Haftpflichtversicherung verlangt Rückerstattung wegen angeblcher Fahrerflucht

| 3. April 2013 07:56 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Hallo,

meine Frau hat beim Einparken einen fremden PKW beschädigt.
Ihr wurde zunächst Fahrerflucht vorgeworfen, doch das Strafverfahren wurde eingestellt gegen Zahlung einer Spende von ca. 600,-€ an eine gemeinnützige Organisation.

Der gegnerische Halter hat die Fahrzeugtür neu lackieren lassen, obwohl der Schaden minimal war und nicht alle Kratzer eindeutig dem aktuellen Schadensfall zuzuordnen waren.
Unsere Haftpflichtversicherung verlangt nun die Rückerstattung des Schadensbetrages mit der Begründung, es hätte Fahererflucht bestanden. Mittlerweile droht die Versicherung, die Forderung i.H.v. ca. 700,-€ an ein Inkassounternehmen zu übergeben..

Fragen:
- Wie ist die rechtliche Situation? Fahrerflucht wurde ja von der Staatsanwaltschaft nicht eindeutig festgestellt und die Versicherung selbst hat kein Schuldeingeständnis meiner Frau.
- Wie sollen wir uns verhalten: Die Forderunge bezahlen oder abwarten und das Inkassobüro den nächsten Schritt gehen lassen?

Unterlagen kann ich gerne nachreichen, wenn Aussicht auf Schadensbegrenzung besteht.

Vielen Dank,
R. Becker
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


1)
Nach den geltenden Versicherungsbedingungen kann der Versicherer bei Ihnen Regress nehmen, wenn Sie vorsätzlich eine Straftat begangen haben und hierdurch eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung begangen haben (§§ 7 I Abs. 2 S. 3, V Abs. 4 AKB, 6 Abs. 3 VVG). Dies nimmt die Versicherung in Ihrem Fall an. Bei rein juristischer Betrachtung kann sie dies auch so tun. Eine Einstellung nach § 153a StPO setzt nämlich in diesem Fall tatbestandlich Vorsatz voraus. Demnach kann man argumentieren, dass durch die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO ein Beweis/Indiz für vorsätzliches Handeln Ihrer Frau vorgelegen habe.

Diese Annahme verkennt jedoch, dass Einstellungen aus Opportunitätsgründen in der Regel aus dem Grunde erfolgen, um sich der Ungewissheit eines Gerichtsverfahrens zu entziehen und ein Einverständnis zur Einstellung nach § 153a StPO damit kein Indiz für eine Vorsatztat darstellt. Zudem wird meinen Erachtens die im Strafrecht geltende Unschuldsvermutung mit einer solchen Annahme verletzt.

Es sei an dieser Stelle jedoch gesagt, dass die Gerichte dies unterschiedlich bewerten. So ist es an einigen Gerichten gängige Praxis die Einstellung als Indiz oder gar Beweis für eine Vorsatztat ansehen. Wie dies in Ihrem Gerichtsbezirk ist, kann ich an dieser Stelle nicht abschätzen.
Es besteht demnach ein nicht geringes Risiko, dass Sie bei einer gerichtlichen Inanspruchnahme im Prozess unterliegen würden. In der Folge hätten Sie auch alle (Verfahrens-) Kosten zu tragen.

2)
Problematisch ist an dieser Stelle, dass Sie wegen der Inanspruchnahme Ihrer Versicherung Ihren Schadensfreiheitsrabatt einbüßen. Es ist nämlich so, dass Sie wegen der Regulierung durch den Versicherer mit dem Schadenfall belastet sind, da Sie die Entschädigungsleistung nicht freiwillig, sondern aufgrund vertraglicher Verpflichtung zurückerstatten.

Daher wäre die Selbstregulierung des Schadens mutmaßlich sachdienlich gewesen. Möglicherweise können Sie sich auch jetzt noch mit Ihrem Versicherer darauf einigen, dass Sie den Schaden übernehmen und dafür der Schadenfreiheitsrabatt erhalten bleibt.

3)
Bezüglich der Schadenshöhe gilt zwar das Gebot wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung, d.h. dass der Geschädigte nicht jeden kleinen Schaden aufwendig reparieren lassen darf. Es muss aber auch nicht zugunsten des Schädigers gespart werden. Entscheidend ist die Frage, was der Geschädigte gemacht hätte, wenn er selbst hätte zahlen müssen.
In Ihrem Fall ist also entscheidend, ob dem Unfallgegner eine gleichwertige aber kostengünstigere Variante zur Verfügung gestanden hätte. Dies lässt sich an dieser Stelle nicht abschließend abschätzen. Sollte der Kratzer jedoch großflächig angelegt gewesen sein, spricht wenig dafür, dass der Geschädigte keine Lackierung vornehmen durfte.

4)
Was ist demnach zu tun?
Diese Frage kann an dieser Stelle nicht eindeutig beantwortet werden. Neben der oben geschilderten Fragestellung, wie die Gerichte in Ihrem Fall die Wirkung des § 153a StPO bewerten, muss auch festgestellt werden, ob Ihre Frau den Unfallort tatsächlich vorsätzlich verlassen hat. Nur wenn das Zivilgericht zu dem Schluss kommt, dass kein Vorsatz vorlag, muss Ihre Versicherung den Schaden übernehmen. Ihre Sachverhaltsschilderung lässt diesbezüglich keine Beurteilung zu. Auf jeden Fall wäre zunächst Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen, um besser abschätzen zu können, ob eine gerichtliche Auseinandersetzung Aussicht auf Erfolg hätte.
Nur auf der Basis der gesamten Sachverhaltskenntnis könnte eine Empfehlung gegeben werden, wie Sie sich vorliegend am sachdienlichsten Verhalten. Es erscheint demnach angebracht, einen Anwalt mit dieser Angelegenheit zu betrauen. Dieser kann dann nach erfolgter Stoffsammlung fundierter Stellung nehmen. Gerne können Sie mich hierzu unter meiner E-Mail-Adresse kontaktieren. Das hier bezahlte Honorar würde auf die weiteren Gebühren angerechnet.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
André Meyer, Rechtsanwalt
Bewertung des Fragestellers 14. März 2015 | 11:03

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