Greift die starre Renovierungsfrist??

29. Mai 2008 22:53 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Sehr geehrte Damen und Herren,

Eine Frage zur Vereinbarung in diesem Mietvertrag.

Wir sind aus der Wohnung ausgezogen und in eine andere beim selben Vermieter eingezogen. Müssen wir die alte Wohnung renoviert übergeben?? Weil unseres Erachtens ist hier eine starre Renovierungsfrist vereinbart sowie eine Aufsummierung in der Zusatzvereinbarung bezogen auf die starre Renovierungsfrist, dass die Wohnung bei Auszug renoviert übergeben werden muss (im §22).

Wie sollen wir uns verhalten??

Hier der Auszug aus dem Mietvertrag:


§ 8 Schönheitsreparaturen

1. Der Mieter übernimmt die notwendigen Schönheitsreparaturen während der Mietdauer auf eigene Kosten. Zu den Schönheitsreparaturen gehören Anstrich der Wände und Decken, dem das Anbringen einer weiß gestrichenen Rauhfasertapete gleichsteht gleichsteht, das Reinigen von Parkett- und Teppichböden, Anstrich von Türen und Fenstern, Türen innerhalb der Mieträume, Fenster auf der Innenseite, Außentüre von innen, Anstrich von Heizkörpern und Heizrohren, das Beseitigen kleinerer Putz- und Holzschäden.

2. Die Kosten der kleinen Instandhaltungen, die während der Mietdauer erforderlich werden, sind vom Mieter zu übernehmen, soweit die Schäden nicht vom Vermieter zu vertreten sind. Die kleinen Instandhaltungen umfassen nur das Beheben kleiner Schäden bis zum Betrag von EUR 100,- im Einzelfall an Teilen der Wohnung, die dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind, wie z.B. Hähne und Schalter für Wasser, Gas und Elektrizität, Jalousien, Markisen, WC- und Badezimmereinrichtungen, Verschlussvorrichtungen für Fenster, Türen und Fensterläden, Heiz-, Koch- und Kühleinrichtungen, Spiegel, Verglasungen, Beleuchtungskörper usw. Die Verpflichtung besteht nur bis zu einer jährlichen Gesamtsumme aller Einzelreparaturen von bis zu 8% der Jahresbruttokaltmiete.

3. Der Vermieter kann die nach Fristenplan fälligen Schönheitsreparaturen während der Vertragslaufzeit fordern, spätestens jedoch bei Ende des Mietverhältnisses. Als angemessene Zeitabstände der Schönheitsreparaturen gelten im allgemeinen.
Wand-und Deckenanstriche in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn-und Schlafräumen, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in anderen Räumen alle sieben Jahre.
Reinigen von Parkett-und Teppichböden alle fünf Jahre, Lackieren von Heizkörpern und Rohren, Innentüren, Fenstern und Außentüren von innen alle sechs Jahre.

4. Sind bei ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen nach dem vorstehenden Fristenplan noch nicht fällig, kann der Vermieter verlangen, dass der Mieter nur einen Kostenanteil von den Kosten zu tragen hat, die eine im Falle des vollen Fristablaufes bei Ende des Mietverhältnisses durchzuführende fachgerechte Schönheitsreparatur verursacht hätte. Der zu zahlende Kostenanteil errechnet sich regelmäßig nach dem Verhältnis zwischen der im Fristenplan vorgesehnen vollen Frist und dem Zeitraum, der seit Beginn des Mietverhältnisses bzw. seit der letzten vom Mieter ausgeführten Schönheitsreparatur bis zu Räumung abgelaufen ist. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als 1 Jahr zurück, zahlt der Mieter 20% der Renovierungskosten, länger als 2 Jahre 40%, länger als 3 Jahre 60%, länger als 4 Jahre 80%. Die Kosten der Renovierung werden im Zweifel nach einem Kostenvoranschlag eines vom Vermieter benannten Malerfachgeschäfts ermittelt. Die Selbstdurchführung der erforderlichen Schönheitsreparaturen bleibt dem Mieter unbenommen.

§ 22 Zusatzvereinbarungen/Schriftform
Bei Auszug sind die Wände und Decken geweißt und der Fußboden gereinigt zu übergeben unabhängig von den letzten Schönheitsreparaturen. Der § 8 Abs. 4 hat somit keine Gültigkeit. Auch die Fristen aus § 8 Abs. 3 entfallen für diese Arbeiten.

(Info:
Formblatt "Zweckform Einheitsmietvertrag 2873"
Mietverhältnis begonnen im August 2006, Mietverhältnis beendet im April 2008, Wohnungswechsel unter SELBEM VERMIETER)

Wir danken im Voraus


Mit freundlichen Grüßen


Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne beantworte ich ihre Anfrage wie folgt :

§ 8 Absatz 4 ihres Mietvertrages enthält in der Tat einen Fristenplan und stellt Renovierungsfristen auf. Ich interpretiere die Renoveriungsfristen auch als starre und sehe diese Regelungen in einer ersten Einschätzung als unwirksam an, siehe <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGH%20VIII%20ZR%20361/03" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 23.06.2004 - VIII ZR 361/03: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">BGH VIII ZR 361/03</a>.
Zu beachten ist aber, das in § 22 ihres Vertrages ausdrücklich die Regelung des § 8 bezüglich gewisser Arbeiten bei Auszug nicht gelten soll. Vielmehr soll der Mieter bei Übergabe die Wände in jedem Fall geweißt und den Fußboden gereinigt übergeben. Dies ist aber keine starre Renovierungsfrist, sondern orientiert sich allein an dem Zeitpunkt des Auszuges. Dennoch ist die Regelung unwirksam, da der Mieter in jedem Fall zu einer Erneuerung der Wände und Decken verpflichtet sein soll, unabhängig ob die Wände überhaupt einen Bedarf zum Neuanstrich haben. EIne solche Pflichtauferlegung ist unangemessen und nach der Rechtssprechung des BGH als unwirksam anzusehen, siehe BGH VIII ZR 152/05.


Ich empfehle ihnen daher die Aufräumarbeiten (Fußboden gereinigt) des § 22 auszuführen und bezüglich des Restes den Vermieter auf die Unwirksamkeit der starren und einseitig benachteiligenden Regelungen hinzuweisen.

Bitte haben Sie dafür Verständnis das im Rahmen dieser Erstberatungsplattform nur eine erste Einschätzung ihrer Anfrage möglich ist und insbesondere das Hinzukommen bisher nicht genannter Umstände zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen können.

Ich hoffe Ihnen geholfen haben zu können und stehe Ihnen über die Nachfragefunktion,per Mail oder telefonisch bei Rückfragen zur Verfügung.
Sollten Sie an einer Beauftragung interessiert sein, kann ich Ihnen anbieten das Beratungshonorar dieser Plattform auf eine weitergehende Beauftragung anzurechnen.



Mit freundlichen Grüßen


Holger Hafer
(Rechtsanwalt)
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