktober 2025 | 13:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Gewinnausschüttungen an Gesellschafter können im Insolvenzfall grundsätzlich der Insolvenzanfechtung unterliegen. Maßgeblich ist hier insbesondere § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wonach Rechtshandlungen anfechtbar sind, die der Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder einer diesem wirtschaftlich gleichgestellten Leistung dienen, wenn sie innerhalb von zwölf Monaten vor dem Insolvenzantrag vorgenommen wurden. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22.07.2021 (IX ZR 195/20) ausdrücklich entschieden, dass auch Ausschüttungen an Gesellschafter wie die Rückzahlung eines Darlehens behandelt werden können, wenn die Gewinne zuvor längere Zeit in der Gesellschaft als Liquidität belassen worden sind. Damit sind Gewinnausschüttungen – jedenfalls bei Alleingesellschaftern mit maßgeblichem Einfluss – bis zu zwölf Monate vor dem Insolvenzantrag anfechtbar.

Nach Ablauf dieser Zwölfmonatsfrist ist eine Anfechtung nach § 135 InsO nicht mehr möglich. Gleichwohl bleibt im Extremfall die sogenannte Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO denkbar, die bis zu zehn Jahre zurückreicht, wenn der Insolvenzverwalter nachweisen kann, dass die Ausschüttung in Benachteiligungsabsicht erfolgte und Sie als Gesellschafter diese Absicht kannten. Das ist allerdings in der Praxis mit hohen Hürden verbunden. Eine pauschale „12-Monats-Sicherheit" gibt es also nicht; richtig ist vielmehr: innerhalb von 12 Monaten besteht ein hohes Anfechtungsrisiko, nach Ablauf von 12 Monaten ist die Ausschüttung grundsätzlich geschützt, mit Ausnahme der seltenen Fälle der Vorsatzanfechtung.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags für Ihre GmbH richtet sich nach § 15a InsO. Als Geschäftsführer müssen Sie ohne schuldhaftes Zögern, spätestens innerhalb von drei Wochen, Antrag stellen, wenn Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) eintritt. Eine bloße Forderungsanmeldung oder die Erhebung einer Insolvenzanfechtungsklage durch den Insolvenzverwalter Ihres Kunden löst diese Antragspflicht nicht aus. Solange die Forderung bestritten wird und die GmbH wirtschaftlich nicht zahlungsunfähig oder überschuldet ist, besteht keine Insolvenzantragspflicht. Erst wenn ein rechtskräftiger Titel vorliegt oder Ihre Gesellschaft aufgrund der geltend gemachten Forderung tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, müssen Sie den Antrag stellen.

Zusammenfassend:

- Gewinnausschüttungen sind innerhalb von 12 Monaten vor Insolvenzantrag nach § 135 InsO anfechtbar, nach 12 Monaten grundsätzlich nicht mehr. Nur im Ausnahmefall kommt eine Anfechtung nach § 133 InsO (bis 10 Jahre) in Betracht.

- Eine Antragspflicht zur Insolvenzeröffnung für Ihre GmbH entsteht nicht bereits mit der bloßen Geltendmachung hoher Forderungen durch den Insolvenzverwalter Ihres Kunden, sondern erst dann, wenn Ihre Gesellschaft objektiv zahlungsunfähig oder überschuldet ist.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari

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