Gesellschafter stiehtl konkrete Geschäftschancen aus dem Geschäftsbereich der Gbr

20. Juni 2025 20:57 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Eine GbR (Umzugsfirma) besteht aus drei Gesellschaftern. Der Gesellschafter M. hat vor Kurzem mit anderen Personen eine weitere Umzugsfirma als UG gegründet und uns, den zwei anderen Gesellschaftern der GbR, dies mitgeteilt. Er hat um Duldung seiner Teilhabe an der UG gebeten und mitgeteilt, dass er weiter seine volle Arbeitszeit der GbR zur Verfügung stellen wird und kein Konkurenzverhältnis bestehe, weil die UG ausschließlich in einer anderen Stadt tätig sein werde.

Nun haben wir erfahren, dass M. für die UG einen Dienstleistungs/Transport Vertrag mit einem unserer Bestandskunden geschlossen hat. Dieser ist vor zwei Jahren bereits einmal mit uns umgezogen und will nun erneut von der Stadt, in der auch die GbR Ihren Sitz und Ihr primäres Auftragsgebiet hat, in eine andere Stadt in Süddeutschland ziehen.
Wahrscheinlich hat sich der Kunde direkt an M. gewandt, da dieser beim letzten Umzug mit der GbR für den Kunden zuständig war und wurde dann zur anderen Firma "gelockt".

Wir sehen hierin einen ganz klaren Verstoß gegen die gesellschaftliche Treuepfllicht und sind der Meinung, dass sich M. eine konkrete Geschäftschance der Firma "geklaut" hat. Wir wollen unter Anderem die Möglichkeit einer Klage auf Schadensersatz erfahren, da hier der GbR ein Umsatz von mehreren Tausend Euro verloren gegangen ist und bitten um eine Einschätzung im Kontext der Geschäftschancenlehre.
20. Juni 2025 | 22:05

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihr Fall betrifft einen klassischen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eines Gesellschafters innerhalb einer GbR. Nach Ihrer Schilderung spricht vieles dafür, dass Gesellschafter M. gegen diese Pflicht verstoßen hat, indem er eine Geschäftschance der GbR an die eigene UG „abgezogen" hat.

Gesellschafter einer GbR sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH (§§ 705 ff. BGB) verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und alles zu unterlassen, was der Gesellschaft schaden kann. Dazu gehört keine Konkurrenzgeschäfte auf eigene oder fremde Rechnung im Tätigkeitsbereich der GbR ohne Zustimmung der Mitgesellschafter, keine Nutzung von Geschäftsgelegenheiten, die der Gesellschaft zustehen könnten, für eigene Zwecke und vollständige Information über relevante Umstände, die die Gesellschaft betreffen.

M. hat zwar die Beteiligung an der UG offengelegt und versichert, dort keine Konkurrenz zu betreiben. Sobald er aber tatsächlich einen Bestandskunden der GbR abwirbt oder eine konkrete Geschäftschance nutzt, die der GbR objektiv zugestanden hätte, verstößt er gegen die Treuepflicht – unabhängig von seiner ursprünglichen Ankündigung.

Die Geschäftschancenlehre (auch „Corporate Opportunity Doctrine") wurde durch die Rechtsprechung auch für Personengesellschaften entwickelt. Danach darf ein Gesellschafter eine konkrete Geschäftschance nicht für sich nutzen, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zur bisherigen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft besteht, die Gesellschaft objektiv in der Lage gewesen wäre, diesen Auftrag selbst durchzuführen, und kein Verzicht oder Zustimmung der Mitgesellschafter vorliegt.

Diese Voraussetzungen liegen hier nach Ihrer Schilderung klar vor. Der Kunde war ein Bestandskunde der GbR, der Umzug betrifft dasselbe geografische Gebiet und die GbR hätte den Auftrag problemlos übernehmen können. Weiter lag keine ausdrückliche Zustimmung vor, dass M. Aufträge der GbR an seine UG weiterleiten darf.

Nach den Grundsätzen unerlaubter Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 681, 667 BGB i.V.m. § 687 Abs. 2 BGB) hat M. alle Vorteile aus dem Geschäft (z. B. Umsatz, Gewinn oder Provision), die ihm durch die Pflichtverletzung zugeflossen sind, an die GbR herauszugeben.

Alternativ oder kumulativ kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB in Betracht. Der Schaden besteht darin, dass die GbR den Umzugsauftrag nicht erhalten hat, obwohl sie darauf einen Anspruch im Sinne einer gesellschaftlichen Geschäftschance hatte. Der Schaden lässt sich berechnen aus dem entgangener oder einem pauschalierten Umsatzverlust, wenn keine genauen Zahlen vorliegen, zumindest aber eine Grundlage vergleichbarer Aufträge.

Ich hoffe, meine Ausführungen haben Ihnen weitergeholfen. Für das weitere Vorgehen wünsche ich viel Erfolg und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt


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