Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In der geschilderten Konstellation spricht vieles dafür, dass die Garage rechtlich als Bestandteil des Hauptmietverhältnisses anzusehen ist und daher nicht separat kündbar ist. Die Einzelfallbewertung erfolgt unter Berücksichtigung der mietrechtlichen Dogmatik, der einschlägigen Rechtsprechung sowie der vertraglichen Ausgestaltung.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann ein einheitlicher Mietvertrag über Wohnung und Garage bzw. Stellplatz dann angenommen werden, wenn ein enger tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen beiden besteht.
Im vorliegenden Fall sprechen mehrere gewichtige Indizien für eine rechtliche Einheit von Wohnraum- und Garagenmietverhältnis:
1. Vertragliche Einbindung: Die Garage ist ausdrücklich im Hauptmietvertrag unter der Rubrik „Ferner werden vermietet" genannt. Dies dokumentiert bereits bei Vertragsschluss den Willen der Parteien, Wohnung und Garage gemeinsam zu vermieten.
2. Schlüsselübergabe: Die gleichzeitige Aushändigung der Schlüssel bei Einzug belegt die konkludente Besitzüberlassung und den unmittelbaren Nutzungsbeginn im Rahmen des einheitlichen Vertragsverhältnisses.
3. Dauerhafte Nutzung: Die durchgängige Nutzung der Garage seit Mietbeginn stärkt den Bestand einer einheitlichen mietvertraglichen Bindung. Der Charakter der Garage als Lagerraum – insbesondere mangels Keller oder Abstellraum – lässt sie funktional der Wohnung zugeordnet erscheinen.
4. Einseitig unterschriebener Garagenvertrag: Der Umstand, dass nur ein Vertragspartner den später vorgelegten separaten Garagenvertrag unterzeichnet hat, während die andere Hauptmieterin nicht beteiligt war, spricht gegen das Entstehen eines wirksamen, separaten Mietverhältnisses. Der Vertragsabschluss unter Druck („Gefahr der Kündigung") kann zudem nach § 123 BGB anfechtbar sein.
5. Nachträgliche Integration in Mieterhöhung: Die Berücksichtigung der Garage im Mieterhöhungsverlangen legt nahe, dass der Vermieter selbst von einem einheitlichen Mietobjekt ausgeht.
6. Fehlender Exklusivitätscharakter: Die Garage dient nicht dem Abstellen eines Pkw, sondern überwiegend der Lagerung – was sie funktional einem fehlenden Kellerraum gleichstellt.
7. Kündigungszeitpunkt und -umstände: Die Kündigung am 24.12.2024 im Kontext eines laufenden Streits über Nebenkosten könnte ein Indiz für eine treuwidrige Ausübung des Kündigungsrechts sein (§ 242 BGB).
Aus alledem ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass ein einheitliches Mietverhältnis vorliegt, das nicht durch eine einseitige Teilkündigung der Garage beendet werden kann. Eine solche Teilkündigung wäre nach § 573c Abs. 1 BGB nur zulässig, wenn zwei rechtlich selbstständige Mietverhältnisse bestehen – was hier zu verneinen ist.
Rechtsfolge: Die Kündigung der Garage ist unwirksam. Sie bleibt Teil des Mietverhältnisses und kann nur mit der Wohnung gemeinsam gekündigt werden.
Zur Frage der Rückforderung der Miete: Sollte sich gerichtlich feststellen lassen, dass der separate Garagenmietvertrag unwirksam ist, besteht grundsätzlich ein Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion wegen Nichtbestehens eines Rechtsgrundes). Dies wäre für 82 Monate à 20 € eine Gesamtsumme von 1.640 €. Die Rückforderung könnte jedoch an § 814 BGB (Kenntnis der Nichtschuld) oder § 242 BGB (Verwirkung) scheitern, wenn der Zahlungswille trotz Zweifeln fortbestand. Eine gerichtliche Geltendmachung könnte aus wirtschaftlicher Sicht als unverhältnismäßig gelten, ist rechtlich jedoch nicht ausgeschlossen.
Zukünftige Mietzahlung: Soweit die Garage Bestandteil des Hauptmietverhältnisses ist, wäre eine gesonderte Zahlung künftig nicht zulässig. Eine Anpassung der Gesamtmiete wäre nur im Rahmen der gesetzlichen Mieterhöhungsregeln (§§ 558 ff. BGB) möglich.
Es wird empfohlen, den Vermieter unter Fristsetzung zur Rücknahme der Kündigung aufzufordern und die Fortsetzung der Nutzung zu verlangen. Im Streitfall wäre eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit der Kündigung zulässig (§ 256 ZPO).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Steffan Schwerin
Sehr geehrter Herr Schwerin,
wir möchten uns zunächst herzlich für Ihre ausführliche und aufschlussreiche Antwort bedanken, auf die wir leider erst jetzt reagieren können.
Durch private Umstände verzögerte sich unsere Rückmeldung etwas – wir bitten dies zu entschuldigen.
Wir haben auf Grundlage Ihrer Einschätzung bereits schriftlich gegenüber dem Anwalt des Vermieters Stellung genommen.
Für den weiteren Verlauf möchten wir noch folgende ergänzende Rückfrage stellen:
Wie empfehlen Sie konkret vorzugehen, falls der Vermieter bzw. sein Anwalt weiterhin auf der Wirksamkeit der Garagenkündigung beharrt?
Würden Sie bereits jetzt die ausdrückliche Androhung einer Feststellungsklage empfehlen oder zunächst eine erneute Fristsetzung mit Hinweis auf gerichtliche Schritte?
Oder raten Sie in dieser Situation direkt zur Beauftragung eines eigenen Anwalts bzw. zum Beitritt in einen Mieterschutzverein?
Im Hinblick auf den für den 30.04.2025 angesetzten zweiten Herausgabetermin interessiert uns zudem, ob wir verpflichtet sind, überhaupt die Tür zu öffnen oder den Zugang zur Garage zu ermöglichen, obwohl wir die Übergabe bereits schriftlich abgelehnt haben.
Zusätzlich möchten wir anmerken, dass der Vermieter und sein Anwalt im selben kleinen Ort wohnen und unser Eindruck ist, dass die tatsächlichen Mietvertragsunterlagen nicht geprüft wurden, sondern sich die Argumentation einseitig auf die Angaben des Vermieters stützt.
Abschließend möchten wir uns nochmals herzlich bei Ihnen für Ihre Mühe und die sehr strukturierte, hilfreiche Einschätzung bedanken. Ihre ausführliche Antwort hat uns sehr weitergeholfen und gibt uns in der aktuellen Situation spürbar mehr Sicherheit.
Mit freundlichen Grüßen
Zunächst danke ich Ihnen für Ihre freundlichen Worte.
Sollte der Vermieter oder dessen Anwalt weiterhin auf der Wirksamkeit der Garagenkündigung bestehen, empfehle ich folgende gestufte Vorgehensweise:
Zunächst sollten Sie schriftlich unter angemessener Fristsetzung (mindestens 7 bis 10 Tage) nochmals die Unwirksamkeit der Kündigung rügen. Dabei sollte auf die bereits dargelegten rechtlichen Gründe verwiesen werden: namentlich auf die Einheitlichkeit des Mietverhältnisses, die fehlende rechtliche Grundlage für eine Teilkündigung sowie auf die drohende Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO. Es sollte klar, aber sachlich formuliert werden, dass bei fruchtlosem Fristablauf gerichtliche Schritte eingeleitet werden.
Ein vorzeitiges Androhen der Klageerhebung ist rechtlich zulässig und angesichts der bisherigen Weigerung des Vermieters sogar geboten, um die Ernsthaftigkeit Ihrer Rechtsposition zu unterstreichen. Die Androhung sollte jedoch mit einem letzten Vergleichsangebot verbunden werden, etwa durch Formulierungen wie:
„Sollte bis zum [Fristdatum] keine schriftliche Rücknahme der Kündigung und Anerkennung des Fortbestands der Garagennutzung erfolgen, werden wir ohne weitere Ankündigung gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen."
Die Beauftragung eines eigenen Anwalts erscheint spätestens dann dringend ratsam, wenn der Vermieter die Frist verstreichen lässt oder den zweiten Herausgabetermin trotz Ihrer Weigerung erzwingen will. Aufgrund der Komplexität der Situation und der zu befürchtenden lokalen Verflechtungen (Wohnortnähe von Vermieter und Anwalt) wäre ein unabhängiger Mietrechtsexperte, der Ihre Interessen dezidiert vertritt, dringend anzuraten. Alternativ oder ergänzend ist auch ein Beitritt zu einem Mieterschutzverein sinnvoll, wobei darauf geachtet werden sollte, dass dieser rechtsschutzgewährende Beratung und gegebenenfalls Prozessvertretung übernimmt.
Zum zweiten Herausgabetermin am 30.04.2025:
Sie sind rechtlich nicht verpflichtet, die Tür der Garage zu öffnen oder den Zugang zu ermöglichen. Die Verweigerung der Herausgabe ist legitim, solange die Kündigung unwirksam ist und die Besitzrechte aus dem Hauptmietvertrag fortbestehen. Eine zwangsweise Durchsetzung der Herausgabe durch den Vermieter ist ohne gerichtlichen Räumungstitel unzulässig (§ 885 ZPO). Der Vermieter darf sich den Besitz nicht eigenmächtig verschaffen; andernfalls läge eine verbotene Eigenmacht vor (§ 858 Abs. 1 BGB), die Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche Ihrerseits auslösen könnte.
Sie sollten den Vermieter bereits jetzt schriftlich darüber informieren, dass eine Herausgabe nicht erfolgen wird und dass eigenmächtige Maßnahmen als Besitzstörung juristisch verfolgt werden.
Sollte der Vermieter oder sein Beauftragter gleichwohl versuchen, sich Zutritt zu verschaffen, sollten Sie:
• den Zutritt ausdrücklich und unmissverständlich verweigern,
• Zeugen hinzuziehen (z. B. Nachbarn),
• in Erwägung ziehen, die Polizei zu rufen, falls ein widerrechtlicher Zutritt versucht wird (Störung des Besitzes, § 859 BGB).
Insgesamt rate ich dringend dazu, sich spätestens jetzt anwaltlich vertreten zu lassen, um eine Eskalation zu vermeiden und Ihre Rechte professionell durchzusetzen. Angesichts der Gesamtumstände und der auffälligen Vorgehensweise des Vermieters (Weihnachtskündigung, Nebenkostenstreit, lokale Nähe zum Anwalt) ist eine strukturierte und rechtlich fundierte Gegenstrategie essenziell.